Eine praktische Anleitung für E-Mail-Marketer nach Apples iOS 15 Update
Michael Diestelberg, 27. Oktober 2021Apples Update für iOS und iPadOS auf die Version 15 hält neue Features für die Kunden des Tech-Unternehmens aus Cupertino bereit. Sie helfen dabei, die Nutzung, Speicherung und Weitergabe von Daten durch Apps verstärkt zu kontrollieren und zu unterbinden. Apple baut damit seine Bemühungen für den Datenschutz weiter aus, stellt jedoch mit seinen neuen Features wie dem iCloud Private Relay eine ganze Branche vor völlig neue Herausforderungen. Besonders herkömmliche E-Mail-Tracking-Maßnahmen sind von dem Update betroffen.
Die Erfassung von E-Mail-Öffnungen wird ab sofort deutlich erschwert. Wird der Apple-eigene E-Mail-Client eingesetzt, lädt dieser E-Mails künftig im Hintergrund herunter. Das Tracking der Öffnungsraten basierte auch bei Apple bislang auf nachgeladenen Bildern, einem sogenannten Tracking-Pixel. Der Nachrichten-Download im Hintergrund erfolgt ohne Zutun des Anwenders, wodurch Öffnungen gezählt werden, die effektiv gar keine sind. Hinzu kommt: Die IP-Adresse des Anwenders wird verborgen, sodass darüber keine Rückschlüsse auf den Standort und gegebenenfalls andere mit der IP-Adresse verknüpfte Informationen möglich sind. Da Apple Mail über einen Marktanteil von rund zehn Prozent verfügt, sollten diese Auswirkungen nicht unterschätzt werden.
Zu den größeren neuen Funktionen gehören Hide My E-Mail und iCloud Private Relay, mit denen die Erfassung bislang genutzter Daten effizient verhindert wird. So erlaubt Hide My E-Mail die Nutzung zufälliger E-Mail-Adressen, die von Apple an die eigentliche E-Mail-Adresse weitergeleitet werden. Da die E-Mail-Adresse von Marketern in der Regel zur Identifikation des Nutzers über verschiedene Endgeräte und Kommunikationskanäle hinweg verwendet wird, kommt es hier zu Schwierigkeiten beim Zusammenführen von Daten. Das iCloud Private Relay, das standardmäßig deaktiviert ist und derzeit von Apple als „Beta“ gekennzeichnet wird, erlaubt eine Umleitung von Teilen des Internet-Verkehrs über eine Art Mittelsmann – von Apple gemanagte Server, die zwischen dem Endanwender und dem Dienstleister stehen, um persönliche Informationen wie IP-Adresse und Standort zu verschleiern. Die Funktionsweise ist der eines VPNs ähnlich.
Eine weniger offensichtliche Neuerung, die jedoch große Auswirkungen auf Marketer haben wird, steckt in Apples bereits bekannter Intelligent Tracking Protection (ITP). Diese hat bereits in der Vergangenheit in vielerlei Hinsicht die Datenerfassung durch das klassische Tracking-Pixel erschwert. Mit iOS 15 verhindert ITP einen weiteren Kniff, für die auf die bereits skizzierte iCloud Private Relay-Technologie zurückgegriffen wird: Die IP-Adresse wird vor den Trackern verborgen. Sie fällt somit als Identifizierungsmerkmal zur Zusammenführung von Daten und zur Standortbestimmung weg.
Alternativen zur herkömmlichen Messung der E-Mail-Öffnungsrate
Die Öffnungsrate und andere KPIs wie die Click-to-Open-Rate, Anzahl aktiver Nutzer, Reaktivierungsmaßnahmen oder dynamisch getriggerte Inhalte basierten bislang auch für Apple Mail auf dem E-Mail-Open-Tracking. Marketer konnten damit Kampagnenerfolg ohne größeren Aufwand erfassen und bewerten. Doch mit der Ausspielung der neuen Features zum Datenschutz ist dieses Vorgehen nicht mehr präzise genug, um wichtige Kampagnen-KPIs zu analysieren und den eigenen Erfolg zu messen, denn die Öffnungsrate wird bei Apple-Mail-Nutzern durch die oben beschriebenen Neuerungen verzerrt. Allerdings können diese Hindernisse mit der richtigen Herangehensweise überwunden werden. Es gibt Alternativen.
