Steigende Nutzerzahlen, immer neue Werbemöglichkeiten, Agenturen werden hofiert: Pinterest zieht zunehmend die Aufmerksamkeit der Werbetreibenden auf sich. Doch in eine offene Advertising-Umgebung lässt sich die Insel-Lösung nur bedingt einbinden.
Es sind solide Zahlen, die Pinterest mittlerweile aufzuweisen hat: Die Plattform zählt 416 Millionen aktive Nutzer weltweit, in Deutschland sind es knapp 15 Millionen Unique Visitor pro Monat. Erst im Frühjahr 2019 startete die Werbevermarktung, seitdem wurde kräftig aufgerüstet. Promoted Carousels, Shopping Ads, Story Pins oder Video-Anzeigen: Die Vielfalt der Anzeigenformate ist ebenso gestiegen wie die Targeting-Möglichkeiten gewachsen sind. Pinterest bezeichnet sich jetzt als Full-Funnel-Lösung für Werbetreibende und gibt Marketern viele Instrumente zur Hand, um den gesamten Sales-Funnel zu bespielen, von der Awareness bis zur Kaufentscheidung. Auch Agenturen rücken in den Fokus. So haben die Plattformbetreiber in diesen Tagen einen neuen Agency Kit veröffentlicht, der Media-Agenturen Tipps und Insights rund um das Pinterest Advertising liefern soll.
Insel-Lösung mit Potenzial
Vieles erinnert bei Pinterest an das Advertising auf anderen Social-Media-Plattformen: Mit dem Pinterest Werbeanzeigenmanager steht den Marketern ein klassisches Selbstbuchungstool zur Verfügung, mit dem sie Kampagnen einstellen und verwalten können. Auch Analyse-Tools sind an Bord, Reports bis auf Keyword-Ebene möglich. Doch was für Selbstbucher ein Segen, ist für Agenturen eine Herausforderung. Denn klar ist: Pinterest ist ein weiterer Walled Garden.
„Es werden sowohl ein eigenes Werbekonto, als auch die entsprechenden Spezialisten für Paid-Social-Kampagnen benötigt, die die entsprechenden Spezifika des Kanals und Werbemöglichkeiten kennen und umsetzen können“, erläutert Michael Schmitz, Unit Director Performance & Programmatic Advertising bei Crossmedia, die Herausforderung für Agenturen. Nichtsdestotrotz bietet Pinterest Möglichkeiten, externe Anbieter für Tracking oder Adverification zu integrieren. „Es ist beispielsweise möglich, Impressions und Klicks über die gängigen externen Anbieter mitzutracken. Alle pinterestspezifischen KPI können über externe Anbieter nicht erfasst werden und daher auch nicht automatisiert über den Einsatz eines Adservers in ein externes, übergreifendes Reporting einfließen“, beschreibt Schmitz die Situation.
Dazu kommt, dass bisher kein Inventar auf Pinterest über eine eigene Demand-Side-Plattform (DSP) oder Bidding-Plattform gekauft werden kann. Doch wo es möglich ist, versuchen Agenturen ihre bevorzugten Lösungen anzubinden. Pilot in Hamburg hat beispielsweise in Bezug auf Tracking, Viewability und Verification schon gute Erfahrungen mit der Anbindung externer Lösungen gemacht, unter anderem für das Klick-Tracking (Adform) und zur Viewability-Messung (Moat und Doubleverify). Darüber hinaus bietet der Agentur das Pilot-eigene Planungstool Doubleplay eine neutrale Datenbasis und die Möglichkeit für detaillierte Analysen bis in die Walled Gardens. „Davon profitiert dann nicht nur unsere Social-Planung, denn es erlaubt uns zudem Plattform-übergreifendend ein effizienteres und wirksameres Kampagnensetup zu empfehlen. In diesem Prozess stellen wir dann auch häufig fest, dass Pinterest für viele Kunden ein wertvoller neuer Media-Baustein ist“, erläutert Ina Mayer, Leiterin Social Media Advertising bei Pilot in Hamburg.
