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DIGITAL MARKETING

Omnichannel führt an einer CDP künftig kein Weg vorbei

Anton Priebe, 9. Juni 2021
Bild: BSI Bernhard Egger, BSI Software

Wenigen Marketern dürfte der rasante Aufstieg der Customer Data Platform, kurz CDP, in der jüngsten Vergangenheit verborgen geblieben sein. Sie wird als einer der Bausteine für zukunftsfähiges Marketing gehandelt. Im Interview erklärt Bernhard Egger, Retail & Service Community Manager von BSI Business Systems Integration, was hinter dem Begriff steckt, wozu die Technologie eingesetzt wird und vor allem: wer sie braucht und wer nicht.

ADZINE: Hallo Bernhard, erkläre doch bitte kurz BSI in zwei, drei Sätzen.

Bernhard Egger: Wir sind ein CRM- und CDP- bzw. CX -Anbieter und damit die europäische Alternative zu den großen, amerikanischen Playern. Bei einem Pitch sind meist Salesforce und BSI noch in der Endrunde. Unsere Fokusbranchen sind Banking, Versicherung und Retail mit Kunden wie Walbusch, Hornbach und Edeka, Ergo oder der ADAC.

ADZINE: Angesichts strengerer Datenschutzbestimmungen und Alleingänge der großen Tech-Player konzentriert sich das Marketing zunehmend auf die eigens erhobenen Daten. Dabei rückt die Customer Data Platform vermehrt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Was steckt hinter dem Begriff?

Egger: Eine CDP wird ähnlich wie ein CRM sehr unterschiedlich ausgelegt. Ich fange daher bei dem Ziel einer CDP an: Das Hauptziel einer Firma ist es, den Kunden im Zentrum zu haben. Um dieses Ziel zu erreichen, muss ich den Kunden in seiner gesamten Customer Journey begleiten und Daten aus jedem seiner Lebenszyklen gemeinsam in einem Datenhub verarbeiten können.

Fangen wir vorn an und betrachten beispielsweise das Werben von Neukunden über Social-Media-Plattformen. Am ehesten möchte ich dort Abbilder meiner bestehenden Kunden finden. Dazu benötige ich etwa die Anzahl und das Datum der Käufe meiner besten Kunden, die bestellten Waren, die Bezahlmethoden und – dann wird’s schon spannend – Filialbesuche. Filiale und Online-Shop können schon zwei Silos sein. Jetzt geht es darum, diese Personen als Gesamtheit zu erkennen und die beiden Datentöpfe zusammenzuführen. Früher hat man das im CRM gemacht, später im Data Warehouse, heute in der CDP.

Viele Firmen haben diese Schnittstellen zwischen den Silos nicht. Die Klickraten liegen vielleicht im Social-Media-Tool, während die Kaufdaten aus der Filiale im Kassensystem lagern. Das Consent-Management steckt im Newsletter-Tool und der Internetshop produziert ebenfalls singuläre Daten. Eine CDP soll diese Daten sammeln, analysieren und für die Aktivierung bereitstellen.

ADZINE: Warum macht man das heute nicht mehr im CRM?

Egger: Früher hatten wir nur zwei Kanäle: Telefon und E-Mail. Jetzt kommen allein mit Blick auf die Kommunikation schon die Social-Media-Kanäle dazu, ebenso wie Chatbots oder Siri und Alexa, also Kommunikationskanäle, die es vorher nicht gab. Auch die ganzen Bewegungsdaten aus Social Media und Onsite sind neu und bilden neue Silos.

ADZINE: Im CRM sammelst du also die Daten in Silos, während eine CDP sie verknüpft und dort die Intelligenz reinbringt?

Egger: Absolut. Ich würde eine CDP als Schaltzentrale für kundenzentrierte Customer Journeys definieren. Dort gehört ein Mahnprozess mit rein, ein Reklamationsprozess, aber auch ein Google Seller Rating oder ein Trigger-basierter Warenkorbabbruch. Das muss orchestriert werden.

ADZINE: Ist eine CDP also fürs Advertising ebenso wie für das Bestandskunden-Marketing interessant?

Egger: Zwingend notwendig sogar, weil ich nur dann die richtigen Neukunden finden kann, wenn ich weiß, wer meine Bestandskunden sind.

ADZINE: Für welche Unternehmen eignet sich eine CDP und für welche nicht?

Egger: Sie lohnt sich ab dem Zeitpunkt, an dem ich Omnichannel unterwegs bin. Wenn ich ein Einzelhändler bin, der zehn Filialen ohne Online-Shop hat, ohne telefonischen Kundenservice, brauche ich keine CDP. Sobald zwei oder drei Quellen vorliegen, aus denen ich Daten aggregieren möchte, ergibt der Einsatz Sinn.

ADZINE: Inwiefern genau hilft eine CDP dabei User-Daten zu erheben, analysieren und aktivieren?

Egger: Mit ihr stehen alle Daten zur Verfügung. Eine CDP hilft mir dabei, einen Customer Lifetime Value in seiner Ganzheit zu berechnen.

ADZINE: Analysiert eine CDP auch selbst Datensätze?

Egger: Wenn du ein Analytik-Tool integriert hast, ja. Eine CDP ist zunächst für das Sammeln der Daten und das Zurverfügungstellen zuständig. Für die Analyse brauchst du ein AI-Tool, um beispielsweise Cluster zu bilden. Das kann ein Bestandteil einer CDP sein. Die großen Aufgaben der CDP lauten: Sammeln, Analysieren, Aggregieren und Selektieren.

ADZINE: Welche anderen Systeme brauche ich, um das Potenzial einer CDP ausschöpfen zu können?

Egger: Eine gute CX, also eine Software, die mir hilft Customer Journeys zu designen und auszuführen. Die CDP ist die Basis, welche mir Trigger liefert, um den Kunden in seiner Customer Journey optimal zu begleiten. Als Oberbau brauche ich eine Designer-Software.

ADZINE: Welche Rolle werden CDPs im Martech-Stack der Zukunft spielen?

Egger: Ich bin überzeugt davon, dass Firmen, die sich in den nächsten ein, zwei Jahren Omnichannel aufstellen wollen – und ich sehe Omnichannel in Zukunft als einzige Möglichkeit im Retail –, an einer CDP nicht vorbeikommen. Sie ist für eine schöne Customer Journey über alle Kanäle zwingend. Die große technische Herausforderung wird es dabei sein, Systeme, die es nicht gewohnt sind zu kommunizieren wie beispielsweise Kassensysteme, zum Datenteilen zu bringen.

ADZINE: Danke für das Interview, Bernhard!

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