Die Adtech-Plattform Adform glaubt für sich und ihre Kunden eine Antwort auf die Identity-Frage gefunden zu haben. Der Ansatz der global operierenden Dänen basiert darauf, dass sie sämtliche vorhandene IDs aus dem Programmatic-Ökosystem verarbeiten, ohne sie auf eine zentrale ID zurückzuführen. Damit sollen Advertiser ihre First-Party-Daten über alle Geräte und Browser hinweg aktivieren, Kontaktklassen optimieren und die Ergebnisse messen können.
Die Grundlage für die Lösung “ID Fusion” liefert das OpenRTB-Protokoll. Dies ist der Marktstandard für das Bieterverfahren, auf dem das Programmatic-Universum aufbaut. Das Protokoll eröffnet Publishern unter anderem die Möglichkeit, verschiedene Identifier an ihr Inventar zu hängen, wenn sie dieses über ihre Supply-Side-Technologie an die Einkaufsseite senden. Nur so ist das Bidding auf First-Party-IDs überhaupt möglich. “Diese Identifier nennen sich Externe Identifier im OpenRTB-Protokoll. Wir matchen sie aber nicht, sondern nutzen sie direkt”, erklärt Andreas Sierts, Director Product Management bei Adform. “Anbieter oder Publisher müssen also keine neue Lösung integrieren. Sie können die IDs, die sie verwenden, relativ einfach in Prebid aktivieren und mitsenden. Welche ID dann bei uns ankommt, spielt keine Rolle. Wir arbeiten mit allen.”
Wie ID Fusion funktioniert
Publisher übermitteln in der Regel mehrere Identifier, da sie verschiedene ID-Lösungen gleichzeitig austesten. Die Technologie von Adform liest dann sämtliche verfügbaren First- oder Third-Party-Identifier aus, die von Publishern gesendet werden, und registriert Übereinstimmungen. Dieses sogenannte deterministische Mapping ergibt nach und nach mehr Anknüpfungspunkte zwischen den IDs.
Falls ein Publisher beispielsweise die PubCommonID und ID5 nutzt, kann ID Fusion für diesen User eine Verknüpfung zwischen den gesendeten IDs herstellen. Ein Advertiser kann somit “seinen” User dank der Verknüpfung über diese IDs publisherübergreifend erreichen und optimieren, auch wenn nur eine der beiden IDs dort verwendet wird. Zudem sollen heuristische Verfahren, wie Machine Learning und sogenannte Computational Statistics, dabei helfen, mithilfe von aggregierten Statistiken übergreifende Analysen wie Attribution und das Frequency Capping zu verfeinern.
ID Fusion setzt also nicht mehr auf eine zentrale ID und auch nicht auf Cookie-Matching, sondern arbeitet strikt mit den Daten, die über den Bidstream gesendet werden. “Das klingt relativ simpel, ist aber sehr aufwendig. Unser komplettes Programmatic-Ökosystem war darauf ausgerichtet, dass es eine zentrale ID gibt – unsere eigene, die im Cookie gespeichert wurde. Wir mussten unser Backend so umbauen, dass wir theoretisch mit allen IDs arbeiten können”, sagt Andreas Sierts. Drei Jahre Entwicklungsarbeit stecken demnach in dem Projekt.
Anwendungsfälle für ID Fusion
Adform gibt klar definierte Use Cases vor, für die sich ID Fusion eignet. So wurde die Lösung ausschließlich für die Aktivierung der First-Party-Daten von Advertisern und Publishern sowie für die Kontaktklassenoptimierung konzipiert. Diese können auf IDs Gebote abgeben, publisherübergreifendes Frequency Capping realisieren und mit ihren eigenen Daten targeten. Daten des Publishers woanders aktivieren, ist nicht möglich, betont Sierts.
Zwei(einhalb) Haken hat die Technologie
ID Fusion klingt nach einer guten Lösung für den fragmentierten Identity-Markt. Doch es gibt zwei Haken: Erstens funktioniert sie natürlich nur im Adform-Universum. Nur wer mit der Adform-DSP einkauft, kann sie nutzen. Sie ist keine Lösung für den gesamten Werbemarkt.
Zweitens muss Adform möglichst viele verschiedene IDs eines einzelnen Publishers über das Protokoll empfangen, damit die Datengrundlage wächst. Obwohl das Unternehmen am liebsten nur wenige Identifier im Markt sehen möchte, werden heterogene ID-Architekturen voraussichtlich erfolgreich sein. Ergo sind die Publisher nun dazu angehalten, First-Party-IDs zu senden. Laut Aussage des Unternehmens befinden sich die Website-Betreiber jedoch bereits auf einem guten Kurs. 80 Prozent der Top-1000-Domains senden schon First-Party-IDs.
Eine dritte Voraussetzung, die aber nicht als Haken bezeichnet werden kann, ist die Nutzereinwilligung zur Datenverarbeitung. Ohne Consent wird auch ID Fusion nicht funktionieren. Adform benötigt zwar keine Einwilligung mehr, um einen Cookie zu setzen, weil die IDs vom Publisher stammen. Doch der Consent für die weiteren Verarbeitungszwecke muss selbstredend vorliegen. Dass das Transparency and Consent Framework (TCF) derzeit unter Beschuss steht, beunruhigt die Dänen indes nicht. Zwar läuft das Consent-Management heute fast komplett über das TCF, aber man rechnet damit, dass es nach ein paar Anpassungen auch so weitergehen wird. Viele der Probleme würden mit dem Matching der Third-Party-Cookies zusammenhängen und mit einem Shift hin zu First-Party-IDs und einigen Adaptionen sollte das Framework den Anforderungen der Regulatoren gerecht werden können.
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