Awareness- und Traffic-Kampagnen im Display Advertising finden oftmals ihre Veredelung über entsprechende Retargeting-Maßnahmen für die bereits angesprochenen Nutzer. Doch was tun, wenn der Datenpool an “eingesammelten Nutzern” immer kleiner wird? Cookie-Banner, fehlende Nutzereinwilligungen und Entwicklungen auf Browser-Ebene erschweren derzeit das Tracking der User und sorgen dafür, dass Daten schwinden. Doch ein Teil eben dieser verlustigen Daten kann zur Aussteuerung und Optimierung von Retargeting-Kampagnen effektiv genutzt werden: der fehlende Consent.
Schon seit geraumer Zeit haben datengetriebene Werbeformen mit einer schwindenden Datenbasis zu kämpfen, allen voran die cookiebasierten Techniken. Speziell die Bildung von Nutzerpools für Retargeting, aber auch die Erfolgsmessung generell, werden immer schwieriger.
Ganz entscheidend sorgen die Restriktionen rund um die DSGVO und das Cookie-Urteil des EuGH dafür, dass immer weniger Daten für Retargeting sowie für die Performancekontrolle an sich zur Verfügung stehen. Darüber hinaus spielen natürlich auch Themen wie Cookie-Blocking der Browser eine immer größere Rolle. Egal ob Safari (ITP), Firefox (ETP) oder zukünftig auch Chrome – alle Browser werden über kurz oder lang per Standard Third-Party-Cookies blocken.
Der Haken bei allen Zukunftstechnologien
Unbestritten gibt es zahlreiche Ansätze, wie dieser Herausforderung zukünftig begegnet werden soll, denn die Tage der Cookies und damit auch aller alternativen Nutzeridentifizierungsmethoden wie Fingerprinting & Co. sind gezählt. Serverseitiges Tracking usw. sind heiß gehandelte Lösungen, allerdings, und das ist die aktuelle Herausforderung, sind diese (noch) nicht massenkompatibel verfügbar.
Derzeit sind Cookies der Standard und damit sollten wir so gut wie möglich umgehen. Aus der aktuellen Datenlage die optimalen Schlüsse zu ziehen, ist doch im Alltag trotz aller Zukunftsorientierung die echte Herausforderung.
Der blinde Fleck im Datenbild
All diese genannten Faktoren machen uns auf den ersten Blick auf dem einen Datenauge blind. Wir können einen Teil der Nutzer auf unserer Seite schlicht und einfach nicht mehr sehen, nachverfolgen und dementsprechend auch nicht wieder per Retargeting ansprechen.
Doch genau diesen blinden Fleck können wir uns zunutze machen.
Schritt #1: Nutzercluster bilden
Bei den ganzen negativen Auswirkungen, die die Implementation eines Cookie-Banners für unseren Datenpool mit sich bringen, so gibt es doch den einen ganz entscheidenden Faktor, den wir uns hier zunutze machen können: den klar definierbaren Zeitpunkt, ab dem der Banner Auswirkungen auf das Tracking hat – den Zeitpunkt des Einbaus.
Ab diesem Zeitpunkt teilt sich unser Datenbild in zwei Cluster:
- Cluster #1 enthält dabei alle Nutzer, die über den Cookie-Banner ihre Zustimmung zum Tracking erteilt haben.
- Cluster #2 umfasst alle Nutzer, die nicht getrackt werden wollen, also dem Cookie-Banner nicht zugestimmt haben.
Um nun beide Cluster für die Wiederansprache von Nutzern anwenden zu können, bilden wir an zwei Punkten Nutzerpools und kombinieren diese miteinander:
- Nutzerpool #1: alle Nutzer, die das Werbemittel geklickt haben (ist direkt im Adserver abbildbar, der Nutzerconsent ist auch hier Voraussetzung)
- Nutzerpool #2: alle Nutzer, die dem Tracking zugestimmt haben. Am ehesten lässt sich dieser Pool durch das Setzen einer Softconversion mit der Zustimmung des Cookie-Banners realisieren.