Historische Benutzer- und Gerätedaten analysieren
Auch wenn es Benchmarks für iOS- und insbesondere Apple-Mail-Benutzer gibt, ist eine historische Benutzerdatenanalyse sinnvoll, um ein besseres Verständnis zur individuellen Gerätenutzung zu erhalten. Diese Insights können zwischen den unterschiedlichen Kohorten, aber auch zwischen E-Mail-Empfängerlisten variieren. Marketer sind daher gut beraten, die E-Mail-Öffnungen zu analysieren, die pro Betriebssystem und E-Mail-Client erfolgen. Dies sollten anschließend in ein Verhältnis zum Gesamtverteiler gesetzt werden. Dadurch lässt sich der Prozentsatz aller Öffnungen erfassen, der potenziell von den Auswirkungen des iOS-Updates betroffen ist. Auf dieser Basis können Werbetreibende Kampagnen gezielt für iOS-Nutzergruppen individualisieren und zukünftige Analysen entsprechend segmentieren.
Es ist unerlässlich, den Prozentsatz der Anwender zu erfassen, die regelmäßig ihre E-Mails per Apple Mail nutzen, da sich Marketer nicht mehr auf das E-Mail-Open-Tracking für diese bestimmte Benutzergruppe verlassen können. Je höher dieser Nutzeranteil, desto verzerrter sind die KPI-Auswertungen, wie etwa die Anzahl der aktiven Nutzer oder die Anzahl der tatsächlich geöffneten E-Mails. Im nächsten Schritt sollten die eigenen E-Mail-Abonnentenlisten aktualisiert werden.
E-Mail-Abonnentenlisten bereinigen
Viele Marketer beziehen sich auf die letzten Aktivitäten eines Nutzers, um ihre Kampagnen zu personalisieren und ihre E-Mail-Abonnentenlisten sauber zu halten. So werden häufig Nutzer, die drei oder sechs Monate nicht mehr mit einer E-Mail-Kampagne interagiert haben, aussortiert beziehungsweise nach gezielten Reaktivierungsmaßnahmen nicht mehr angesprochen. Nach dem iOS 15 Update können Marketer mit einem herkömmlichen Tracking gar nicht mehr erkennen, ob eine E-Mail, die mit Apple Mail geöffnet wurde, tatsächlich geöffnet wurde. Es gilt also eine andere Herangehensweise zu finden. Die einfachste Methode ist die regelmäßige Platzierung von gezielten Handlungsaufforderungen („Call to Action“), um Anwender zur Interaktion mit den Inhalten zu animieren. Auch Bestätigungsmails stellen eine valide Methode dar, um Engagement anzustoßen. Mit beiden Maßnahmen sind Unternehmen in der Lage zu erkennen, ob der Nutzer weiterhin an den versandten Informationen interessiert ist. Dadurch kann es zum einen die Größe seiner Empfängerliste verringern und stellt zum anderen eine gute Zustellbarkeit sicher.
Zugleich bietet das Apple-Update aber auch die Möglichkeit, die E-Mail-Öffnungsraten durch ein alternatives KPI-Framework zu ersetzen. So empfiehlt es sich stärker auf Klicks, Conversions und Website-Verhalten zu setzen. Die E-Mail ist zwar das First-Touch-Tool par excellence, aber ans Eingemachte geht es meist erst auf Webseite.
Fazit
Auch wenn Apple mit seinem iOS 15 Update gerade die E-Mail-Marketing-Welt auf den Kopf stellt, ist Gelassenheit gefragt. Apple ist zwar der erste große Anbieter, der die Erfassung von E-Mail-Benutzerinteraktionen einschränkt, aber andere E-Mail-Clients dürften bald nachziehen. So werden IP-Adressen von der Gmail App bereits seit einiger Zeit verborgen. Die Marketer sind deshalb gut beraten, ihre aktuellen E-Mail-Metriken zu prüfen und in Richtung Interaktion weiterzuentwickeln. Es empfiehlt sich ein ganzheitlicher Ansatz, der Daten kanalübergreifend erfasst und nutzt. Um den manuellen Overhead zu minimieren, helfen Marketing-Tools, um Daten zu erfassen, zu bündeln und zu analysieren.
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