Unknown + Known: Der Einsatz von Analytik auf dem Weg zur Personalisierung
Dr. Jochen Töpfer, 30. September 2021In der ersten Episode dieser Reihe fügten wir Panel-Based und People-Based Marketing zu einem holistischen Marketingansatz (Unknown + Known) zusammen, da eine Abkehr von einer personalisierten Customer Experience, orchestriert über alle digitalen Kanäle hinweg, nicht mehr vorstellbar ist. Durch einen konsequenten Ausbau von Wissen über Kunden zum Zwecke der Personalisierung kann sowohl Effektivität als auch Effizienz im Marketing signifikant gesteigert werden.
Welche Rolle spielt die Analytik im Marketing? Welchen Beitrag kann Analytik in einem holistischen Marketingansatz leisten, der Panel-Based und People-Based Marketing miteinander vereint?
Facettenreichtum durch Analytik
In jeder Kommunikation stellen wir uns dieselben Fragen, unabhängig vom Marketingansatz:
- Warum kommunizieren wir? (Value, Porpose, Belief)
- Wie kommunizieren wir? (Marketing Operations)
- Was kommunizieren wir? (Content (Products))
- Wie erfolgreich kommunizieren wir? (Measurement)
Antworten darauf liefern eine Marketingstrategie, eine Kreativabteilung sowie eine Kampagnenplanung als notwendige Grundlage für jede Ausführung von Marketingkampagnen.
Spannend wird es, wenn wir uns an die Beantwortung der folgenden Fragen machen:
- Wen wollen wir ansprechen?
- Wann wollen wir jemanden ansprechen?
- Wo wollen wir jemanden ansprechen?
Denken wir ”panel-based”, so antworten wir durch Zielgruppen / High Value Audiences, durch Zeitpläne von Kampagnen und durch Buchung von Kanälen. Wenn wir ehrlich sind, beschränkt sich der Einsatz von Analytik hier eher auf Datenaufbereitung, -selektion, -gruppierung und -anlieferung.
Denken wir “people-based”, so fällt die Antwort sehr viel differenzierter aus. Genauso differenziert, wie Kunden, Verbraucher, Personen oder eben Menschen einfach sind. Wir bemühen uns, Menschen zu erkennen, kennenzulernen, zu kennen und zu verstehen. Hierfür werden datenschutzkonform Cluster, Segmente und Zielgruppen gebildet sowie Beziehungen, Ähnlichkeiten, Bedürfnisse, Vorlieben und Verhaltensweisen erfragt, entdeckt und hergeleitet.
Antwortspektrum durch analytische Services
Schauen wir etwas genauer hin. Vergegenwärtigt man sich, dass die Antworten durch nachfolgend vertiefend dargestellte analytische Services ein Gesamtbild erzeugen, so wird klar, dass es ein holistisches Verständnis der existierenden Kundenbasis und der angestrebten Zielkunden benötigt. Wird dieses Gesamtbild nicht erarbeitet, so bleibt jede Anstrengung, ausgedrückt in Marketingbudget, ein Flickwerk.
Datenanalyse und -anreicherung
Erkenntnisgewinn durch genauere Beschreibung mithilfe externer Daten
- Welche Merkmale zeichnen bestehende Kunden aus?
- Welche Kaufkraft beschreibt das Wohnumfeld der Kunden?
- Welche externen Informationen beschreiben die Kunden genauer?
- Welches Wohnumfeld und Konsumverhalten zeigen die Kunden außerhalb des eigenen Datenbestandes?
Kundenstrukturanalyse
Beschreibung von Gruppen bei Kunden oder Interessenten
- Wie sieht mein Kundenstamm aus? Wie verteilt er sich im Vertriebsgebiet? Wodurch zeichnet er sich aus?
- Wie lassen sich Kundengruppen bestimmter Angebote unterscheiden? Gibt es auch Gemeinsamkeiten?
Segmentierung
Algorithmische, datengetriebene Bestimmung in sich homogener Kundengruppen im Kundenbestand
- In wie viele Gruppen lässt sich der Kundenbestand einteilen? Wie können Kunden in heterogene, in sich geschlossene, gleichartige Gruppen untergliedert werden?
- Welche Eigenschaften zeigen die Gruppen (z. B. Treue, Umsatz, Werthaltigkeit)? Wie unterscheiden sie sich?
Zielgruppendefinition durch Lookalike-Modellierung
Datengeleitete Bestimmung einer passenden Zielgruppe durch den Einsatz von Befragungsdaten (Verbraucherpanel)
- Wie lässt sich mithilfe des Verbraucherpanels (ohne Zugriff auf eigene Kundendaten) datengeleitet die Zielgruppe bestimmen?
- In welchen Haushalten leben dem Produkt / Service zugeneigte Personen?
