Dmexco, Marketing...und Babywippen?
Anton Priebe, 30. Oktober 2020Dominik Matyka ist vor allem als Plista-Gründer und Chefberater der Dmexco in der Branche bekannt. Der Marketing-Experte unterstützt zahlreiche Unternehmen mit seinem Fachwissen, hat einen eigenen Wagniskapitalgeber aufgebaut und gründet auch persönlich munter weiter. Darüber hinaus kann der promovierte Wirtschaftswissenschaftler mittlerweile auf einen Professorentitel zurückblicken. Im Interview mit ADZINE spricht Matyka über die diesjährige Digitalmesse, seinen Bildungsauftrag und sein neuestes unternehmerisches Projekt.
ADZINE: Hallo Dominik, du ziehst seit 2018 die Strippen der Dmexco, die dieses Jahr – Corona sei Dank – das erste Mal rein digital stattfinden musste. Ein Monat ist schon wieder rum, wie verlief die Veranstaltung im Rückblick?
Dominik Matyka: Wir sind sehr glücklich, wie alles verlief. In nur drei Monaten ein Event in dieser Größe samt Technik auf die Beine zu stellen, war sehr herausfordernd. Zeitgleich wissen wir, an welche Teilbaustellen wir nochmals ran müssen – die letzten vier Wochen schreiben wir quasi nonstop User Stories in Jira.
ADZINE: In welchen Bereichen müsst ihr besser werden?
Matyka: Eigentlich in allen. Wenn wir diesen Anspruch nicht hätten, würden wir uns, wenn überhaupt, nur im Kreis drehen. Wir wollen, müssen und werden alle unsere Learnings einarbeiten, um die Experience sowie den ROI unserer Besucher und Kunden noch weiter zu verbessern. Dazu gehören die Erfahrungen, die wir mit Blick auf Mobile, User Onboarding, Conversion Funnel Optimierung – zum Beispiel aus Conference zu Videocall oder Meeting – gemacht haben.
ADZINE: Neben dem Stress um die Dmexco hast du aber scheinbar noch Zeit gefunden, deinen Titel als Professor zu erwerben. Was steckt dahinter?
Matyka: Ich wurde bereits vor über einem Jahr aktiv angesprochen, ob ich mir nicht eine Professur vorstellen könne. Viele berufliche und private Entwicklungen der letzten Monate haben mir nochmals verdeutlicht, dass ‘digitale Bildung’ in der Zukunft Treiber unseres Wohlstands wird. Ich trage nun als Professor an der XU Exponential University of Applied Sciences in Potsdam dazu bei.
ADZINE: Seit dem Verkauf von Plista hast du erneut gegründet und bist auch weiterhin als Investor aktiv. Woran arbeitest du gerade als Unternehmer?
Matyka: Ja, ich hatte Goodwords, eine Referenz-Checking-Plattform, ins Leben gerufen und an Lumesse beziehungsweise Saba verkauft sowie Cavalry Ventures mitgegründet, einen Frühphaseninvestor mit derzeit etwas über 100 Millionen Euro AUM (verwaltetes Vermögen a.d.R.) und einem Portfolio von drei Dutzend Beteiligungen. Daneben sitze ich im Board einiger Unternehmen und helfe mit meinem Wissen und Netzwerk. Gerade arbeite ich auch in und an der 1st Baby GmbH, die als erstes Produkt Bobby auf den Markt gebracht hat. Bobby macht aus jeder Babyschale eine automatische Wippe.
ADZINE: Das klingt fernab des Digitalen, aber bei Bobby bist du sicher als frisch gebackener Vater mit Herzblut dabei, oder?
Matyka: So frisch gebackener Vater bin ich gar nicht. Mein Sohn war der Ideengeber vor drei Jahren, meine Tochter, die gerade eins wird, war der ‘Testuser’. Und ja, ich bin mit Herzblut dabei. Das betrifft nicht nur das Produkt Bobby per se, sondern auch das Vertical Commerce im Speziellen. Bobby, unser erstes Produkt, wurde als D2C-First-Firma ausgerichtet und die Learnings, die ich genommen habe, und die Chancen, die vertikalisierte D2C-Firmen bieten, sind immens. Daher macht es sehr viel Spaß. Aus der Positionierung heraus wird spätestens dann auch deutlich, dass ‘Digital’ einen Großteil unserer Wertschöpfungskette darstellt.
ADZINE: Und digital ist dann auch eure Marketingstrategie, nehme ich an? Wie seid ihr dort aufgestellt, insbesondere im Advertising?
Matyka: Korrekt, unter anderem Marketing. Wir haben uns initial dazu entschieden, nur über den eigenen Shop zu verkaufen, obwohl wir von mehr als hundert Händlern und Distributoren kontaktiert wurden. Amazon haben wir zwar ready-to-take-off, schalten diesen aber noch nicht an. Wir testen gerade zahlreiche Kanäle, von Google bis hin zu zahlreichen Social-Media-Plattformen sowie Partnerships mit Parenting-Verlagen oder Influencern. Vieles machen wir inhouse, bei anderen Themen werden wir unterstützt von Dmexco-Partnern wie More+Fire oder Intermate Media. Spätestens dann wurde mir nochmals deutlich, welche intellektuelle Power unsere Dmexco-Aussteller mit an den Tisch bringen. Dafür bin ich sehr dankbar.
ADZINE: Worin liegt für dich persönlich die Herausforderung bei der Vermarktung des Produkts?
Matyka: Wir unterteilen unsere Herausforderungen in mehr klassische Themen rund um Gross Margins, Conversion Rates, CLVs, CAC sowie natürlich Traffic-Flows und Churn Rates. Ein Tool, an wem wir wiederum auch mit Cavalry beteiligt sind, welches wir gerade aufsetzen, um mehr Real-time actionable Insights für Marketing zu erhalten, ist Clarisights – ich kann sicherlich in einigen Monaten mehr dazu erzählen.
Daneben haben wir ganz ‘spezielle’ Herausforderungen, die auch zeitgleich wiederum Chancen darstellen, wie die Tatsache, dass wir als Produkt nur in Verbindung mit einer Babyschale funktionieren, ähnlich wie eine Handyhülle ohne Handy keinen Value hat. Auch wenn wir natürlich sehr CPO-getrieben denken und arbeiten, dürfen wir nicht die Tatsache ignorieren, dass wir ein einzigartiges Produkt auf den Markt gebracht haben, welches es in dieser oder ähnlichen Form noch nicht gab. Der Vorteil vieler Innovationen wie unserem Bobby ist zugleich ein Nachteil – wir müssen unseren Kunden erst einmal erklären, was Bobby ist und wieso es ihn gibt.
ADZINE: Vielen Dank für das Interview, Dominik!