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Werbewelt rüstet sich mit semantischen Targeting-Methoden für cookiearme Zeiten

Anton Priebe, 3. September 2020
Bild: Mitchell Luo – Unsplash

Personalisierte Werbung auf der Basis von personenbezogenen Daten wird in Zukunft nicht mehr so einfach zu realisieren sein wie bisher. Einer der Hauptgründe dafür ist die erschwerte Identifizierung von Nutzern im digitalen Raum, wobei verschiedene Entwicklungen mit Blick auf den Cookie eine Rolle spielen, der bislang mehrheitlich dafür genutzt wurde. Doch auch erforderliche Nutzereinwilligungen fallen schwer ins Gewicht, womit die Thematik weit über die alleinige Cookie-Diskussion hinausgeht. Sowohl auf Angebots- als auch Nachfrageseite bereitet man sich deshalb mit alternativen Targeting-Methoden auf die Zukunft vor, die ohne Identifizierung der Nutzer auskommen. Dabei rückt vor allem kontextuelles Targeting in den Fokus.

Kontextuelles Targeting ist eigentlich ein alter Hut, doch im Vergleich zu den Anfangsjahren hat es sich enorm weiterentwickelt. Zunächst stützte sich die Werbemittelausspielung im Rahmen von kontextueller Werbung lediglich auf bestimmte Keywords, die in einem Text vorkamen. Moderne Technologien wählen die Werbeanzeigen jedoch nicht mehr aufgrund von einzelnen Wörtern oder deren Kombinationen aus, sondern bewerten Textinhalte statistisch oder auch linguistisch. So kann ein Umfeld umfassend profiliert werden und im Moment des Erstkontakts mit einem Nutzer Einblicke in dessen Interessen geben. Man spricht in diesem Fall vom semantischen Targeting.

Einkaufstechnologie kooperiert mit Targeting-Anbieter

Einer der Player in diesem Feld ist Semasio, mit dem die Demand-Side-Plattform The Trade Desk gerade erst ihre Kooperation ausgeweitet hat. Semasio bietet unter anderem ein Targeting an, das ohne Cookies auskommt und jetzt neben einem cookiebasierten Produkt Einzug in die Technologie von The Trade Desk erhält.

Denn seitenübergreifende Identifier wie Cookies spielen auch beim semantischen Targeting eine Rolle. So können nicht nur die Umfelder, sondern auch die Nutzer nach semantischen Kriterien profiliert werden, indem ihnen anhand der besuchten Seiten Attribute zugeschrieben werden. Semasio bildet mithilfe von Cookies Zielgruppen-Segmente, wobei die darin berücksichtigten Profile der Nutzer circa 100 Tage in die Vergangenheit reichen.

Besonders interessant wird es bei einer Kombination dieser beiden Ansätze, da Mediaeinkäufer somit ihre Zielgruppe erweitern können. Entweder orientiert sich die Ausspielung der Werbemittel dann an der Historie der Users, wenn ein Cookie existiert, oder am Seitenumfeld beim Kontakt. Auch beides gleichzeitig ist möglich. Beim Zusammenspiel der Methoden spricht Semasio von einem “einheitlichen semantischen Targeting über Nutzer und Seiten hinweg”.

Bild: The Trade Desk Christian Walter, The Trade Desk

„In der aktuellen Situation spielt Kontext in zweierlei Hinsicht eine wichtige Rolle”, erklärt Christian Walter, Director Data Partnerships bei The Trade Desk. “Erstens liefert Semasio Werbetreibenden wertvolle Insights und damit die Sicherheit, brandsafe in unterschiedlichen Themenfeldern optimal die gewünschte Zielgruppe zu erreichen. Zweitens lässt sich das Verhältnis von User-Daten und Umfeldern für das Targeting so kombinieren, dass eine Abhängigkeit von Cookies verringert wird. Außerdem gibt die globale Skalierung von Semasio unseren Kunden die notwendige Perspektive für internationale Kampagnen.”

Eigene Lösungen auf Vermarkterseite

Währenddessen bereitet sich der Vermarkter Burda Forward, in dessen Portfolio sich Marken wie Focus und Chip befinden, ebenfalls mit einer neuen Technologie auf das Schwinden des Cookies als Identifier vor. “Sugarless” nennt sich die kontextuelle, contentbasierte Lösung, die ohne Zustimmung der Nutzer funktionieren soll. Der Name wurde in Anspielung auf den Namensvetter des ID-Vehikels, den zuckerreichen Keks gewählt.

Der Vermarkter hat sich mit Sugarless ein System aufgebaut, das nach eigener Aussage Kontext- und Content-Targeting miteinander verknüpft, wobei Content-Targeting ein anderes Wort für semantisches Targeting ist. So speist sich die Datenbasis der Technologie aus täglich neuen Inhalten, die auf den Portalen von Burda Forward erscheinen, sowie deren Bestandsartikeln und lernt stetig dazu.

Sugarless kann demnach Inhalte analysieren, Bedeutungszusammenhänge herstellen und mit Werbebotschaften verknüpfen. Dafür werden Attribute benannt und in Zielgruppen, Stimmungen, Themen, Problemlösungen oder Kaufbereitschaften eingeordnet. Dieses Daten-Tagging pflegt Burda Forward plattformübergreifend und integriert es auch in die redaktionellen Arbeitsabläufe.

Bild: Burda Forward Martin Lütgenau, Burda Forward

“Der Markt hat zu lange geschlafen”, meint Martin Lütgenau, Chief Marketing Officer bei Burda Forward. “Wir brauchen eine Datenrevolution. Die alte, uns bekannte Welt der Cookies geht unter”. Er ist überzeugt davon, dass “die Akzeptanz von Werbung steigen wird, wenn sie sich thematisch an dem orientiert, was die User täglich an News- und Hintergrund-Berichterstattung lesen.”

Der Zugang zum Produkt von The Trade Desk und Semasio unterscheidet sich natürlich grundsätzlich von dem Burda Forwards. In der Praxis wird sich zeigen, für welche Anwendungsfälle sich die offene, programmatische Buchung des semantischen Targetings bewährt, und wann sich ein System, das auf das Portfolio eines einzelnen Vermarkters ausgerichtet ist, anbietet.

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