Beratung, User-Fokus und Umfeld – Worauf es bei Digitalwerbung wirklich ankommt
Nicolas Poppitz, 23. Dezember 2020Trotz Lockdown und verunsicherten Verbrauchern verzeichnen die Ausgaben für Online-Werbung in Deutschland in diesem Jahr immerhin noch ein Plus von 0,8 Prozent. Digitale Werbung ist also weiterhin wichtig. Und dennoch hat die Branche noch immer Herausforderungen zu meistern, wie beispielsweise die hohe Adblocker-Rate als Reaktion auf störende Ads. Also Anzeigen, die automatisch Ton abspielen, oder aufdringliche Pop-ups, die das User-Erlebnis stören. Wer als Werber weiterhin auf solche Formate setzt, hat zum einen die Nutzerbedürfnisse nicht verstanden und stellt zum anderen den User auch nicht an erste Stelle.
Das ist einer der größten Fehler bei der Entwicklung von digitalen Werbeerlebnissen und eine der für mich wichtigsten Lehren aus den vergangenen Jahren. Vor fast sechs Jahren fing ich bei Teads an. Mittlerweile bin ich Managing Director und habe in dieser Zeit gelernt, worauf es bei guter digitaler Werbung wirklich – abseits von KPIs und Co. – ankommt. Das sind meine fünf wichtigsten Erkenntnisse:
1. Der User muss an erster Stelle stehen
Man könnte meinen, dass die Aufforderung, endlich den Nutzer in den Fokus zu setzen, ein alter Hut ist. Das scheint aber immer noch nicht bei allen angekommen zu sein. Der beste Beleg dafür: die Adblocker-Quote liegt in Deutschland laut OVK noch immer bei 23 Prozent. Andere Quellen zeigen sogar noch weit höhere Werte. Als Branche verlieren wir uns zu häufig in unserem eigenen Jargon und beschäftigen uns viel nur mit den eigenen Problemen. Dabei vergessen wir, dass hinter jedem Cookie und jeder Benutzer-ID eine Person steckt. Wenn wir dieser nicht mehr den nötigen Respekt entgegenbringen, wird es in ein paar Jahren keine Möglichkeit mehr geben, sie zu erreichen. Die langfristige Nachhaltigkeit des Medien-Ökosystems hängt davon ab, dass wir die Nutzer respektieren und ihnen höfliche aber ansprechende Werbeerfahrungen bieten.
2. Werbung ist wichtig, auch in Krisenzeiten
Die Corona-Pandemie hat uns in diesem Jahr schmerzlich vor Augen geführt, dass alles anders kommen kann als geplant. Als erste Reaktion auf den Lockdown froren viele Advertiser erst einmal ihre Werbebudgets ein – ein Schritt, der in Krisenzeiten jedoch nicht ratsam ist. Werbungtreibende verspielen so nicht nur ihre Präsenz bei den Verbrauchern und damit ihre Brand Awareness. Sie nehmen sich auch die Möglichkeit, auf die veränderten Bedürfnisse der Konsumenten einzugehen.
3. Gute Werbung funktioniert auch abseits der Walled Gardens
Immer wieder flammt die Diskussion darüber auf, wie nachhaltig das Werben innerhalb von Walled Gardens ist. Mittlerweile sollte aber klar sein, dass sich diese Investitionen nicht unbedingt lohnen. Neben den immer wiederkehrenden Problemen mit Hate Speech und Markensicherheit, steht auch die Reichweite in keinem Verhältnis. Abseits von den geschlossenen Systemen hat sich mit dem kuratierten Internet ein digitales Ökosystem entwickelt, das eine sichere Alternative darstellt. Hierbei kommen Qualitäts-Publisher zusammen, die Werbeplätze in professionell produzierten, redaktionellen Umfeldern bereitstellen. Es existiert kein wirklicher Grund mehr, große Teile des Budgets in Walled Gardens und dessen User Generated Content zu stecken.
4. Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden
Die Technologie ist in den vergangenen Jahren reifer und effizienter geworden. So unterstützt der Einsatz von Algorithmen bei der Werbeausspielung Werbungtreibende dabei, passendes Inventar zu finden und verfeinert das Targeting. Digitale Werbung ist dadurch noch besser geworden. Allerdings verdeutlichen die jüngsten Herausforderungen, dass das Rad nicht andauernd neu erfunden werden muss. Das Aus von Third-Party-Cookies bereitet der Branche zwar noch immer Kopfzerbrechen, aber die Weiterentwicklung des nicht ganz neuen Konzepts des kontextuellen Targetings scheint eine vielversprechende Antwort zu sein – in Verbindung mit neuer Technologie.
5. Beratung ist notwendig
Wie schon zu Beginn erwähnt, steht die digitale Werbebranche diversen Herausforderungen gegenüber. Es wird schwieriger, Nutzer über unterschiedliche Kanäle anzusprechen und dabei eine gleichbleibende Qualität sicherzustellen. Noch immer existieren Werbungtreibende, die beispielsweise nicht verstanden haben, dass Online-Videowerbung anders funktioniert als TV-Spots und das auch digitale Werbemittel für mobile Endgeräte optimiert werden müssen. Insgesamt stieg die Komplexität des digitalen Werbeökosystems enorm: verschiedene Targeting-Optionen, abweichende Messmethoden sowie Qualitätsstandards. Dadurch hat in den vergangenen Jahren die Beratungsleistung zugenommen. Es ist enorm wichtig, seine Kunde abzuholen, weshalb besonders Technologieunternehmen einen stärkeren Fokus auf Beratungskompetenzen setzen müssen.
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