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MARTECH

Consent First – Mit passender Strategie und Technologie zur personalisierten User-Ansprache

Anton Priebe, 18. April 2021
Bild: Kapitosh – Adobe Stock

Datenschutzregulierungen und die Abkehr vom Third-Party-Cookie machen Online-Marketern die Arbeit künftig schwerer. Sie müssen ihre Konzepte für personalisierte User-Ansprache Onsite ebenso wie Offsite überarbeiten. Dies betrifft nicht nur den technologischen Aspekt, also den Einsatz der richtigen Technologie im Martech-Stack. Die neuen Rahmenbedingungen berühren auch die strategische Ebene wie etwa das effektive Einholen der Nutzereinwilligungen, um das Potenzial der Technologie überhaupt erst ausschöpfen zu können. Denn der Consent wird zum zentralen Baustein in diesem Konstrukt, um den nötigen Rohstoff – die Daten – erheben und auswerten zu können. Er versetzt Marketer dazu in die Lage, auch zukünftig personalisiert mit bestehenden und potenziellen Kunden zu kommunizieren. Die Rolle des Logins als oberstes Ziel hingegen bleibt, zumindest aus Marken- Perspektive, strittig.

Personalisierte Kommunikation ist das A und O des Marketings. Sie basiert häufig auf konkreten Wissen über das Gegenüber, welches anhand von messbaren Interaktionen mit der jeweiligen Marke entsteht. Diese Messbarkeit wird jedoch durch verschiedene Entwicklungen aufseiten des Gesetzgebers und der Browser-Anbieter in Zukunft stark eingeschränkt. Mit Blick auf die kommenden Veränderungen sollte man grundsätzlich die User-Ansprache auf der eigenen Seite klar von der Kommunikation darüber hinaus unterscheiden, meint Sascha Becker, Practice Lead Technology Consulting bei der Plan.Net-Tochter Future Marketing.

Bild: Future Marketing Sascha Becker, Future Marketing

Während Onsite-Use-Cases durch den Wegfall von Third-Party-Cookies und Blocking-Maßnahmen weniger betroffen sind, wirken sie sich auf Offsite-Kommunikation deutlich restriktiver aus: “Für Offsite-Use-Cases wird sich die Menge verfügbarer Daten stark reduzieren und es müssen in Zukunft verstärkt auch Daten ohne Nutzerbezug, wie beispielsweise kontextuelle Daten, wieder genutzt werden. Die resultierenden Nutzerströme können wiederum Onsite erfasst und ausgewertet, die Erkenntnisse Offsite umgesetzt werden.” Die Messbarkeit wird sich demnach stark in Richtung Onsite verlagern, da nur hier noch Daten in ausreichender Menge und auch konsistent verfügbar sind, so der Berater.

Voraussetzungen für personalisierte Onsite-Ansprache

“Onsite ist zunächst die korrekte technische Implementierung der datenerhebenden Systeme Voraussetzung, zum Beispiel in einem Tag Management mit gut strukturiertem Data Layer, ebenso eine First-Party-Implementierung sowie auch die Wahl der eingesetzten Systeme selbst”, erklärt Becker weiter. “So kann unerwünschtes Blocking verhindert oder minimiert werden und es ermöglicht Nutzerströme auszuwerten und Erkenntnisse zu gewinnen.”

Für die Datenverarbeitung Onsite – die Becker zufolge letztlich die Grundlage für die Kommunikation Offsite legt – darf ein Faktor nicht außer Acht gelassen werden: die Nutzereinwilligung. “Die Kunden-Einwilligung wird in den Mittelpunkt der Unternehmensstrategie aufgenommen,” ist sich auch Stefan Santer, Account Executive von Didomi, sicher. “Apple macht das bereits seit vielen Jahren vor und hat sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil in einem hoch kompetitiven Markt gesichert. Nun folgen immer mehr Unternehmen dieser Strategie. Wir sehen das etwa verstärkt im E-Commerce oder in der Automobil- und Bankenbranche”, weiß der DSGVO-Experte. Die technologische Infrastruktur für die Einholung der Nutzereinwilligungen, um die Daten verarbeiten zu dürfen, schafft wiederum eine Consent-Management-Plattform (CMP).

Wie die Marketer den Consent zur Personalisierung ihrer Marketing-Maßnahmen am effektivsten einholen, ist abhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell, meint Dirk Klose, Geschäftsführer der Digital-Unternehmensberatung Skill Projects. “Beste Erfolge erzielt man mit relevanten begleitenden Maßnahmen, passend zum Produktportfolio.” So könnte eine Marke aus dem Telko-Bereich etwa mit zusätzlichem Datenvolumen für die Consent-Erteilung locken und eine Brand aus dem Retail-Sektor mit kostenlosem Versand, Gutscheinen oder ähnlichem.

Bild: Didomi Stefan Santer, Didomi

“Wichtig ist zu verstehen, dass User ihre personenbezogenen Daten nicht freiwillig hergeben wollen”, betont Stefan Santer. “Es handelt sich vielmehr um eine Art Tauschgeschäft – Daten gegen Mehrwert. Unternehmen müssen sich also stärker überlegen, wie sie Mehrwert schaffen, um mehr Daten beziehungsweise Opt-ins zu erlagen. Zielgenauer Content, der Mehrwert schafft, kann hier eine kosteneffektive Lösung sein.”

