Connected TV (CTV) wird in Deutschland zunehmend interessant für Werbetreibende. Der programmatische Zugang ist in anderen Märkten wie USA oder Großbritannien zwar schon deutlich fortgeschrittener, doch auch hierzulande eröffnen sich Advertisern vermehrt Möglichkeiten, in diesem Umfeld präsent zu sein. Die Anbieter rufen die Mediaeinkäufer zum Testen auf, geben aber gleichzeitig zu, dass noch einige Baustellen existieren. Das fängt schon damit an, dass die meisten Unternehmen zwar durchaus bereit sind CTV auszuprobieren, aber gar nicht verstehen, was eigentlich dahintersteckt.
CTV-Experte Freewheel versuchte in einer gemeinsamen Masterclass mit ADZINE an dieser Stelle anzusetzen und Aufklärungsarbeit zu leisten. Das Adtech-Unternehmen gehört zum US-Medienkonzern Comcast und betreibt sowohl eine Supply-Side-Plattform (SSP) als auch einen Adserver für Video-Werbung im CTV-Umfeld.
Zunächst stellten die Fachleute klar, was unter CTV fällt: Neben Smart TVs sind damit angeschlossene Konsolen und sämtliche Geräte, die Fernseher “smart machen”, wie Sticks und andere Set-Top-Boxen gemeint. Dies bedingt wiederum, dass zwar Targeting nach Plattform und Zielgruppen möglich ist, denn der Nutzer loggt sich durchaus in dortige Apps ein. Es können aber keine Drittdaten aus der Web-Umgebung mit eingebracht werden, denn ein Cookie hat in der CTV-Umgebung nie existiert, wie Tanno Krauß, Head of Demand Sales DACH von Freewheel, erklärt.
Überhaupt sei Messbarkeit und Auswertung unter den großen Baustellen, die es zu lösen gilt. Eines sei aber sicher: Der Kanal punktet mit hohen Completion Rates von durchschnittlich 97 Prozent. An erster Stelle gehe es jedoch darum, Verständnis in den Unternehmen zu schaffen. Dafür seien Cases notwendig, die wiederum sehr rar sind. Vodafone möchte daran etwas ändern, wie Franziska Brückner, Senior Digital Media Manager bei Vodafone, verrät.
Erster CTV-Case von Vodafone am Horizont
Brückner ist Teil des Programmatic-Teams, mit dem sich Vodafone Fachwissen über Programmatic Advertising ins eigene Haus geholt hat. Der Telko-Riese setzt hier fast ausschließlich auf Bewegtbild-Werbung und plant, CTV in die eigene Strategie mit einzubinden. “Wir wollen CTV nach und nach in die Kampagnen integrieren und überprüfen, ob es einen Mehrwert stiften kann”, so Brückner. Einen ersten Test soll das Bewerben eines Entertainment-Pakets darstellen, das auch Streaming-Angebote beinhaltet. Vodafone denkt so eine technikaffine Zielgruppe direkt auf der Plattform erreichen zu können, für die das Produkt gedacht ist.
Brückner weist ebenfalls auf den bislang fehlenden Rückkanal hin, der Erfolgsmessung anhand von Klicks oder Besuchen unmöglich macht. Einen Workaround soll eine Studie darstellen, die parallel zur Kampagne nach Produkt-Awareness, -Consideration und Kaufabsicht fragt.
CTV im Upper Funnel stark
Und wo könnten die Vodafone-Spots in Deutschland konkret laufen? Eine Möglichkeit wäre Pluto TV. Die US-Streamingplattform kommt global auf 36 Millionen Nutzer, ist kostenlos für die User und finanziert sich durch Werbung. Jan Vorndamm kümmert sich um den Ausbau von Vermarktungspartnerschaften für Pluto TV in Europa und ist überzeugt davon, dass CTV insbesondere im oberen Funnel erfolgreich ist. “CTV kann auch Performance, aber auf breiter Front können dort Geschichten erzählt werden, mit langen, emotionalen Spots.”
Damit Advertiser das Potenzial von CTV jedoch voll ausschöpfen können, muss noch an diversen Stellen nachgebessert werden. “UK ist Deutschland um einiges voraus, was den hohen Programmatic-Anteil betrifft”, so der Hamburger. Auch bei der digitalen Überlagerung von Werbeblöcken oder kontextuellen Intelligenz sei man dort sehr viel weiter. Um aufzuholen, müssen hierzulande vor allem Kollaborationen eingegangen und einheitliche Standards geschaffen werden. “Die Fehlertoleranz bei den Werbeblöcken geht gegen null”, meint Vorndamm. Die nahtlose Auslieferung der Ad Pods sei daher sehr wichtig. Eine weitere Baustelle für 2021: Ad Verification. Denn wo Geld ist, sei auch Fraud.
Kollaborationen sind gefragt
Neben dem eher Startup-angehauchten Pluto TV komplettierte mit Sky ein etablierter Broadcaster die Runde. Sky Media ist der hauseigene Werbevermarkter von Sky Deutschland, der sich auf Instream-Werbung, insbesondere Prerolls und Sponsorships, fokussiert. Das Herzstück dabei ist die Set-Top-Box Sky Q, die das gesamte inhaltliche Portfolio des Broadcasters umfasst, erklärt Rainer Grosch, Director Business Development von Sky Media Germany. Er sieht die Stärke von CTV in der Qualität der Kontakte. “Das ist alles Premium und wir haben echte Menschen in einer Lean-Back-Situation vor dem Big Screen sitzen”, so Grosch.
Die CTV-Umgebung bringe jedoch gewisse Einschränkungen mit sich. Grosch nennt neben der Messbarkeit noch weitere technische Hürden. Beispielsweise brauche die Werbung bei Sky ein bestimmtes Dateiformat, das von Freewheel extra umgewandelt wird. Auch er plädiert für mehr Kollaboration und technische Standards, damit CTV in Deutschland noch mehr an Fahrt gewinnen kann.
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