Google bezahlt ausgewählte Publisher für einen Blick hinter ihre Paywalls
25. Juni 2020 (apr)Nachdem Google jahrelang eine harte Linie gegenüber Verlagen verfolgte, die über die kostenfreie Nutzung ihrer Inhalte für Dienste wie Google News oder die Suche klagten, erfolgt nun eine Kehrtwende. Die Alphabet-Tochter hat mit mehreren großen Verlagshäusern in Deutschland erstmals Kooperationen abgeschlossen, um deren Content-Angebot für die eigenen Produkte zu lizenzieren. Diese Zusammenarbeit geht sogar so weit, dass Inhalte hinter Bezahlschranken, sogenannte Paywalls, eingekauft und Usern kostenlos im Google-Universum zur Verfügung gestellt werden sollen.
Google plant “ein neues Nachrichtenformat” zu starten, “das später in diesem Jahr veröffentlicht wird”, erklärt Brad Bender, VP Product Management, auf dem hauseigenen Blog. Das Format soll zunächst bei Google News und Discover erscheinen und den Publishern “ein verbessertes Storytelling-Erlebnis” möglich machen, das die Reichweite ihrer Inhalte erhöht. Wie genau es aussehen wird, verrät Google allerdings nicht.
Deutschland ist neben Australien und Brasilien einer der Märkte, in denen das Pilotprojekt starten soll. Als erste Kooperationspartner konnten die Frankfurter Allgemeine Zeitung, der Spiegel, die Zeit, die Rheinische Post und der Tagesspiegel gewonnen werden. Stefan Ottlitz, Geschäftsführer der Spiegel-Gruppe, spricht von einer “interessanten neuen Partnerschaft” und auch Branchenkollege Rainer Esser, Geschäftsführer der Zeit, ist von der Zusammenarbeit überzeugt: “Wir glauben, dass die Darstellung ausgewählter Inhalte der Zeit auf den Google-Plattformen mit diesem neuen Ansatz einen echten Mehrwert für unsere bestehenden sowie neuen Leserinnen und Leser bietet.”
Google und die Verlage waren sich bisher nicht sonderlich grün. Die VG Media klagte stellvertretend mehrfach vor Gericht, weil der US-Konzern Text-Ausschnitte und Bilder der Publisher für seine Dienste nutzt, ohne dafür zu zahlen. Sie forderte eine Vergütung auf Basis des Leistungsschutzrechts, doch Googles Standpunkt lief auf einen Ausschluss der Publisher hinaus. Die Platzierung im Google-Universum beschert Nachrichtendiensten jedoch sehr viele Seitenaufrufe, die sie zur Monetarisierung ihrer Inhalte benötigen – das weiß auch die Alphabet-Tochter. Dass sie nun sogar dazu bereit ist, für Content hinter Paywalls zu zahlen, kommt daher mehr als überraschend und eröffnet den Publishern eine weitere Möglichkeit, ihren Journalismus zu finanzieren. Vorerst bleibt aber unklar, wie hoch die Lizenzgebühren ausfallen werden.