Sand im Getriebe des Werbegeschäfts von Google und Facebook
Anton Priebe, 26. Juni 2020Die Dominanz der GAFA im digitalen Werbemarkt gilt gemeinhin als ungebrochen. Google, Amazon, Facebook und Apple verschlingen die Budgets der Werbetreibenden mit bislang ungebremstem Wachstum. Doch die Corona-Krise geht auch an den Giganten nicht spurlos vorbei, wie eine Prognose von Emarketer andeutet. So soll das Wachstum für Googles Einnahmen aus dem Werbegeschäft im Heimatmarkt USA dieses Jahr negativ ausfallen – dies wäre das erste Mal seit Beginn der Analysen vor 12 Jahren. Auch Facebook wird den bisherigen Prognosen nicht gerecht und hat darüber hinaus mit einem Boykottaufruf zu kämpfen. Amazon hingegen zeigt sich trotz des verminderten Wachstums recht krisenfest.
Der US-amerikanische Marktforschungsdienst Emarketer beziffert Googles Nettoumsatz mit 39,58 Milliarden US-Dollar für 2020, während im Vorjahr noch 41,8 Milliarden erwirtschaftet wurden. Der Marktanteil des Konzerns am US-Digitalwerbemarkt würde somit zwar immer noch gewaltige 29,4 Prozent betragen, doch einen Rückschritt um über zwei Prozent hat wohl niemand kommen sehen – auch wenn Google seit 2016 kontinuierlich langsamer wächst.
Facebook kann seinen Nettoumsatz mit Werbung laut Emarketer immerhin um 4,9 Prozent steigern, der – vor allem dank Instagram – auf 31,43 Milliarden US-Dollar anwächst. Vergangenes Jahr waren es allerdings noch satte 26 Prozent. Das Social-Imperium beansprucht damit 23,4 Prozent des Digitalwerbemarkts in den USA für sich.
Der dritte im Bunde, Amazon, kann sein Werbegeschäft den Analyseergebnissen nach um knapp ein Viertel (23,5 Prozent) ausbauen und steigert seinen Marktanteil von 7,8 auf 9,5 Prozent. Ein Großteil davon speist sich aus dem zunehmenden Search-Advertising-Business.
Auch wenn der gesamte Digitalwerbemarkt in den USA bis Ende 2020 nur um 1,7 Prozent wachsen soll, vereinen die drei Giganten lediglich 0,2 Prozent des Wachstums für sich. Dieses Verhältnis war in den vergangenen Jahren deutlich einseitiger, denn die GAFA haben kaum etwas vom Kuchen für andere Marktteilnehmer übrig gelassen.
Einige Gründe für Googles Einbußen im Werbegeschäft liefert die E-Marketer-Analystin Nicole Perrin. Sie laufen hauptsächlich darauf hinaus, dass vor allem das Search-Business unter Corona gelitten hat. So haben insbesondere die Advertiser aus dem Reisesegment ihre Ausgaben bei der Suchmaschine zurückgefahren. Auch Amazon sei an dem negativen Wachstum des Search-Geschäfts direkt beteiligt, denn der explodierende E-Commerce konnte die Nachfrage nicht bedienen, weshalb der Konzern die Werbeanzeigen im Frühjahr drastisch reduzierte.
Nebenschauplatz: Facebook-Boykott
Während die Werbeeinnahmen bereits vom Ausbruch von Covid-19 beeinträchtigt sind, sieht sich Facebook darüber hinaus einem Boykott-Aufruf gegenüber. Die Initiative, die unter dem Slogan “Stop Hate for Profit” Stimmung gegen Mark Zuckerbergs Imperium macht, wurde maßgeblich von Bürgerrechtsorganisationen in den USA ins Leben gerufen. Unter den Initiatoren befinden sich beispielsweise die National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) und die Anti-Defamation League, die sich gegen Diskriminierung von Juden engagiert. Der Kern des Boykotts liegt darin, dass ihrer Meinung nach nicht genug gegen Hass und Hetze auf den Facebook-Plattformen unternommen wird. Einer der konkreten Auslöser für die Kritik waren gewaltverherrlichende Kommentare von Präsident Trump auf Facebook im Rahmen der derzeitigen Proteste, die vor allem auf den Tod George Floyds durch Polizeigewalt zurückzuführen sind. Zuckerberg hatte die entsprechenden Postings zwar kritisiert, aber keine Verletzung der Plattformpolitik gesehen und sie somit auch nicht gelöscht.
Die Initiative fordert in der Folge, dass Facebook boykottiert wird und Advertiser ihre Budgets für die zugehörigen Dienste im Juli aussetzen. Einige Werbetreibende sind dem Aufruf gefolgt, darunter etwa The North Face. Hinter der Marke steht die VF Corporation, einer der größten Player im Bekleidungssegment weltweit. Weitere Tochtergesellschaften wie Vans, Timberland oder Dickies prüfen Aussagen des Konzerns zufolge, ob sie der “Stop Hate for Profit”-Initiative zur Seite springen. Auch von Agenturseite aus wird Sand ins Getriebe von Facebook gestreut, indem beispielsweise die Dentsu-Tochter 360i ihre Klienten dazu ermuntert, sich der Bewegung anzuschließen. Sie verwaltet Budgets von Größen wie Oreo oder Coca-Cola.
Die Prognosen für die USA lassen erahnen, dass die GAFA auch in Deutschland nicht ihr bestes Jahr in der Firmengeschichte feiern werden. Es bleibt spannend abzuwarten, wie die Bilanz schlussendlich aussehen wird. Für ein Signal müssen wir uns hierzulande aber nicht bis Ende 2020 gedulden – in einer Woche wird sich zeigen, ob der Facebook-Boykott über den großen Teich schwappt.
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