Addressable TV klang lange Zeit wie Zukunftsmusik und wird doch immer mehr Realität. Für die Werbebranche kann die gezielte Aussteuerung von digitalen Werbemitteln im TV-Umfeld ungeahnte Potentiale bieten, denn trotz der starken Fragmentierung in der Mediennutzung der deutschen Bevölkerung bleibt Fernsehen weiterhin das größte audiovisuelle Medium. Eine neue Studie aus Großbritannien hat nun untersucht, wie sich Addressable TV (ATV) und reguläre Werbung im linearen Fernsehen unterscheiden, insbesondere in der Werbewirkung. Es zeigt sich, dass ATV deutlich besser performt.
Die Studie “Thinking Inside the Box” wurde vom britischen ATV-Anbieter Finecast in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen DRG und dem University College London durchgeführt. Ziel war es die Wahrnehmung der Zuschauer sowie der Branche hinsichtlich der sich verändernden TV-Landschaft in Großbritannien zu identifizieren. Darüber hinaus sollten die damit verbundenen Möglichkeiten für Werbetreibende und die Werbewahrnehmung von Addressable und klassischen TV-Werbeblöcken miteinander verglichen werden. Dazu führten die Studienmacher eine Reihe von Einzelstudien, Experimenten und Verbraucherumfragen durch. In der Online-Umfrage wurden so über 1.500 Briten befragt.
Die Werbewahrnehmung von ATV
Bezogen auf die Werbewahrnehmung zeigt sich so unter anderem, dass sich die Teilnehmer der Studie besser an Bilder aus ATV-Spots erinnern als an Spots aus dem linearen TV. 74 Prozent können sich hierbei genau an die gesehene ATV-Werbung erinnern, verglichen mit 68 Prozent für nicht-adressierbare Anzeigen. ATV performt hier also besser. Dies könnte etwa dadurch erklärt werden, dass die ATV-Spots auf bestimmte Zielgruppen zugeschnitten sind und bei diesen dann eine höhere Aufmerksamkeit generieren. Auch eine Erhebung von Sevenone Media zeigt ähnliche Ergebnisse.
Außerdem demonstrieren die Ergebnisse, dass die Größe des Bildschirms eine entscheidende Rolle bei der Werbeerinnerung spielt. Je größer der Bildschirm, desto besser werden die Spots im Nachhinein erinnert. Dies unterstreicht nochmals die Bedeutung von TV für die Bewegtbildwerbung.
Übergreifend betrachten die meisten Studienteilnehmer nicht mehr nur lineares Fernsehen als klassisches TV, sondern auch Video-on-Demand-Angebote. Dies schließt sowohl Broadcaster-Video-on-Demand (BVOD) als auch Subscription-Video-on-Demand (SVOD) mit ein. In Deutschland würde dies eher in den Bereich Connected TV (CTV) fallen.
Limitierungen der Studie für den deutschen Markt
Generell sind die Ergebnisse der Studie durchaus spannend, müssen aber kritisch betrachtet werden und sind nur limitiert für den deutschen Markt anwendbar. So wurde die Studie von einem ATV Provider in Auftrag gegeben, der natürlich seine eigene Agenda mit den Ergebnissen verfolgt. Anbieterstudien sind deshalb immer mit Vorsicht zu betrachten.
Weiterhin wird ausschließlich der Markt in Großbritannien untersucht. Dieser verhält sich jedoch anders als der deutsche Markt und gilt gemeinhin als weiter fortgeschritten bezüglich Technologien rund um Addressable TV. So ist das Schalten von Spots im ATV-Bereich in Deutschland bisher nur begrenzt möglich. Erste Ausspielungen in Form von sechssekündigen Bumper Ads erfolgten beispielsweise jedoch bereits über den RTL-Vermarkter und Adtech-Anbieter Smartclip. Die Spots wurden direkt nach dem Senderwechsel im linearen Programmumfeld ausgeliefert.
"Die Integration von ATV-Spots in das laufende Fernsehprogramm stellt natürlich eine größere Herausforderung dar als die Platzierung von Banner-Ads", erklärt Paul Mudter, COO des Vermarktungsbunds Ad Alliance, dem sich auch die RTL-Gruppe angeschlossen hat. "Über den Tech Stack von Smartclip stehen wir technisch bereits in den Startlöchern, den gesamten Werbeblock adressierbar zu machen. Wir befinden uns kurz davor, in den Regelbetrieb zu gehen. Mit Addressable TV erzielen wir mit unserem gebündelten Online- und CTV-Inventar der Ad Alliance – ganz unabhängig vom Werbeformat – schon jetzt eine beachtliche Reichweite sowie eine hohe Datenintelligenz."
Es bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung angenommen wird. Bis dahin wären handfeste Studien für Deutschland wünschenswert, die dabei helfen könnten, Aufklärungsarbeit zu leisten. Immerhin zeigen die Ergebnisse aus UK, welches Potential ATV auch in Deutschland für Werbetreibende entfalten könnte.
Der deutsche ATV-Markt
Für den deutschen Markt gibt es wie bereits angedeutet kaum belastbare Zahlen zum Thema Addressable TV. Sevenone Media liefert jedoch einen groben Überblick über den ATV-Markt in Deutschland, beziehungsweise seiner soziodemographischen Beschaffenheit. Demnach sind bereits über 12 Millionen Geräte via ATV zu erreichen. Weitere 17,7 Millionen Geräte gelten als adressierbar für Kampagnen aus dem Connected-TV-Umfeld (Streaming-Services & Co.). Dabei wird das Programm, das via ATV zu erreichen ist, von überwiegend jüngeren Menschen geschaut: 37 Prozent befinden sich in der Altersklasse 14 bis 29 Jahre, 26 Prozent sind zwischen 30 und 49 Jahre alt. Die Nutzer stammen laut Sevenone Media hierbei überwiegend aus einkommensstarken Haushalten.
Takeaways
- Eine Studie aus Großbritannien zeigt, dass sich die Teilnehmer besser an Bilder aus Addressable-TV-Spots erinnern, als an Spots im linearen TV. Die Werbeerinnerung ist hier deutlich höher.
- Außerdem demonstrieren die Ergebnisse, dass die Größe des Bildschirms eine entscheidende Rolle bei der Werbeerinnerung spielt.
- Die Studie ist für den deutschen Markt nur bedingt aussagekräftig, zeigt aber dennoch die Potentiale für Werbetreibende auf.
- In Deutschland sind laut Sevenone Media über 12 Millionen Geräte via ATV zu erreichen.
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