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Apple-Consent zum Tracking: App-Marketing-Apokalypse oder nicht?

Anton Priebe, 7. Oktober 2020
Bild: Sigmund – Unsplash

Apple plant das Tracking innerhalb von Apps auf seinen mobilen Geräten einzuschränken. Eine neue Datenschutzfunktion fragt ab kommenden Frühjahr für jede App einzeln ab, ob der Zugriff auf die Apple-ID gestattet werden soll. Diese macht das Sammeln und die Nutzung von Informationen über die User auf iPads und iPhones überhaupt erst möglich. Einige Marktteilnehmer sehen darin einen dramatischen Wendepunkt für die Werbeindustrie, andere geben sich entspannt. In den USA formulierten mehrere Organisationen und Verbände kürzlich sogar einen offenen Brief an Apple, um dem Feature womöglich einen Riegel vorzuschieben. ADZINE hat bei Mobile-Experten im Markt nachgefragt, welche Auswirkungen der Apple-Consent tatsächlich haben wird.

Bild: Addapptr Alexander von der Geest, Addapptr

“Apple kündigte im Sommer mit dem neuen iOS14-Update an, dass die Nutzung der sogenannten IDFA (Identifier for Advertising) von der Zustimmung des Nutzers abhängig gemacht wird. Es handelt sich hierbei um eine Systemabfrage (Runtimepermission), wie sie bereits für die Nutzung der Location-Daten bekannt ist”, erklärt Alexander von der Geest, COO und Co-Founder von der Hamburger App-Monetarisierungs-Plattform Addapptr. “Damit eine App nunmehr die IDFA nutzen kann, wird das Betriebssystem einen Abfragedialog triggern. Die hervorgehobenen Textpassagen innerhalb dieses Dialogs mit dem App-Nutzer sind hierbei von Apple vorgegeben. Die Gestaltung und Formulierung lässt vermuten, dass ein Großteil der Nutzer der Nutzung der IDFA widersprechen wird”.

Die IDFA ist die Grundlage zur Ausspielung von personalisierter Werbung in Apps auf Apple-Geräten, so von der Geest. “Targeting, Tracking, Frequency Capping wird ohne die Nutzung der IDFA sehr schwer bis unmöglich. Dies wird für werbefinanzierte Apple-Apps einen großen Einschnitt in der Monetarisierung bedeuten. Apple führt damit eine ‘technische Hürde’ zur Nutzung der IDFA ein.”

Alles halb so wild?

Bild: Adjust Niko Thielsch, Adjust

Diese technische Hürde für die IDFA wollte Apple eigentlich schon vorher errichten, dann aber verschob der Konzern das Rollout überraschend auf Anfang 2021. Damit verschafft der Konzern der Werbeindustrie mehr Zeit für die Umstellung – eine Galgenfrist, sind einige Marktteilnehmer überzeugt. "Viele Marktteilnehmer haben nach Bekanntgabe der Apple-Pläne zur Consent-Abfrage gleich die Apokalypse des Werbemarktes heraufbeschworen. Fakt ist, dass die Apple-Pläne bereits seit einiger Zeit in Arbeit waren und somit für uns nicht überraschend kamen”, stellt Niko Thielsch, VP DACH und Nordics beim Berliner Mobile-Attribution- und Analytics-Spezialisten Adjust, klar.

Thielsch gibt aber auch zu, dass Herausforderungen damit verbunden sind, und “dass im Markt diejenigen Player ausgesiebt werden, die sich auf die technische Veränderung nicht einstellen können”. Er sieht sein Unternehmen aber als gut aufgestellt an. “Generell begrüßen wir diesen Vorstoß jedoch, da es auch eine Chance ist, den Schutz der Privatsphäre der Nutzer zu maximieren und für mehr Transparenz zu sorgen”, so Thielsch weiter. “Wie auch immer Apple das Thema Opt-in ausgestalten wird: Es wird technische Lösungen geben, die weiterhin ein Targeting in der In-App-Werbung möglich machen. Wir rechnen damit, dass die Opt-in-Pflicht kommen wird – aber in welcher Form, das ist noch nicht abzusehen. Darum müssen die Apps nun ihre User Journey auf diese Abfrage hin optimieren.”

Einholung des Opt-ins gestaltet sich als schwierig

Die Optimierung der User Journey dahingehend, dass der Consent zum Tracking gegeben wird, ist jedoch scheinbar nicht so einfach. Bei Addapptr ist man jedenfalls anderer Meinung als in Berlin: “Krux an der Sache ist, dass der App-Nutzer zusätzlich mit einer DSGVO-konformen Abfrage konfrontiert werden muss, damit die Nutzung rechtlich zulässig wird. Höchstwahrscheinlich wird in diesen Fällen eine IAB-CMP basierend auf TCF 2.0 gewählt”, erläutert Alexander von der Geest. “Aus unserer Sicht ist die einzige Strategie an dieser Stelle, die verschiedenen Dialoge in der richtigen Reihenfolge zu triggern.”

Von der Geest rät zu einem Dialog "möglichst im Look und Feel der App". Dem Nutzer müsse klargemacht werden, dass es die App nur gratis geben kann, wenn personalisierte Werbung erlaubt wird. "Gratis-Apps sind ja kein Geschenk an den Nutzer, sondern vielmehr ein Zurverfügungstellen eines Contents gegen die Zustimmung zur Nutzung der IDFA. Quasi Content gegen Consent", so der Hamburger.

Hier stehen App-Betreiber vor dem nächsten Problem: Die Kopplung von der Zustimmung zur Nutzung der IDFA an die freie Nutzung der App schließt Apple in den neuen Guidelines ausdrücklich aus, obwohl es einigen EU-Ländern rechtlich als zulässig angesehen wird. "Daher gibt es nur die Chance: Der Nutzer muss durch eine passende ‘Bitte’ überzeugt werden. Widerspricht der Nutzer der Nutzung der IDFA, dann nützt auch die Zustimmung in der CMP nichts mehr, technisch wird von Apple die IDFA abgeschnitten. Dann bleibt dem Nutzer nur noch ungetargete, nicht personalisierte Werbung."

Prognose: CPM auf iOS-Geräten fällt, IDFA-Traffic wird wertvoller

Also zurück zur Gießkanne auf iOS-Geräten? Beim Gedanken an nicht-personalisierte Werbung, der das Targeting fehlt, stellen sich heutzutage jedem Werbetreibenden die Nackenhaare auf. Nicht nur die Effektivität der Werbebotschaften leidet darunter, die Marktpreise für das Inventar werden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. "Der Wegfall der IDFA wird auch zu einem gewissen Einbruch des CPMs führen und den Umsatz auf iOS-Geräten zurückgehen lassen", prophezeit von der Geest. Doch er sieht auch Licht am Horizont: "Andererseits wird der CPM für Traffic mit IDFA (und auch Consent) steigen und der Markt wird sich an die Situation anpassen."

Bleibt zu hoffen, dass sich der Markt anpasst, bevor der Großteil der Gratis-Apps die Segel streichen muss.

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