Erfolgsmessung
Datengeleitete, objektive Überprüfung der Wirksamkeit von Marketingaktionen
- Hat die Kampagne den gewünschten Effekt? Wurden mehr Abverkäufe getätigt, wenn Werbung angezeigt wurde?
- Wie gestaltet sich die Reaktion auf Werbung in der Kundengruppe?
- Zeigt die Zielgruppe den gewünschten Effekt? Haben Personen der Zielgruppe häufiger das Produkt gekauft als Personen der Referenzgruppe, wenn Werbung in beiden Gruppen angezeigt wurde?
Aussteuerung/Aktivierung
Datengeleitete Identifikation und Ansprache der Zielgruppe
- Wie kann die Zielgruppe datengeleitet am besten abgebildet oder über Panel-Studien oder externe Daten angenähert werden?
- Wie groß ist die Reichweite der Zielgruppe über verschiedene Kanäle von Online-Publishern oder Programmatic-Partnern?
Analytics & Decisioning Framework
Das folgende Reifegradmodell beschreibt den Weg zu einer personalisierten Customer Experience. Es basiert auf intelligenten und automatisierten Produkt-, Inhalts- und Angebotsempfehlungen, bei denen der Kunde wie gefordert im Zentrum steht. Unternehmen können leicht herausfinden, wie sie auf dem Weg zur Personalisierung vorangekommen sind.
Gründungsphase
Inwieweit wurden die Grundlagen für den Einsatz von Daten und Technologien der Zukunft gelegt?
Stufe 1 – Produktbezogene Regeln
Unternehmensdaten sind siloartig strukturiert, produktorientiert und haben keinen Bezug zum Kunden. Empfehlungen werden in der Regel aus Transaktionsdaten abgeleitet und als Produktregeln pro Kanal festgelegt.
Stufe 2 – Kundenbezogene Regeln
Unternehmen sind bemüht, ihre Kunden zu verstehen und in Zielgruppen für eine gezielte Kundenansprache einzuteilen. Durch Kundensegmentierung werden Kontaktregeln für ausgewählte Kanäle entwickelt.
Strategiephase
Welcher Mehrwert wird durch eine personalisierte Customer Journey erwartet? Sind Technologieinvestitionen nötig, um strategische Stoßrichtungen, wie “Customer Centric”, “Data Driven”, “Trusted Data”, “Real-Time Interaction”, “Cloud First” oder “Marketing Automation” zu unterstützen?
Stufe 3 – Verbundene Customer Experience
Die Vernetzung von Datenquellen lässt mehrere digitale Identities (ID) pro Person entstehen. Die Auflösung dieser IDs ist erforderlich, um über verschiedene Touchpoints konsistent mit dem Kunden auf seiner Customer Journey zu kommunizieren.
Stufe 4 – Attribution und Optimierung
Alle Kampagnen werden kanalübergreifend gemessen und ausgewertet. Die Customer Experience kann nun kontinuierlich verfeinert werden.
Transformationsphase
Können durch den Einsatz modernster Technologien und die Sammlung von mehr relevanten Daten, verbesserte Erkenntnisse unter Verwendung von automatisierten Prozessen geliefert werden? Ist die Customer Experience nun personalisiert und skalierbar?
Stufe 5 – Datengetriebene Kreativität
Kreativ- und Designteams richten die Tonalität der Ansprache, die Texte und Botschaften und die visuelle Gestaltung zielgenau auf den Kunden aus.
Stufe 6 – Adressierbare Zielgruppen
Media-Teams optimieren Medienausgaben mit dynamisch optimiertem Content über alle Kanäle hinweg.
Stufe 7 – Skalierbare Personalisierung
Der Einsatz von selbstlernenden KI-Systemen in Verbindung mit Automationslösungen in Near Real-Time bzw. Adtech-Speed bilden die finale Stufe auf dem Weg zur automatisierten Personalisierung
Ausblick
Studien zeigen, dass die Großzahl der Unternehmen in eine neue Strategiephase eintreten, da die Anforderungen der Märkte, Regulationen und nicht zuletzt auch die der Kunden starken Veränderungen unterworfen sind. Es ist zu erwarten, dass die Strategie- und Transformationsphase zwischen vier und acht Jahre dauern wird.
Dieser Artikel ist Teil einer Serie. In den Episoden 3 - 4 wird auf die folgenden Themen vertieft eingegangen:
- Game-Changer im Marketing: Agilität und Enablement im Marketing durch zentrale Kundendaten und Customer Data Plattform (CDP).
- Identity im Marketing: First-Party- und Third-Party-Identitäten erzeugen compliance-konforme und zukunftssichere Präzision mit größtmöglichem Reach in digitalen Kanälen.
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