Immer wieder kommt man im Programmatic Advertising auf das Thema Transparenz zurück. Die Advertiser möchten natürlich wissen, was mit ihren Werbebudgets passiert, die sie auf den Weg hin zum Publisher schicken. Wer nimmt sich welchen Teil vom Kuchen und wie viel kommt beim Publisher letztlich an? Angesichts der vielfältigen Technologiepartner im Programmatic-Universum und damit auch der unterschiedlichen Wege, die ein Werbemittel nehmen kann, ist das keine einfache Aufgabe. Bei einer britischen Untersuchung ist ein Teil des anfänglichen Budgets sogar spurlos in der betrachteten Lieferkette verschwunden. Daher arbeiten die Player stetig an verschiedenen Möglichkeiten, um mehr Transparenz für alle Seiten zu schaffen. Ein neues Werkzeug dafür ist der Shared Campaign Identifier, die SCID.
Die SCID stammt vom französischen Mediendachverband Edipub und wird in Deutschland unter anderem vom BVDW und dem IAB Europe unterstützt. Sie wird bereits seit drei Jahren getestet und soll insbesondere Daten-Fees aufdecken. Diese können zum Beispiel beim Einsatz von Audience oder Context Targeting, Brand-Safety- oder Verification-Tools entstehen. Manche Demand-Side-Plattformen (DSP) berechnen auch Gebühren für bestimmte Features wie die Optimierung des Auktionsmechanismus. “Selbst wenn alle Parteien wissen, dass aktuell eine Kampagne mit der SCID läuft, ist es nicht ausgeschlossen, dass eine unerwartete Fee auftaucht. Nicht, weil jemand etwas verschleiern möchte, sondern aufgrund der technischen Gegebenheiten”, erklärt Marion Kölling, Senior Director, Agencies & Brands von Xandr. So könnten die Gebühren für den Dateneinsatz oder die Brand-Safety-Technologie etwa doppelt auf Ein- und Verkaufsseite erhoben werden.
Xandr ist gemeinsam mit Smart Adserver einer der Adtech-Akteure, welche die SCID vorantreiben. Gemeinsam mit der Serviceplan-Agentur PREX und dem Vermarkter Burda Forward hat Xandr hierzulande eine Testkampagne für Delta Pronatura (Dr. Beckmann) mit der SCID aufgesetzt. Das Ergebnis: keine versteckten Gebühren und auch kein unbekanntes Delta, das verloren ging.
Wie die SCID technisch funktioniert
Die SCID nutzt ein Standard-Feld für Campaign-Identifier im OpenRTB-Protokoll. Dieses wird von der DSP definiert und dann in der Kette bis zum Publisher durchgereicht. “Die SCID funktioniert auf der Creative-Ebene. Die ID lässt sich also so weit herunterbrechen, dass man die Creative-ID an den Campaign-Identifier mit dranhängt. So werden alle Fees sichtbar, die bei der konkreten Kette gegriffen haben”, sagt Kölling. Bei Unstimmigkeiten könne man sich darüber hinaus nochmals die entsprechenden Auktionsdaten genauer anschauen.
Die DSPs müssen das Feld eventuell im User Interface sichtbar machen, doch viel mehr gibt es auf dieser Seite nicht zu tun. Die SCID erscheint am Ende dann in den Log-Level-Daten und kann von da aus in ein Reporting fließen. Die Hürde ist laut Marion Kölling jedoch an einer anderen Stelle zu nehmen.
Hürden für die SCID
“Die Arbeit steckt eher in der bilateralen Abstimmung. Advertiser und Publisher müssen miteinander sprechen, um zu erfahren, wie viel Werbebudget in die Kampagne gesteckt und letztlich angekommen ist”, so Kölling. “Je mehr Partner involviert sind, desto komplexer wird es.” Alle Marktteilnehmer arbeiten ihrer Meinung nach mit knappen Ressourcen und ein größeres Ausmaß als ein Testszenario erfordert Routine, also ein Zusammenspiel von Mediakäufern und -verkäufern.
Die SCID sei eines der Instrumente aus einer größeren Toolbox, die es ermögliche, Transparenz zu schaffen. Sie sei das technische Vehikel, auf das man aufbauen könne. “Wir sehen uns als technischer Enabler und können unterstützen, aber nicht den ganzen Job für Käufer und Seller machen” meint Kölling. Sie versteht die SCID als ein Aufruf an die Werbeindustrie. Und der lautet so: “Es gibt Tools für mehr Transparenz. Sie sind aber erst wirksam, wenn ihr sie einsetzt.”
Wollen alle Transparenz?
Man möchte annehmen, dass allen Marktteilnehmern daran gelegen ist, die Lieferketten so transparent wie möglich zu gestalten. Denn nur, wenn klare Verhältnisse in der Kette bestehen, kann vollumfänglich optimiert werden. Doch die Debatte über Transparenz dauert schon seit Jahren an.
Der Knackpunkt dabei ist, dass optimierte Strecken beim Ein- und Verkauf von Media bei den einzelnen Playern nicht immer das Gleiche bedeutet. Beim Werbekunden sieht ein optimales Ergebnis vielleicht anders aus als bei der Agentur. Marion Kölling wählt auf die Frage hin die diplomatische Antwort: “Transparenz ist in den letzten Jahren zu einem Schwerpunkt für die gesamte Branche geworden. Damit dies gelingen kann, müssen alle Akteure auf der Käufer- und Verkäuferseite zusammenarbeiten.”
Tech Finder Unternehmen im Artikel
EVENT-TIPP ADZINE Live - ADZINE CONNECT Video Advertising (fka PLAY Video Advertising Summit) 2024 am 21. November 2024
ADZINE CONNECT Video Advertising (ehemals PLAY Video Advertising Summit) ist die hochkarätige Fachkonferenz für Videowerbung, Technologie, Daten, Kreation und Medien, auf der sich Marketing-Entscheider:innen, digitale Medien und Branchenexpert:innen connecten. (Seit 2016) Jetzt anmelden!