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GAMES ADVERTISING

Advertising macht die Gaming-Welt noch bunter

Lukas Wehn, 19. Mai 2021
Bild: Mateo Vrbnjak – Unsplash

Gute Unterhaltung in den eigenen vier Wänden hat im letzten Jahr einen ganz neuen Stellenwert bekommen. Nach hunderten von Spaziergängen ist es nahezu unmöglich, im eigenen Kiez noch irgendetwas Neues zu entdecken, da wundert es nicht, dass mehr und mehr Menschen ihre Freizeit lieber in abwechslungsreich virtuellen Welten verbringen. Es gibt 3,1 Milliarden Gamer auf der Welt. 42 Prozent der Deutschen – also mehr als 34 Millionen Menschen – spielen zumindest gelegentlich Video- oder Computerspiele, und 35 Prozent der deutschen Gamer geben an, während der Pandemie häufiger zu spielen als zuvor. Gaming ist also längst kein Nischenthema mehr, mit dem sich nur Nerds beschäftigen. In-Game Advertising wird dadurch für Werbetreibende immer interessanter. Ein Kommentar.

Störfaktor oder Chance?

Doch nicht nur das Spielen, sondern auch das Zuschauen wird immer beliebter. Der auf Videospiele spezialisierte Livestreaming-Dienst Twitch hatte im März 2020 erstmals über 1,5 Millionen Zuschauer zur gleichen Zeit. Seit April 2020 sind es konstant mehr als 2 Millionen, und im Februar dieses Jahres wurde bereits an der 3-Millionen-Marke gekratzt. Ähnlich wie auf YouTube (wenn auch gefühlt längst nicht so häufig) werden auch auf Twitch Werbeclips ausgestrahlt, die von Unternehmen programmatisch gebucht werden können. Diese Clips sorgen oft für großen Unmut beim Publikum, da durch sie die Live-Übertragung in den Hintergrund rückt und die Zuschauenden wichtige Aktionen im Spiel verpassen könnten – gerade bei schnelllebigen E-Sport Games ein großer Störfaktor. Immer beliebter werden auch Werbespots, die direkt in die Übertragung oder den Stream integriert wurden, vergleichbar mit Spots im klassischen, linearen Fernsehen. Der Vorteil für den Werber ist, dass diese Clips nicht durch Adblocker geblockt werden können, da sie Teil des laufenden Programms sind.

Der E-Sports-Veranstalter Starladder hat einen eleganteren Weg gefunden Werbung in Liveübertragungen zu platzieren – allerdings handelte es sich dabei nicht um verkaufte Werbefläche, sondern ausschließlich um Eigenwerbung. Es wurden bereits im Spiel vorhandene Texturen durch Produktplatzierungen ersetzt. Sichtbar waren diese allerdings nur für die Zuschauer, die Spieler selbst bemerkten davon nichts.

Leichtes Spiel im E-Sport-Sektor

Generell ist Werbung in keinem Bereich der Gaming-Welt so weit verbreitet wie in E-Sports. Sowohl auf Trikots als auch auf Banden findet man in Spielen wie denen der Fifa-Reihe schon seit langem die Logos echter Unternehmen und Sponsoren. Alles sieht so aus, wie man es aus Sportveranstaltungen der realen Welt kennt, weshalb Gamer Werbung in diesem Umfeld eher akzeptieren als es in anderen Genres der Fall ist. In diesem Umfeld ist Werbung kein Störfaktor, ganz im Gegenteil. Die Werbung trägt sogar dazu bei, das Spielerlebnis noch realer zu gestalten. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Möglichkeiten für In-Game-Werbung im E-Sport-Bereich bisher am größten sind.

Das Reich der unbegrenzten Möglichkeiten

In anderen Genres und Spieleumgebungen stößt man bisher allerdings kaum auf Werbung, dabei bieten sich auch hier zahlreiche Möglichkeiten. Billboards, Screens und Plakatwände gibt es nicht nur an Spielfeldern oder neben Rennstrecken, sie sind Teil des Stadtbildes jeder modernen Metropole. Diese könnten von Werbetreibenden genauso genutzt werden wie Digital-Out-of-Home-Kanäle der realen Welt, erlauben aber ein deutlich genaueres Targeting. Schon der Spielinhalt liefert wichtige Informationen über die Interessen der jeweiligen Zielgruppen und zusätzliche Daten wie Geschlecht, Alter und Wohnort können vom Publisher angefragt werden. Die beworbenen Produkte oder Dienstleistungen sollten natürlich auf die Zielgruppe des jeweiligen Spiels abgestimmt sein, doch warum sollte im Open-World-Adventure “Watch Dogs: Legion” im London der nahen Zukunft nicht auch ein Doppeldecker-Linienbus mit Werbung für eine Versicherung umherfahren?

