Vier Voraussetzungen für die programmatische Vermarktung von CTV-Inventar
Dustin Puschmann, 15. Dezember 2021Über 70 Prozent der werbetreibenden Unternehmen planen, ihr Budget für Connected TV (CTV) 2022 zu erhöhen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM). Und kein Unternehmen, so die Top-Spender der deutschen Werbewirtschaft, werde sein CTV-Budget reduzieren. Das ist eine außergewöhnliche Aussage. Sie belegt: CTV ist nicht nur DAS Trend-Thema der Branche, es wird in den kommenden Jahren auch stetig wachsen. Während in den USA Connected TV als Kanal schon fest im Media-Mix etabliert ist, stehen wir in Deutschland hier allerdings eher noch am Anfang.
Das hat mehrere Gründe: Die Deutschen mussten sich an Online-Bewegtbild über den Big Screen erst gewöhnen und wir haben vor allem im Setup für die programmatischen CTV-Buchungen noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Aber die Vorzeichen stehen gut: Die technische Reichweite im deutschsprachigen Raum ist stark gestiegen, mittlerweile können rund 35 Mio. Haushalte via CTV erreicht werden. Und es werden immer mehr. Auch für das Abspielen von Online-Inhalten auf dem großen Screen war die Corona-Pandemie ein Katalysator. Streaming boomt, aber: Das Budget der Haushalte für kostenpflichtige Streamingangebote ist endlich. Fast zwei Drittel der ZuschauerInnen sehen werbefinanziertes CTV, um Geld zu sparen.
Derzeit vermarkten Gerätehersteller wie Samsung, LG, Philips & Co etwa 30 Prozent der CTV-Reichweite. Aggregatoren, Publisher und Content-Lieferanten, wie Spiegel- und Bunte-TV oder Rakuten und Waipu TV, kommen auf gut 70 Prozent. Beide teilen sich die Werbeeinnahmen via Revenue Sharing. Damit sich die Budgets in den kommenden Jahren weiter positiv entwickeln (im Augenblick steigen sie im Jahresvergleich um etwa 20 Prozent), sollten sich die verschiedenen Player in unserem Markt (Geräteherstelller, Aggregatoren und Publisher) auf gemeinsame Standards und auf ein funktionierendes Grundgerüst für die programmatische Abwicklung einigen. Noch sind die Smart-TV-Geräte nämlich sehr unterschiedlich, Schnittstellen nicht immer vorhanden und das gesamte technische Setup eher komplex. Hier vier Tipps, die die Werbewelt im Connected TV einfacher machen:
1. App-ads.txt nutzen
App-ads.txt klingt erstmal ungewohnt, ist aber ein hilfreicher Datei-Standard des IAB Tech Lab. Es ist kein Muss, aber für jeden Publisher empfehlenswert. Als Erweiterung des Authorized Digital Sellers (ads.txt), dient der Authorized Digital Sellers for Apps (App-ads.txt) ebenfalls dazu, Publisher vor Ad Fraud zu schützen. Der App-ads.txt ist für alle Apps – ob mobile, im CTV oder andere App Stores – einsetzbar. Anzeigen werden so nur über die Kanäle gespielt, die auch autorisiert sind. Der Standard verhindert Ad-Fraud und stellt Brand Safety sicher. Für Publisher ist die Implementierung des App-ads.txt einfach: Die Dateien müssen lediglich auf der Stammdomain der Website eingebaut und hochgeladen werden.
2. Consent Management DSGVO-konform aufsetzen
Für Publisher und Advertiser ist es ein leidiges Thema, für den Nutzer und ein faires Digitalmarketing jedoch unabdinglich: Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Auch dafür gibt es eine Lösung und einen Standard des IAB Tech Labs: Das Transparency and Consent Framework 2.0 (TCF 2.0). Und genau darum geht es: Consent. Nutzer müssen der Verarbeitung ihrer Daten aktiv zustimmen. Zudem gibt es Daten, die beispielsweise notwendig sind, damit eine Website rein technisch funktioniert. Diese gelten als “berechtigtes Interesse” und benötigen keinen aktiven Consent der Nutzer. Wohingegen im Frontend die Consent Management Plattform dafür zuständig ist, gibt es im Backend den sogenannten IAB TC String. Als Kommunikationsmittel innerhalb des Frameworks enthält er alle relevanten Informationen rund um die Nutzereinwilligungen. Die können durch beispielsweise Login-Lösungen einmalig gespeichert oder regelmäßig erneuert werden.
3. IFA zur Verfügung stellen
Das wichtigste Instrument dabei ist der sogenannte Identifier for Advertising, kurz IFA. Dieser soll laut IAB von allen Geräteherstellern und App Stores zur Verfügung gestellt werden. Der IFA ist die digitale Identität der Nutzer und wird basierend auf ihren Consent-Angaben erstellt. Advertiser haben dadurch die Möglichkeit, zielgruppenspezifische Anzeigen auszuspielen – ganz ohne persönliche Daten. Man unterscheidet dabei zwischen der Device ID, die sich eindeutig auf ein Gerät bezieht, und der Session ID, die – wie der Name schon sagt – Daten einer konkreten Sitzung beinhaltet. Persönliche Daten, die Nutzer in der realen Welt identifizieren könnten, werden selbstverständlich nicht gespeichert.
4. Targeting im CTV funktioniert anders
Targeting-Strategien für Online-Videos lassen sich nur bedingt auf CTV übertragen. Während Videos auf dem Laptop oder Smartphone eher von Einzelpersonen gesehen werden, sitzen bei CTV in drei Viertel aller Fälle mehrere Personen vor dem großen Screen. Deshalb macht es Sinn, sich den Ziel- und Interessensgruppen über kontextuelles Targeting zu nähern. Um das wiederum leisten zu können, benötigt man exakte Daten zum Programm. Publisher wie Gerätehersteller sollten also Sorge tragen, dass möglichst exakte Informationen über das Programm bei den jeweiligen Schnittstellen zur Verfügung stehen. Im Live-Streaming nutzen wir die Information aus den Electronic Programming Guides (EPGs). Sie geben Auskunft darüber, auf welchem Kanal um welche Uhrzeit ein Format mit welchem Inhalt läuft. Über eine direkte Integration im CMS des CTV-Publishers können außerdem zusätzliche Metadaten wie Drehbuchautoren, Inhalte und Untertitel genutzt werden.
Werden diese vier Tipps in der Praxis berücksichtigt, steht erfolgreichen CTV-Kampagnen nichts mehr im Wege. Die Zuschauer jedenfalls danken es bisher mit überdurchschnittlich hohen View-Through-Rates. Bei einer Kampagne für den E-Commerce-Marktplatz Etsy lag der entsprechende Wert bei 96 Prozent.
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