Vielfältige Zielgruppen
Im Gegensatz zu Instagram positioniert sich Pinterest nicht als soziales Netzwerk, sondern „als Plattform für Inspiration“. Pinterest hilft Menschen beim Planen, Kaufen und Umsetzen ihrer Projekte. Die Bandbreite der Anlässe kann daher sehr groß sein: von Geburt oder Hochzeit bis hin zu Umzug oder Hausbau. Entsprechend vielfältig ist die Zielgruppe: Frauen machen einen globalen Anteil von rund 60 Prozent aus. Die am schnellsten wachsenden Zielgruppen auf Pinterest sind aktuell die Generation Z, Männer und Millennials (+50%, +48% sowie +36% innerhalb eines Jahres). Beachtlich: Nach eigenen Angaben erreicht Pinterest schon ein Viertel aller deutschen Internetnutzer mit einem Haushaltseinkommen von mehr als 100.000 Euro. Ungewöhnlich gegenüber anderen Plattformen ist jedoch, dass aktive Nutzer in einer Zielgruppe über das Jahr oft wechseln. Denn auf Pinterest informieren sich User in der Regel anlassbezogen zu bestimmten Themen. Inspiration für die Neueinrichtung einer Wohnung wird zum Beispiel nur einmalig gesucht und nicht fortlaufend über das ganze Jahr. Diese Suche startet allerdings sehr frühzeitig. Ist der Kauf abgeschlossen, starten Pinterest-Nutzer gern das nächste Projekt und suchen erneut nach Ideen für die Umsetzung.
Auch wenn Pinterest noch nicht solche Werbemöglichkeiten, technische Anbindungen und Reichweiten wie zum Beispiel Platzhirsch Facebook bieten kann, ist eine Entwicklung deutlich erkennbar. Nicht erst seit Corona wachsen die Reichweiten. In der Branche traut man der dynamischen Plattform noch einiges zu.
Pinterest auf einem guten Weg
„Aktuell stellt Pinterest eher eine weitere Insellösung dar, allerdings glauben wir stark an die Möglichkeiten der Plattform und ihren Willen, sich deutlich schneller an die hiesigen Rahmendaten anzupassen als andere Plattformen“, sagt Andrea Malgara, Geschäftsführer der Mediaplus Gruppe. Noch sei Pinterest klein und müsse vor allen Dingen mit Instagram konkurrieren, „weswegen die Plattform alles tut, um sich möglichst flexibel anzupassen“, so Malgara. Das lokale und regionale Management sei sehr daran interessiert, lokale Standards zu etablieren. „Auch im Hinblick auf die neue, gültige Consent-Regelung zeigt sich Pinterest agil und schnell“, so Malgara.
Auch das Account-Setup könnte künftig einfacher werden – hofft man zumindest auf Agenturseite. Bisher müssen Kunden selbst ein Werbekonto anlegen und es mit der Agentur teilen. „Dies stellt insbesondere Kunden vor Herausforderungen, denn die sind in der Regel nicht erfahren darin, Werbekonten zu erstellen und zu verwalten. Dies sorgt für erhöhten Aufwand auf beiden Seiten und sollte von Pinterest dringend geändert werden“, sagt Mayer, die gleichzeitig darauf verweist, dass sich in der Roadmap von Pinterest eine positive Entwicklung in diese Richtung abzeichnet. Allerdings sei weiterhin offen, wann der neue Pinterest Business Manager ausgerollt werde und ob er die notwendigen neuen Funktionalitäten für ein einfacheres Account-Setup tatsächlich mit sich bringen wird. Doch eines dürfte sicher sein: Pinterest wird die Werbevermarktung weiter vorantreiben und Werbetreibenden neue Angebote präsentieren.
„Aus Sicht der Werbepartner und Agenturen ist es wichtig, dass Pinterest die begonnene Entwicklung weiterführt und sich beispielsweise weiter für Drittanbieter zur Messung, Automatisierung und andere öffnet“, sagt Schmitz. Erst Ende August wurde eine gemeinsame Lösung von Pinterest und Integral Ad Science (IAS) zur Messung von Viewability und Ad Fraud im gesamten Inventar der mobilen App von Pinterest bekannt gegeben. Es dürfte nicht die letzte Ankündigung dieser Art gewesen sein.
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