Schon vor Jahren hieß es, Video Advertising sei die Zukunft. In jener Zukunft angekommen lässt sich festhalten: Die Stimmen hatten recht. Die Ausgaben für Bewegtbild steigen von Jahr zu Jahr und Video bleibt einer der Haupttreiber für die Werbewirtschaft. Umso wichtiger scheint es heute einen Blick auf die einzelnen Strömungen der Bewegtbild-Werbung zu schauen. Wo liegt derzeit der Fokus der Player im Video Advertising und welche Entwicklungen lassen sich beobachten? ADZINE hat im Adtech-Sektor nachgefragt, wobei sich in einem Punkt alle Befragten einig sind: Das Momentum scheint aufseiten von Connected TV.
Comeback des Big Screen
“In der aktuellen Entwicklung für das Werbejahr 2022 sehen wir eine deutlich stärkere Nachfrage nach Inventaren auf Big Screens”, stellt Markus Fialski, Account Director für DACH & BENELUX der Video-Advertising-Plattform Unruly, fest. “Hierbei sowohl im Desktop, aber vor allem auch im CTV, gerade nach hochwertigen Inventaren. Dies hat bereits Ende 2021 begonnen und setzt sich im aktuellen Jahr fort.” Die positiven Effekte der Budgetverlagerung zum CTV seien die hohen Sichtbarkeits- und Durchsichtsraten von deutlich über 90 Prozent, die nach eigener Aussage kundenübergreifend gemessen werden können.
Viele Werbetreibende stünden im CTV vor der Herausforderung, zielgruppenspezifische Videos auszuspielen und zuverlässige Daten nutzen zu können. “Ob die beste Möglichkeit im wachstumsstarken europäischen Markt nun kontextuelles Targeting oder Content-Level-Targeting – ACR Data – heißt, wird sich herausstellen”, meint Fialski.
Streaming-Wachstum befeuert AVOD-Dienste
Auch die TV-Gerätehersteller beobachten die Verschiebung in Richtung Streaming mit wachsamem Blick. “Der Streaming-Boom hat das Jahr 2021 bestimmt und wird es auch 2022 tun”, ist Christian Russ, Sales-Chef in der DACH-Region von Samsung Ads, überzeugt. Die Vermarktungs- und Adtech-Einheit des südkoreanischen Elektronik-Giganten offenbart, dass Streaming mittlerweile 54 Prozent der gesamten Sehdauer auf den eigenen Geräten für sich beansprucht. Dies sei ein Anstieg um 84 Prozent seit 2020.
“Während SVOD-Plattformen wie Netflix den Löwenanteil der Sehdauer für sich beansprucht haben, sehen wir nun ein erhebliches Wachstum bei anderen VOD-Arten, einschließlich AVOD, – was neue Möglichkeiten für Videowerber eröffnet, TV-Zuschauer zu erreichen”, erklärt Russ. Der Hauptgrund darin liegt seiner Meinung nach in dem Wunsch nach einer Deckelung der Medienausgaben. Viele Zuschauer strebten Russ zufolge kostenloses, werbeunterstütztes Fernsehen an. “Bei unseren eigenen Samsung-Fernsehern haben wir seit Januar 2020 einen Anstieg der mit AVOD verbrachten Zeit um 97 Prozent festgestellt. Im Vergleich zu den USA steckt der AVOD-Bereich in Europa noch in den Kinderschuhen und wird in erster Linie von Youtube und FAST-Plattformen vorangetrieben, aber mit der Reifung dieser Dienste erwarten wir noch mehr Wachstum”, so Russ. Insbesondere die programmatische Verfügbarkeit des TV-Inventars sei aufregend für Videowerber.
