Datengetriebene Online-Marketing-Strategie und Mediaplanung in Zeiten von Covid-19
Carsten Kritscher, 20. Mai 2020Den Start in das Jahr 2020 haben sich viele Unternehmen anders vorgestellt. Der gut überlegte Jahresplan stand, doch durch Corona wurde urplötzlich vieles anders. Jetzt heißt die Lösung häufig nicht mehr Wachstum, sondern Bestandssicherung. Doch auch diese gestaltet sich schwierig, da beispielsweise wichtige Branchenevents als Vertriebskanal wegfallen oder Lieferungen nicht wie geplant den Weg ins oder aus dem Lager finden. Was also tun? Ein Schlüssel kann hier eine datengetriebene Online-Marketing-Strategie sein.
Für jeden, der in diesen Zeiten versucht sinnvoll und effizient mit seiner Zielgruppe in Kontakt zu treten, gilt: Analysieren Sie, welche Kanäle und Zielgruppen nach wie vor gut funktionieren. Sollten Budgets eventuell von Out-of-Home zu TV oder Social Media verschoben werden? Verzeichnen Sie beispielsweise Einbrüche bei den Bestellungen von Privatkunden, das Geschäftskundengeschäft ist allerdings robust? Lohnt es sich eventuell, dieses mit zusätzlichen Budgets auszustatten und auf andere Kanäle zu blicken, wie zum Beispiel im Social-Media-Bereich auf Tiktok oder Jodel? Je nachdem wie sich Ihre Zielgruppe zusammensetzt, bieten diese Kanäle das Potenzial Ihre Kunden gerade jetzt zielgerichteter abzuholen.
Ist anstelle des großen Messeauftritts eventuell eine Webinarreihe zur Leadgenerierung eine gute Idee? Sollten, wie schon länger geplant, Budgets in LinkedIn-Aktivitäten gesetzt werden? Jede Abkehr vom „business as usual” ist eine Chance, bestehende Vorgehen zu hinterfragen und besser zu werden.
Die Krise als Chance denken
Positionieren Sie sich jetzt vor allem schnell und dynamisch mit relevanten Inhalten entlang des gesamten Einkaufserlebnisses innerhalb Ihrer wichtigsten Themenbereiche und spielen Sie diesen Content auch über neue Kanäle.
Der Audit der eigenen Mediaplanung ist dabei ein erster entscheidender Schritt, aber eben nur der erste auf dem Weg, dessen Ziel es sein muss, die gesamte Consumer Journey einmal kritisch zu hinterfragen. Eine SEO-optimierte Landingpage auf der eigenen Website ist dabei genauso Pflicht wie eine Verlängerung über performante Social-Kanäle. Jede Plattform und deren Nutzerschaft ist dabei verschieden – das sollte sich auch in der Erstellung und Verwendung der Inhalte widerspiegeln. Linkedin-User sprechen andere Inhalte an als Facebook-Nutzer. Themen bedürfen mitunter einer individuellen, kanalspezifischen Aufbereitung, um neue Interaktionen anzuregen. Bei der Erstellung der Inhalte gilt: Fragen Sie sich stets: „Was passiert vorher? Was sind die Anlässe, die Ihre Zielgruppe dazu animiert, Ihr Angebot in Betracht zu ziehen?”
Fragen Sie sich zudem, was eintretende Veränderungen für Ihre Kommunikation bedeuten. Ergibt es Sinn, Nutzer proaktiv über E-Mail-Kampagnen zu kontaktieren und auf veränderte Lieferzeiten hinzuweisen? Ist es sinnvoll, kulante Regelungen zu kommunizieren, um das für den Online-Erfolg so wichtige Vertrauen in die eigene Marke zu stärken? Konzentrieren Sie sich darauf, die für Ihre Marke relevanten Fragen so gut wie möglich zu beantworten. Die sozialen Netzwerke zum Beispiel sind jetzt mehr denn je auch ein Kanal der Kundenbetreuung. Je nachdem welche Plattformen Sie nehmen, können Sie dort bestehende Funktionen nutzen. So ist ein Q&A über Instagram Stories eine gute Möglichkeit, um FAQs kontrolliert zu beantworten und effektiv zu moderieren. Nutzen Sie die hierüber generierten Fragen und Inhalte, um diese auf weiteren Kanälen zu verbreiten.
Reichern Sie zum Beispiel Ihren FAQ-Bereich auf der Website an und machen Sie diesen prominent von der Startseite aus erreichbar. Das entlastet Ihren Kundenservice und signalisiert Ihren Kunden, dass Sie ihre Bedürfnisse verstanden haben.
Achten Sie zudem darauf, wie sich Nutzer auf Ihrer Website verhalten. Welche Suchanfragen werden auf der Website abgeschickt? Welche Navigationspfade werden aufgerufen? Verändern sich Metriken wie Besuchsdauer? Vielleicht müssen Sie den FAQ-Bereich auf Ihrer Webseite präsenter platzieren oder eine Chat-Box implementieren, weil Ihre Kunden verstärkt auf das Kontaktformular klicken. Natürlich gilt auch hier, dass die Nutzergruppen segmentiert betrachtet werden sollten. Der über eine Markensuche zu Ihnen kommende Bestandskunde verhält sich nun mal komplett anders, als der erstmalig über bezahlte Social Ads gewonnene Besucher. Erkennen Sie, was jetzt verstärkt nachgefragt wird und finden Sie Wege, diese Nachfrage zu bedienen. Sei es in Form von Anpassungen auf der Webseite, wie dem FAQ-Bereich oder neuen situationsspezifischen Inhalten.
