Kreatives Programmatic Advertising fürs Recruiting von Lokführern
Anton Priebe, 14. August 2020Der Fachkräftemangel in Deutschland ist allerorts spürbar und betrifft auch die Bahnindustrie. So waren die etwa 30.000 hierzulande ansässigen Lokführer im vergangenen Jahr hart umkämpft. Eine Recruiting-Kampagne für das private Bahnunternehmen Metronom konnte mit kreativer Konzeption sowie gezieltem Einsatz von Programmatic-Technologie punkten und bescherte der Personalabteilung Bewerbungen von einer ansonsten sehr schwierig zu erreichenden, nicht unbedingt wechselwilligen Zielgruppe.
Die direkte Ansprache von Lokführern mit Werbemitteln ist insbesondere im digitalen Raum eine Herausforderung, denn die Zielgruppe ist sehr spitz und die Targeting-Optionen von Google oder Facebook sind unzureichend. So schließen die Stichworte “Bahn”, “Zug” und “Lokomotive” vor allem Bahnfans mit ein, die sich dem Modellbau oder ähnlichem verschrieben haben, sogenannte Trainspotter und eben auch normale Reisende. Daher überlegte sich die Hamburger Werbeagentur BBS ein besonderes Konzept, das in Zusammenarbeit mit der Mediaagentur Klaro umgesetzt wurde.
Online-Shop für Lokführer
Die Strategie fußt auf der Einrichtung eines Online-Shops, Lok-Stoffe.de, der Bekleidung und Accessoires mit Insidersprüchen für sogenannte Triebfahrzeugfahrer vertreibt. Dort finden sich beispielsweise T-Shirts und Tassen mit dem Aufdruck “Party bis die SIFA stoppt”. Die SIFA meint die Sicherheitsfahrschaltung, die meist mit dem Pedal gekoppelt ist und bei längerer Nichtbedienung greift. Sie sorgt dafür, dass ein Zug bremst, wenn der Fahrer etwa das Bewusstsein verliert. Diese Anspielungen verstehen nur Eingeweihte und grenzen die Besucher somit recht genau ein.
Diesen Shop bewarb BBS online mit Bannern und offline mit Print-Anzeigen in Bahner-Magazinen. Außerdem ließ die Agentur Flyer in den Pausenräumen der Lokführer verteilen – schließlich war der Shop nicht als Angebot der Konkurrenz erkennbar. In diesem Sinne schaltete BBS sogar eine Anzeige in einem Mitarbeitermagazin der direkten Konkurrenz.
Retargeting der Shop-Besucher und weitere Strategien
Die Besucher von Lok-Stoffe.de wurden im zweiten Schritt während der dortigen Werbemittelausspielung markiert und in einem Retargeting-Pool segmentiert. Im Nachhinein konnten sie so mit Bannern für die konkreten Stellenanzeigen beworben werden. Die Werbemittel, beispielsweise mit dem Slogan “Wir wollen dich unbedingt als Lokführer!”, führten dann direkt auf die Karriereseite von Metronom und trafen sehr viel genauer als andere Zielgruppensegmente.
Darüber hinaus entwickelten die Agenturen Strategien, um Lokführer an ihren üblichen Stammtischen mobil anzusprechen und anschließend wieder zu targeten. Dazu nannte der Kunde die konkreten Orte, für die ein Hyperlocal Targeting eingerichtet wurde. Das bedeutet, dass den Personen in einem Radius um die Zielkoordinate herum, beispielsweise 50 Meter um ein bestimmtes Café, In-App die Banner ausgespielt wurden. Da dies nur sehr wenige Personen trifft, wurde das Hyperlocal Targeting zusätzlich mit einem PLZ-Targeting überlagert. Die Zielpersonen werden hier anhand der IP-Adresse ermittelt, was gewisse Streuverluste mit sich bringt. Sie werden browserbasiert angesprochen, was die In-App-Maßnahme dementsprechend ergänzt. Ein anderer Ansatz fällt in den Bereich semantisches Targeting. Anhand von Keywordlisten aus dem Lokführer-Themenumfeld schalteten die Verantwortlichen Banner auf Websites, auf denen diese Wörter häufig vorkamen, um die User so im relevanten Kontext anzusprechen.
Insgesamt konnten die “wenigen Millionen Werbeeinblendungen” 35 Bewerber generieren, von denen elf eingestellt wurden – mehr als ursprünglich geplant. Die Kosten dafür blieben überschaubar: der Spreadshirt-Shop war kostenlos, Flyer und Banner lagen bei 8.000 Euro und die Verkäufe im Shop refinanzieren die Kampagne sogar teilweise.
Kampagnen-Summary
Werbetreibender: Metronom
Kreativagentur: BBS
Mediaagentur: Klaro
Demand-Side-Plattform: Mediamath
Semantisches Targeting: Peer39
Sonderwerbeformate: Just Premium
Tech Finder Unternehmen im Artikel
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