Server-Side Ad Insertion stärkt CTV-Vermarktung
Wer über Programmatic spricht, muss auch über Standardisierung reden. Lasse Nordsiek, DACH-Chef vom Full-Stack-Werbetechnologie-Anbieter Smart Adserver, sieht Video Advertising weiterhin auf der Überholspur: “Addressable und Connected TV befeuern diesen Trend durch zweistellige Wachstumsraten.” Innerhalb des CTV-Kanals werde es zunehmend weitere Player geben, die innerhalb der Smart-TVs und Set-Top-Boxen den Markt durchmischen und mit den Broadcastern und klassischen VOD-Anbietern in Konkurrenz treten. Mit Blick auf die Standardisierung kommt wiederum Innovation aus dem Adtech-Sektor zum Zuge. “Der Vormarsch der Server-Side Ad Insertions Technologie wird dem Werbemarkt helfen, die Vermarktung im CTV-Bereich zu standardisieren und zu skalieren”, glaubt Nordsiek.
Doch er legt den Fokus nicht nur auf CTV und ATV. “Auch innerhalb des klassischen Video Advertising in Bezug auf Werbemittel, Platzierungen und Performance werden sich neue Trends ableiten, wie zum Beispiel kontextuelles Video Targeting für eine verbesserte Zielgruppenansprache, sowie eine erhöhte Nachfrage nach Leistungsparametern wie Completion Rate Targeting und Viewability”, prognostiziert Nordsiek.
Digitale TV-Werbung für den Mittelstand
Beim Stichwort Performance wird Fabian Burgey, Director SME Business Europe der RTL-Tochter Smartclip, hellhörig. Er sieht ebenfalls “eine Renaissance der Wohlfühloase, des heimischen Wohnzimmers” am Horizont. Sämtliche SVOD-, AVOD- und BVOD-Plattformen verzeichnen seinen Angaben nach steigende Zuschauerzahlen. “Für Werbetreibende ist das positiv, da das Plus an markensicheren Umfeldern die Nachfrage nach wichtigen KPIs wie Viewability oder View-Through-Rates erfüllt”, so Burgey.
Digitalisierte TV-Umfelder im CTV- und ATV-Bereich wüchsen dynamisch und seien zunehmend auf geographisch eingegrenzte Gebiete aussteuerbar. Das habe Folgen für seine Klientel. “Damit wird TV-Werbung neben den großen Markenartiklern für einen immer digitaler denkenden Mittelstand finanziell attraktiv und zur echten Alternative für Werbemaßnahmen bei den GAFAs”, meint Burgey. “Um Teil des Marketingplans für den Mittelstand zu werden, ist die digitale Aussteuerung von TV-Werbung ein effektiver Kanal. Zusammen mit regional verankerten Partnern, Medien und Verlagen gelingt es, ein umfangreiches Portfolio von TV bis Digital aufzubauen, das vor allem qualitativ hochwertig ist”, ist sich Burgey sicher.
Werbeakzeptanz dank Selbstbestimmung
Philipp Dommers, Geschäftsführer und Co-Founder der On-Demand-Advertising-Lösung Welect, sieht neben dem CTV-Boom eine ganz andere Entwicklung voraus. “Der digitale Videomarkt drängt in den Markt der Plattformen. Doch damit werden die drängendsten Herausforderungen der Branche nicht gelöst”, kritisiert Dommers. Weder die Qualität noch die Werbeakzeptanz würden ernst genommen und nachhaltig gelöst, glaubt er. “Fehlendes Frequency Capping ohne echte Mitbestimmung zum Beispiel sind der falsche Weg, um Kampagnen zu platzieren, die bei den Zielgruppen auch positiv erinnert werden sollen.”
Vielmehr sei die Verschiebung eine Chance für das Open Web, denn “Selbstbestimmung, Vertrauen und Respekt vor der Aufmerksamkeit der Verbraucher können genau hier durch die offenen Marktteilnehmer realisiert werden”, meint Dommers. “Im Jahre 2022 werden sich Media-Entscheider daher genau damit beschäftigen müssen: Wie kann die Qualität von Werbung einerseits und Parameter der Selbstbestimmung und Akzeptanz der User anderseits bei der Mediaplanung berücksichtigt werden? Dies gilt es gerade im Bereich Videowerbung zusammenzubringen.”
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