Das französische Adtech-Unternehmen Didomi nutzt erstmals das Kapital aus seinen Finanzierungsrunden für eine Übernahme. Nach der Series-B-Runde aus dem vergangenen Sommer über 34 Millionen Euro schnappt sich der weltweit tätige Consent-Management-Plattform-Anbieter das ebenfalls in Paris ansässige Startup Agnostik. Damit holt sich das Unternehmen weitere Expertise in Datenschutzrecht und -technologie ins Haus. Der Kaufpreis sei “niedrig siebenstellig” heißt es auf Nachfrage. Die Gründer blicken für ADZINE auf die aktuellen Entwicklungen in ihrem Sektor und ihre eigene Roadmap.
Es kommt erneut Bewegung in den Markt der Consent-Management-Plattformen (CMP). CMPs holen für Website-Betreiber Nutzereinwilligungen zur Verwendung ihrer Daten ein und managen diese. Die Technologien sind nach Einführung der DSGVO insbesondere zum Zweck der datengetriebenen Digitalwerbung zum Standard geworden. Nachdem zuletzt die Fusion der europäischen Konkurrenten Usercentrics und Cookiebot für Aufsehen gesorgt hatte, verstärkt sich nun der französische Mitstreiter Didomi.
Neues Aufgabenfeld Datenschutzüberwachung
Die Pariser kaufen mit Agnostik ein 13-köpfiges Startup, das seit 2016 Tools entwickelt, mit denen Unternehmen ihre Datenschutzmaßnahmen bewerten und verbessern können. So untersucht die Technologie von Agnostik unter anderem Websites auf Compliance-Lücken und informiert deren Betreiber automatisiert über Datenschutzprobleme. Außerdem lassen sich mit den Lösungen des Unternehmens übergreifende Prozesse von Geschäfts-, IT- und Rechtsteams koordinieren. Mit der Übernahme stellt sich Didomi breiter auf und deckt zusätzlich den Bereich Datenschutzüberwachung ab. Solche Differenzierungsmerkmale sind wichtig, denn die Konkurrenz ist groß und viele globale Anbieter mischen auf dem Markt mit.
Didomi und Agnostik teilen sich bereits gemeinsame Kunden, etwa aus der Medienbranche oder dem Einzelhandel. Beide Marken sollen erhalten bleiben und das Ziel sei es, direkten Zugriff auf das Agnostik-Produkt innerhalb der Didomi-Konsole anzubieten, verrät Romain Gauthier, CEO und Gründer von Didomi. “Agnostik wird unseren bestehenden Kunden über ein Premium-Modul zur Verfügung gestellt und wir werden an einer Integration der beiden komplementären Product-Portfolios arbeiten, um unseren Kunden Arbeit zu nehmen”, erklärt Gauthier.
Frank Ducret, CEO und Gründer von Agnostik, ergänzt: “Einer der Gründe, warum wir unsere Kräfte bündeln, ist, dass wir bereits über integrierte Funktionen verfügen, die die Expertise beider Unternehmen vereinen. Es handelt sich nicht um ein Bündelangebot, sondern bedeutet, dass ein Kunde die eine oder andere Lösung frei und unabhängig abonnieren kann.”
In Deutschland wächst die Nachfrage nach Compliance-Lösungen
In Zukunft stehen mehr Automatisierung im Website-Compliance-Monitoring, weitere Integrationen und ein Fokus auf Privacy Ad Operations – also Anwendungsfälle für digitale Werbung – auf dem Programm. Auch in Deutschland hat das Thema Compliance mit dem neuen Telekommunikations-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) an Fahrt aufgenommen. “Wir sehen ein massiv wachsendes Interesse an Consent- und Preference-Management-Lösungen aus der DACH-Region, da der Markt zu diesem Thema reif wird. Jüngste Urteile und allgemeine rechtliche Aktivitäten haben auch viel Aufmerksamkeit auf unseren Bereich gebracht und erhöhen das Risiko für Marken, nicht konform zu sein, dramatisch”, meint Romain Gauthier.
Ducret pflichtet seinem neuen Kollegen bei: “Wie überall in der westlichen Welt werden personenbezogene Daten zu einer knappen Ressource, die jede digitale Aktivierung erfordert, um einen ROI zu erzielen. In diesem Zusammenhang sehen wir den DACH-Markt als Schlüsselmarkt für unsere Entwicklung. Und ich möchte hinzufügen, dass Deutsche dank Datenschutzpionieren wie Doktor Bauer oder Aktivisten wie Herrn Schrems ein tiefes Verständnis dafür haben, worum es beim Schutz von ‘persönlichen Daten’ von Bürgern geht.”
Perspektivisch entferne sich der Markt von Third-Party-Cookies und der “Besessenheit des Trackings”, sagt Gauthier. “Wir sehen, dass der Markt für Einwilligungsmanagement von Zero- oder First-Party-Datenanwendungsfällen näher rückt: Ein großer Fokus wird auf das Präferenzmanagement gelegt, wobei Vermarkter nach Lösungen suchen, um den Datenschutz besser in die allgemeine Benutzererfahrung und Kundenreise einzubetten”, ist der Gründer überzeugt.
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