Im Grunde bieten futuristische Spiele wie Cyberpunk 2077 die perfekte Umgebung für kreative, innovative und abwechslungsreiche Werbekampagnen. Genau wie den Game-Designern sind den Fantasien der Advertiser keine Grenzen gesetzt. Knallbunte Neonreklamen, riesige, lebensechte Hologramme oder gebrandete Spielautomaten, die den Gamern ein kurzweiliges Minispiel bieten – alles ist denkbar.

Der richtige Kontext

Dennoch müssen sich Unternehmen darüber im Klaren sein, in welchem Kontext ihre Marke gezeigt wird bzw. werden könnte. Brand Safety ist auch bei In-Game Advertising kein zu vernachlässigendes Thema. Der Linienbus mit Versicherungswerbung könnte einfach nur im Hintergrund zu sehen sein, während sich zwei Charaktere im Spiel unterhalten. In einer Open World ist es jedoch genauso möglich, dass vor dem gleichen Bus ein Schusswechsel stattfindet, oder er in einen Verkehrsunfall verwickelt wird. Das Spielgeschehen hat mit der gezeigten Marke per se zwar nichts zu tun, rückt diese aber dennoch in ein bestimmtes Licht. Wenn Szenen dieser Art gestreamt oder aufgenommen werden, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Tausende von Leuten, wenn nicht mehr, sie zu Gesicht bekommen. Das gilt für alle Gaming-Bereiche, sowie für alle Arten der Werbung.

Auch Sponsoren müssen darauf achten, wie und wo ihre Marke in Spielen präsentiert wird. Das Kölner E-Sports-Team SK Gaming hat sich aus dem Ego-Shooter-Genre zurückgezogen, obwohl sie gerade in diesem Bereich stets große Erfolge erzielt haben. Allein dieser Entscheidung ist es zu verdanken, dass sie 2019 Mercedes-Benz als Sponsor und Anteilseigner gewinnen konnten. Die Automarke lehnt es kategorisch ab, jemals in Verbindung mit einem Ego-Shooter zu erscheinen. Natürlich müssen Spieleentwickler im Umkehrschluss ebenfalls ein Auge darauf haben, welchen Marken und Unternehmen sie eine Plattform bieten wollen.

Im Auge des Betrachters

Bei all den Möglichkeiten, die In-Game Advertising bietet, bleibt genau wie bei den meisten digitalen Werbeformaten stets die Frage nach der Messbarkeit. Hier fehlen nach wie vor festgelegte Standards. Ab wann gilt eine Anzeige als ausgespielt? Wie lässt sich prüfen, ob die Spieler diese auch tatsächlich gesehen haben? Auch hier gibt es einen ersten Lösungsansatz. So ist es auf technischer Ebene möglich herauszufinden, ob ein Werbemittel im Sichtfeld des Spielers erscheint. Das passiert, indem eine imaginäre Linie von den Augen (dem Point of View) des Spielers zu der betreffenden Anzeige gezogen wird. Dabei ist es dennoch schwer zu beurteilen, ob diese nicht doch zur Hälfte verdeckt wird oder nur winzig klein zu sehen ist. Bei Liveübertragungen ist es nahezu unmöglich zu beurteilen, ob Werbemittel – egal ob sie in den Stream oder direkt ins Spiel integriert sind – wahrgenommen werden. Gerade in Zeiten von Homeoffice läuft so ein Stream, genau wie Fernsehen oder Radio, auch gerne einfach nebenbei.

Dennoch wächst das Interesse der Unternehmen an der Gaming-Szene und In-Game-Werbung wird, genau wie Produktplatzierungen und E-Sports-Sponsoring, ein fester Bestandteil der Kampagnenplanung werden. Genau wie die Werbung ist Gaming oft laut, bunt und abwechslungsreich. Eine Verschmelzung beider Welten war da doch nur eine Frage der Zeit.

Bild Lukas Wehn Über den Autor/die Autorin:

Lukas Wehn ist Co-Gründer von MINT Square, einer Strategie- und Technologieberatung für datengetriebenes Marketing. Als Director Campaigns & Products leitet er das Kampagnenmanagement und verantwortet federführend das operative und strategische Key-Account Management.

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