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MOBILE

Mobile-Only-Audiences im Visier der Advertiser

Karsten Zunke, 4. Januar 2021
Bild: Adobe Stock

Nicht erst das Homeschooling brachte es zum Vorschein: Viele Privathaushalte haben keinen Zugang zum Internet per PC oder Laptop, Smartphones sind hingegen in der Regel vorhanden, insbesondere bei den Schülern. In vielen Ländern Afrikas, aber auch in Indien oder Indonesien, liegt der Anteil von Mobile-Only-Audiences über der 60-Prozent-Marke. Hierzulande ist der Anteil deutlich niedriger, aber trotzdem relevant. Gleichzeitig bietet diese Zielgruppe Merkmale, die für Werbetreibende hochinteressant sind.

Bild: Netzwerkreklame Wolfgang Thomas, Netzwerkreklame

„Laut der neuesten Best4Planning-Analyse gibt es knapp 5 Millionen Menschen über 14 Jahren in Deutschland, die zwar über Smartphones und Tablets im Internet surfen, aber in ihrem Haushalt keinen PC oder Laptop für die klassische Desktop-Nutzung zur Verfügung haben“, sagt Wolfgang Thomas, Inhaber von Netzwerkreklame. Die Hamburger Media-Agentur hat sich für Adzine die Mobile-Only-Zielgruppe etwas genauer angeschaut. Da die B4P nur Nutzer über 14 Jahren abbildet, ist dieser Personenkreis unter Einbeziehung der jüngeren Kinder wahrscheinlich noch größer.

Wetter und News bei Mobile-Only gefragt

Der Auswertung zufolge verteilt sich diese Zielgruppe grundsätzlich über alle Altersklassen, wobei sowohl die 20- bis 29-Jährigen wie auch die 60- bis 69-Jährigen überproportional vertreten sind. „Bei den Jüngeren liegt dies wohl eher an der klaren Fokussierung auf mobile Plattformen bei sehr hoher Online-Nutzung, während die Älteren für eine gelegentliche Recherche von Bahnverbindungen, Wetter oder E-Mails ein Smartphone reicht und die berufliche Nutzung im Hintergrund steht“, so Thomas. Die Mobile-Only-Zielgruppe ist mit 55 Prozent leicht überdurchschnittlich weiblich, mit 35 Prozent sind Großstadtbewohner sogar etwas überproportional vertreten. Das Haushaltsnetto-Einkommen ist leicht unterdurchschnittlich, was sich laut Thomas über den höheren Anteil von Schüler und Studenten erklären lässt.

Um die Mobile-Only-Zielgruppe effizient anzusprechen, hilft ein Blick auf ihr Nutzungsverhalten. Der Analyse von Netzwerkreklame zufolge sind in dieser Zielgruppe Wetter- und News-Apps besonders beliebt, auffällig ist auch das Interesse an den Themen Reisen & Lifestyle. Eher unterdurchschnittlich ist die Nutzung von Spielen, Chats sowie Social Networks. 68 Prozent der Zielgruppe ist täglich online, was ziemlich genau den Durchschnitt der Deutschen abbildet. „Durch das relativ breit gefächerte Themenspektrum bieten sich neben Suchmaschinen auch Programmatic und Native Advertising an, während Social Media je nach Altersgruppe stark differiert“, erläutert Thomas.

Botschaften richtig transportieren

Bild: Squarelovin Benedict Stöhr, Squarelovin

Viele Unternehmen haben bereits gute Erfahrungen mit Mobile-Only-Zielgruppen gemacht. Laut Benedict Stöhr, CEO & Co-Founder von Squarelovin, funktioniert eine visuelle Ansprache dieser Zielgruppe sehr gut. Wer nur auf einem mobilen Gerät – mit wenig Darstellungsfläche und oft in Bewegung – Online-Angebote nutzt, muss Informationen schnell aufnehmen können. Menschen können Bilder im Schnitt 60.000-mal schneller verarbeiten als Text. „Entsprechend ist relevanter Bild- und Video-Content ein unverzichtbares Asset im Media-Mix für die Mobile-Only-Zielgruppe “, sagt Stöhr. Insbesondere Inhalte, die von den Nutzern selbst generiert werden, gelten als authentisch und glaubwürdig. Visueller User Generated Content, in Form von Instagram-Beiträgen beispielsweise, hält aber erst langsam Einzug in der deutschen Marketinglandschaft.

Nach den Erfahrungen von Dino Bongartz, CEO The Adex, ist die Mediennutzung der Mobile-Only-Zielgruppe auch deutlich ortsungebundener, zum Beispiel Fernsehen oder Radiohören beim Warten an der Bushaltestelle oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Im Vergleich zu den typischen Peaks abends bei der TV- oder Desktop-Nutzung sei die Nutzung mobiler Geräte über den ganzen Tag sehr ausgeprägt. Ein wesentlicher weiterer Vorteil: Die Erfassung der Profilierungsdaten ist genauer und spezifischer als in anderen Medien. „Dadurch steigt auch die Affinität der Nutzer zur Werbung, da sie sich deutlich häufiger angesprochen fühlen, weil es den Interessen oder dem aktuellen Intent entspricht“, sagt Bongartz. Nachteil in der Mobile-Only-Aussteuerung wiederum ist der kleine Screen, der es schwierig macht, umfangreichere Botschaften und Emotionen zu transportieren. Hier muss Werbung spezifisch für diesen Screen adaptiert werden.