Kombiniert ergibt das Ganze nun Retargetinglisten, die optimal zur Wiederansprache verwenden werden können:
- RTA-Liste #1: Nutzer, die auf der Landingpage getrackt werden konnten, da sie ihren Consent gegeben haben (Nutzerpool #2 mit Tracking-Consent)
- RTA-Liste #2: Nutzer, die auf ein Banner geklickt haben, aber nicht auf der Landingpage getrackt werden konnten, da sie dem Cookie-Banner auf der Landingpage nicht zugestimmt haben (Nutzerpool #1 mit Klick auf Ad - Nutzerpool #2 mit Tracking-Consent)
Schritt #2: Nutzercluster Performance-Check
Um Rückschlüsse auf die grundlegende Performance beider Cluster zu ziehen, gehen wir noch einen Schritt weiter. Wir nutzen den oben genannten Vorteil der Cookie-Banner-Implementierung, also das Wissen um den Einbau-Zeitpunkt.
Es lässt sich ohne Weiteres die Performance der Cluster vor Implementation mit dem Vergleichszeitraum ab Implementation vergleichen. Wenn wir diesen Clustervergleich nun an verschiedenen Positionen der Website Journey vornehmen, lassen sich interessante Rückschlüsse auf die Cluster treffen.
Zwei einfache Beispiele, um dies zu verdeutlichen:
Nehmen wir an, dass der messbare Traffic auf der Landingpage in beiden Beispielen mit Implementierung des Cookie-Banners um 30 Prozent zurückgeht.
- Cluster #1 ist also für 70 Prozent des Traffics verantwortlich.
- Cluster #2 macht 30 Prozent des Traffics aus.
In beiden Fällen analysieren wir die Vergleichszeiträume zusätzlich noch in der Dimension der Conversions.
Für Beispiel 1 beträgt der Rückgang der gemessenen Conversions nach Implementation des Cookie-Banners lediglich 10 Prozent. Cluster #1 ist hier also für 90 Prozent der Conversions verantwortlich. Hier zeigt sich aufgrund des hohen Conversion-Anteils deutlich, dass der weiterhin trackbare Cluster überdurchschnittlich performant ist.
Beispiel 2 verhält sich komplett anders, hier gehen die Conversions um 80 Prozent zurück. Cluster #1 ist hier also für einen vergleichsweise kleinen Anteil von 20 Prozent der Conversions verantwortlich.
Diese Ergebnisse lassen konkrete Rückschlüsse auf die Performance beider Cluster zu. Während im Beispiel 1 der Performance-Fokus sicherlich ganz klar auf Cluster #1 liegt, könnte eine Wiederansprache der Nutzer in Cluster #2 im Zweifel sogar vernachlässigt werden. Bezogen auf Beispiel 2 wäre es ein klarer Fehler, Cluster #2 zu vernachlässigen, da ein relevanter Teil der Performance aus diesem Cluster kommt.
Neben dem Abgleich der Cluster aus Traffic- und Conversion-Ebene kann natürlich jeder einzelne Schritt in der Website Journey exakt so ausgewertet werden. Genau wie wir den Cookie-Consent als Softconversion gesetzt und mit dem Klick auf das Ad kombiniert haben, lässt sich auch jede andere Interaktion des Nutzers auf der Webseite ebenfalls als Softconversion definieren und nach dem gleichen Muster auswerten. Dem Detailgrad sind hier so gut wie keine Grenzen gesetzt.
All diese Nutzerpools lassen sich perfekt als Retargeting-Zielgruppe verwenden!
Fazit
Voraussichtlich wird es zukünftig komplett andere Lösungen geben, Nutzergruppen anzusprechen, Kampagnen gemäß Zielsetzung zu optimieren und das Ganze ohne den vielgescholtenen Datenschwund.
Aktuell gibt es diese massentaugliche Lösung allerdings noch nicht. Da helfen pragmatische Ansätze, das Problem nicht nur zu bewundern, sondern die Perspektive zu wechseln und aus dem Datenschwund Ableitungen für die Optimierung herzuleiten. Dieser Ansatz ist einer davon – denn Datenverlust soll nicht die Lust auf Display Advertising rauben!
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