Ansonsten ist Santers Ansicht nach eine Stellschraube im Bereich UI/UX angesiedelt, also in dem “Look & Feel”, der Sprache sowie dem Zeitpunkt der Abfrage des Consents in der Customer Journey. Für das Feintuning eignet sich A/B-Testing besonders gut. Santer weist in diesem Zusammenhang auch auf das sogenannte Preference-Center hin. “Das Konzept des Präferenzmanagement basiert sehr stark auf dem Permission Marketing von Seth Godin – hier geht es darum, die Aufmerksamkeit der Personen zu gewinnen. Und dies nicht durch Störungen (Interruptions), sondern durch das Fragen der Personen, was ihnen Aufmerksamkeit schenkt.”

Im Endeffekt bestimmen aber immer noch die rechtlichen Vorgaben den Spielraum für eine ‘Optimierung’ im Sinne der Werbetreibenden und Vermarkter – und der wird weniger, stellt Sascha Becker von Future Marketing nüchtern fest.

Voraussetzungen für personalisierte Offsite-Ansprache

Bild: Skill Projects Dirk Klose, Skill Projects

Verlässt der Marketer dann die eigene Seite und möchte einen User in einem anderen Umfeld ansprechen, reicht eine CMP allein nicht aus, erklärt Dirk Klose von Skill Projects. “Grundsätzlich muss eine TCF v2 konforme CMP im Einsatz sein (Transparency and Consent Framework 2.0, Anmerkung der Redaktion). Darüber hinaus ist es elementar, sich frühzeitig um das zukünftige ID-Management zu kümmern. Hier ist extrem wichtig, dass man sich als Werbetreibender für einen Partner entscheidet, der im Tech-Ökosystem bereits etabliert ist, um bestehende Martech- und Adtech-Lösungen weiterhin uneingeschränkt nutzen zu können.” Hier muss demnach ein Partner gewählt werden, der im Bestfall bereits bestehende Schnittstellen zu allen benötigten Technologien besitzt.

“Offsite werden neue Technologien zum Einsatz kommen, um einen Mediaeinkauf ohne Nutzerdaten außerhalb der Walled Gardens betreiben zu können”, glaubt auch Becker. “Die neu entstehenden ID-Netzwerke können Teil der Lösung sein, lösen aber nicht das ganze Problem. Kein einzelnes System und keine isolierte Lösung werden künftig vollumfänglich Nutzerdaten auf allen Ebenen bereitstellen können. Der Mediaeinkauf wird entsprechend wieder vielfältiger werden und sich in Teilen von Nutzerdaten lösen”, prognostiziert der Tech-Experte.

Stefan Santer von Didomi sieht großes Potenzial in sogenannten “Data Clean Rooms”, um die eigens gesammelten Daten für die personalisierte Kommunikation von Marketing und Sales sowie deren weiteren Aktivitäten nutzbar aufzubereiten. “First-Party-Daten werden die neuen Third-Party-Daten im Marketing”, so der Rechts-Spezialist. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass Consent nicht gleich Consent ist, denn die Einwilligungen müssen explizit für die jeweiligen Verarbeitungszwecke eingeholt werden.

Dirk Klose betont: “Als Werbetreibender ist es essenziell wichtig, den Consent für die Bereiche ‘Marketing, Analyse und Measurement’ zu erhalten, um auch zukünftig weiterhin personalisiert werben zu können”. Welcher Consent dann vorliegt und die Aktualisierung der damit verknüpften Daten übernimmt in der Regel die CMP selbst bei jedem Kontakt mit einem Nutzer. Für komplexere Stacks können auch zentrale Privacy-Management-Lösungen oder Customer-Data-Plattformen (CDP) eingesetzt werden, um Daten aktuell und nachweisbar vorzuhalten, ergänzt Sascha Becker.

In der Branche wird seit dem Aufkommen der Datenschutz-Grundverordnung viel über Logins diskutiert, denn so kann einerseits der Consent abgefragt (rechtlicher Aspekt) und andererseits das Problem mit der Identifikation des Users (technischer Aspekt) gelöst werden. Hinken Marken ohne eigenen Login-Bereich künftig ihrem Wettbewerb hinterher?

“Grundsätzlich sollte die Authentifizierung der Nutzer im Fokus stehen. Das muss nicht zwingend via Login erfolgen, ist aber natürlich von Vorteil”, erklärt Klose. “Primär wird aber ein eindeutiger Identifier für einen Nutzer oder ein Device benötigt, um Omnichannel-Aktionen weiterhin möglich zu machen. Der Consent steht dabei natürlich immer an erster Stelle, gefolgt von einer ID-Management-Lösung, die es dem Werbetreibenden ermöglicht, kanal- und geräteübergreifend personalisierte Marketing-Maßnahmen auszuspielen.”

Sascha Becker hält ebenfalls dagegen: “Ein solcher Ansatz wird nur für große Publisher mit einem relevanten Inhalt überhaupt umsetzbar sein und auch hier nicht flächendeckend. Für Advertiser ist dieser Ansatz in vielen Fällen eine problematische Option, wenn sich ein Nutzer zum Beispiel über ein Produkt informieren will und sich dafür einloggen soll”. Dennoch wird laut des Technologie-Profis ein Teil des zukünftig verfügbaren und programmatisch nutzbaren Mediainventars aus den Login-Bereichen großer Publisher mit entsprechend hoher Datenqualität kommen – auch wenn sie ohne innovative kommunikative und mehrwertstiftende Ansätze nicht umsetzbar sind. “Eine First-Party-Daten- und ID-Strategie ist die entscheidende Aufgabe der nächsten 12 bis 18 Monate für Publisher und Advertiser”, schließt Becker.

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