In jedem Fall kann eine datengetriebene Online-Marketingstrategie Ihnen dabei helfen, in turbulenten Zeiten den Status quo kritisch zu hinterfragen und die passenden nächsten Schritte zu identifizieren. Welche Kampagnen-Elemente funktionieren weiterhin und sollten gar mit mehr Budget versehen werden? Welche Bausteine in der Mediaplanung müssen hinterfragt werden? Sind relevante Inhalte entlang der Consumer Journey vorhanden, müssen welche überarbeitet oder neu erstellt werden?
Nutzen Sie Daten für die Entscheidungsfindung, um Ihre Zielgruppe weiterhin effizient zu erreichen und probieren Sie neue Kanäle und Formate aus, um gerade auch in Zeiten des Umbruchs neue Zielgruppen zu erschließen.
Wie können Zielgruppen auch digital aktiviert werden?
Digitale Kampagnen rücken jetzt in den Vordergrund eines jeden Unternehmens, um sich auf die aktuelle Situation entsprechend anzupassen. Customer-Relationship-Management ist derzeit der Top-Kanal für eine proaktive Kundenkommunikation. Unternehmen sollten klar kommunizieren, welche Services, Dienstleistungen und Produkte nach wie vor angeboten werden. Treue-Aktionen für Wiederbesteller oder das Hervorheben bestehender Aktionen in diesem Bereich verstärken die Bindung zu den Kunden. Die aktuelle Krisensituation ist nicht per se eine Einladung, um den eigenen Brand-Purpose zu kommunizieren. Ihre Konsumenten und Nutzer mit ihren Bedürfnissen stehen noch mehr im Fokus als sonst.
Gerade jetzt wollen viele Kunden vor allem eins: sparen. Das heißt für Unternehmen sich genau zu überlegen, welche Rabattaktionen vielleicht möglich sind, um das Interesse der Kundschaft zu bekommen beziehungsweise zu halten. Ebenfalls ist es eine Überlegung wert, Display Ads als Alternative zum sinkenden Suchinteresse an den eigenen Produkten zu verwenden oder auch auf sensible Banner auf Infoseiten zu setzen. Die Dringlichkeit eines professionellen Social Media & Community Managements wird vor allem jetzt verstärkt deutlich. Denn gerade im direkten Kontakt mit Kunden lassen sich besondere Bedürfnisse sehr gut heraushören, wodurch Insights für relevanten Content generiert werden können. So sollte zum Beispiel die Konsumenten-Frage danach, wann ein bestimmtes Produkt wieder verfügbar ist oder wie es sich aktuell mit Rückgabefristen verhält, direkt auf der Website prominent beantwortet werden und in den Social-Redaktionsplan aufgenommen werden.
Wenn klassische Handelskanäle wegfallen
Sollten Sie ein Geschäft haben, welches über keine digitalen Vertriebswege verfügt, gilt es neue Wege zu finden, wie zum Beispiel der Verkauf über Amazon, Ebay aber auch Instagram. Eventuell ergeben sich hier ganz neue Chancen für das Unternehmen. Zum Beispiel legt Amazon einen Fokus auf Lieferungen aus bestimmten Bereichen (Gesundheit, häuslicher Bedarf, Nahrung etc.). Sprich, für Produkte, die nicht in diese Kategorien fallen, gilt es zeitgleich nach einer weiteren Alternative zu schauen wie Insta-Shopping. Um die Aufmerksamkeit von offline zu online zu lenken, kommen auch altbewährte Kommunikationsmittel wieder zum Einsatz – wie Flyer mit echtem Incentive (zum Beispiel Gutscheine ohne Mindestbestellwert) in den Briefkästen. Falls Ideen aufgrund der Technik / IT erstmal nicht schnell genug (oder überhaupt) umgesetzt werden können, kann eine „Lead Gen”-Kampagne zielführend sein. So lassen sich Kontaktdaten einsammeln und später entsprechend aufbereiten.
Zusammenfassung
Die derzeitige Situation verlangt von jedem Einzelnen Fingerspitzengefühl. Ob es sich um die Neuverteilung des Marketing-Budgets, die Anpassung der Content-Strategie oder dem Einsatz von Social Media handelt – jede dieser Thematiken bedarf aktuell einer besonderen Aufmerksamkeit. Ein rein auf Abverkauf abzielende Kommunikation ist aktuell besonders kritisch zu hinterfragen. Der aktuelle Fokus sollte auf der Reduzierung von Ängsten durch die Bereitstellung von Lösungsvorschlägen in der passenden Tonalität und den richtigen Kanälen liegen. Unternehmen sollten die derzeitig relevanten Themen aufgreifen und den eigenen verantwortungsvollen Umgang mit der Situation kommunizieren. Dies schafft Vertrauen, ein Vertrauen, das in der aktuellen Lage wichtiger ist als jemals zuvor. Den effektivsten Weg zu finden, um die eigenen Dienstleistungen und Produkte an die Kunden zu kommunizieren, ist heute eine größere Herausforderung denn je. Es wird nicht alles nach Plan laufen – tut es gerade sowieso nicht – aber mit dem richtigen Verständnis für die aktuelle Situation und einem offenen Ohr für Veränderungen lassen sich gerade auch jetzt neue Potenziale heben.
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