Den richtigen Media-Mix finden

Doch Mobile-Only-Nutzer können nicht nur auf dem Smartphone erreicht werden: Auch TV, Radio, Print oder DOOH sind mögliche Werbekanäle. Ein allgemeingültiger Media-Mix lässt sich für die Mobile-Only-Zielgruppe nicht ohne weiteres ableiten. „Es wird allerdings deutlich, dass auf mobile Media in Kampagnen nicht verzichtet werden sollte, da ansonsten die Gefahr besteht, dieses Potenzial von ca. 8 Prozent aller Onliner nicht zu erreichen“, sagt Thomas. „Mobile-spezifische Werbemittel sowie schnelle, responsive Landing Pages sind daher Pflicht.“ Da die Conversion Rate für viele E-Commerce-Prozesse nach wie vor Mobile etwas schwächer ist als bei Desktop, rät der Media-Experte, auf eine entsprechende Reduktion der TKP- und Klickpreise zu achten. Durch das hohe Angebot und durch den Trend zur mobilen Mediennutzung werden in vielen Medien und Zielgruppen die mobilen Kontakte ohnehin noch günstiger gehandelt.

Bild: Oxid Esales Nicole Lipphardt, Oxid Esales

Nach Einschätzung von Nicole Lipphardt, Content Marketing Managerin bei Oxid Esales, muss ein Media-Mix für Mobile-Only-User „fast zwangsläufig auf Mobile Programmatic Advertising setzen.“ Auf diese Weise ist es möglich, den Nutzer im kaufentscheidenden Moment seiner individuellen Customer Journey zu erreichen, was Streuverluste deutlich minimiert. „Gerade weil Apps und Smartphones Hand in Hand gehen, sind Werbetreibende damit so nahe am Kunden wie irgend möglich.“ Die Kanäle können auch nach Einschätzung Lipphardts vielfältig sein: vom Nischenmarktplatz für ein bestimmtes Segment, über Apps, Social-Media-Plattformen, Online-TV oder Musik-Streaming-Dienste, beim Konsum von Videos bis hin zu lokalen, standortbasierten Services um die Ecke. Gleichzeitig generiert das Smartphone immer mehr Daten, mit denen die Zielgruppenansprache verbessert werden kann.

Mobile weiter auf dem Vormarsch

Bild: The Adex Dino Bongartz, The Adex

Aktuell arbeiten technische Lösungen zur Adressierung von Mobile-Only-Audiences vor allem mit drei Datenbestandteilen: der ID, in diesem Fall der mobilen Ad ID, dem Consent, also der Zustimmung der Nutzer, und den gewünschten Zielgruppenattributen wie Interesse oder Intent. Laut Bongartz sind die Bewegungsdaten der Nutzer besonders gefragt, da sich daraus viele interessante Insights genereller Natur (z.B. besucht Fußballspiele, sportaffin), aber auch situativer Natur (befindet sich im Umkreis von 50 Metern zu einem Geschäft) ableiten lassen. „Daten wie der Besuch in einem Baumarkt oder einem Mediafachmarkt lassen sich aktuell nur über mobile Devices in größerer Reichweite generieren“, sagt Bongartz. Deutlich stärker als die Mobile-Only-Ansprache wachse allerdings die Cross-Media-Nutzung von mobilen Audiences, so der Experte.

Nichtsdestotrotz dürfte die Mobile-Only-Zielgruppe weiter in das Interesse der Marketer rücken. Der Desktop-PC ist in vielen privaten Haushalten mittlerweile ein Auslaufmodell. Tablets und Smartphones hingegen nicht. Sie sind aufgrund des kurzen Nutzungszyklus und mehrerer Familienmitglieder oft sogar mehrfach vorhanden. „Insbesondere die jüngere Zielgruppe nutzt teilweise ausschließlich mobile Endgeräte. Mobile-First wird weiterhin also mehr und mehr an Bedeutung gewinnen“, ist Torsten Oppermann, Managing Director MSM Digital, überzeugt. Er rät Werbungtreibenden dazu, ihre Kommunikation zusätzlich auf das Medium, das Nutzerverhalten und die Screen-Größe anpassen, um dem Nutzer eine angenehme und holistische User Experience zu bieten. Denn fest steht: Der Mobile-Trend wird sich nicht mehr umkehren. Das zeigt auch ein Blick auf das Bildungssystem. An vielen Schulen werden Tablets an die Schüler verteilt, keine Laptops oder gar Desktop-Rechner. Damit ist der Weg vorgezeichnet, auch für das Marketing.

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