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CORONA

Corona-Krise als Chance: Optimisten aus der Superhelden-, Tech- und Agenturwelt

Sandra Goetz, 5. Mai 2020
Bild: TK Hammonds – Unsplash

Auch wenn niemand in eine Glaskugel schauen kann und die langfristigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie noch nicht überschaubar sind, gibt es Hoffnungsschimmer. ADZINE hat für eine aktuelle Artikelserie Entscheiderinnen und Entscheider der digitalen Wirtschaft sowie Unternehmer und Freiberuflerinnen angrenzender Branchen nach ihrer derzeitigen Markteinschätzung gefragt.

Mut tut gut

Bild: Groundtruth Presse Johannes Paysen, Groundtruth

Johannes Paysen, Country Manager Germany von Groundtruth, konstatiert wie viele Marketer in eine gewisse Starre verfallen, die sich ob Covid-19 auf das digitale Marketing gelegt hat: „Das Prekäre an der Situation ist, dass nahezu alle Marken auf Kampagnen wie #StayAtHome setzen, statt Mut zu zeigen. Insbesondere im Hinblick auf FMCG-Brands im Einzelhandel besteht die Möglichkeit, Konsumenten zum Kauf zu animieren“, meint Paysen.

Da sich Ende April Bund und Länder auf vorsichtige Lockerungen der bundesweit geltenden Schutzmaßnahmen geeinigt haben, kann man von einer bevorstehenden Belebung des Handels und damit auch wieder vermehrt zielgerichteter Werbespendings im Digitalen ausgehen. Nichtsdestotrotz wird Corona auch weiterhin das Marktgeschehen bestimmen und Auswirkungen auf das eigene Business-Modell haben. Für Groundtruth ist das der Drive-to-Store.

„Durch Corona ist das etwas eingeschränkt, allerdings ist jetzt die beste Zeit, um sich auf die Zeit nach Corona vorzubereiten. Unsere Location Insights helfen unseren Kunden dabei, die richtige Zielgruppe bei der Wiedereröffnung zu erreichen“, sagt Paysen. Dabei hat das Deutschland-Team um Johannes Paysen neben dem Handel insbesondere die Restaurantbranche im Visier. Mit Spannung erwartet der Manager, „welche Angebote von den Konsumenten am meisten nachgefragt werden. Wir erwarten einen ähnlichen Peak wie sonst Anfang Januar bei Fitnessstudios“.

Gedanken macht sich der 45-Jährige über seinen Job hinaus: „Wir als Gesellschaft sollten zukünftig besser auf unvorhergesehene Krisen wie die Corona-Pandemie vorbereitet sein. Das bedeutet, dass beispielsweise die Schutzkleidungsproduktion im eigenen Land organisiert werden sollte, um hier autark zu sein und die Abhängigkeiten von anderen Ländern bzw. Produzenten zu reduzieren.“ Für Werbetreibende gelte analog in der Kommunikation, dass sie auf solche Krisensituationen vorbereitet sein müssen und weiter im Dialog mit den Kunden bleiben sollten. Sein Tipp darüber hinaus: Advertiser sollten ihre Werbespendings in diesen Ausnahmesituationen steigern, „um als Gewinner aus solchen Situationen hervorzugehen“, so seine klaren Worte.

Flexible Arbeitsmodelle setzen sich durch

Bild: Superheldin Presse Sandra Westermann, Superheldin

Und jetzt kommen wir zur Superheldin, der ersten Jobbörse, die familienfreundliche Unternehmen mit Müttern (und Vätern) zusammenbringt. Das Unternehmen wurde letztes Jahr von Sandra Westermann, ehemalige Produktionsleiterin beim Fernsehen, gegründet. Am 1. Mai 2019 ging die Plattform live, vermittelt werden vor allem Mütter, die über Berufserfahrung verfügen, aber auch jene, die von Teilzeit in Vollzeit wechseln oder ein duales Studium absolvieren möchten.

Vattenfall, Coca-Cola oder auch die Vermögensverwaltung Heysenberg zählen zu den rund 400 Kunden der Superheldin; Coca-Cola bietet über die Superheldin sogar ein duales Studium in Teilzeit an. Dem jungen Unternehmen mit Sitz in München spielt Covid-19 in die Hände, denn „Corona wird die Arbeitswelt grundlegend verändern. Eine Mission, die uns von unserer Gründung an am Herzen lag, ist die Arbeitgeber von den Vorzügen flexibler Arbeitsmodelle zu überzeugen. Die Corona-Pandemie hat uns in puncto Digitalisierung der Arbeitswelt um einige Jahre nach vorn gepusht. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir auch digital verstärkt aus der Corona-Krise kommen werden“, sagt die 39-jährige Gründerin.

Das Superheldin-Geschäftsmodell bedient auch die B2B-Seite, die bei Superheldin inseriert, bzw. die über das Portal auf ihre Marke aufmerksam machen will. Mütter erreicht das Team von Superheldin insbesondere über Kanäle wie Facebook und Instagram. Dort streuen sie auch die Stellenangebote und Employer-Branding-Beiträge ihrer Kunden.

Sandra Westermanns Post-Corona-Vision ist der Traum von Millionen Frauen: „Für berufstätige Mütter wünsche ich mir, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Muttersein nicht nur gesellschaftlich anerkannt, sondern schon in einer sehr nahen Zukunft eine Selbstverständlichkeit sein wird. Dafür kämpfe ich mit meinem Team Tag für Tag.“

Die beste Zeit für Markenbildung

Bild: Klein aber Presse Hannah Kaiser, Klein aber

2014 startete Hannah Kaiser ihren ersten Youtube-Kanal, zwei Jahre später wurde mit zwei weiteren Geschäftspartnern die Videoagentur “Klein aber” gegründet. Ziel: Unternehmen und Marken darin zu befähigen, selber Influencer zu werden.

Wer aktuell als Unternehmen oder Marke noch nicht gut auf Youtube verankert ist, sollte zugreifen: „Jetzt ist eine sehr gute Zeit, um zu starten, sich zu positionieren und organische Communities aufzubauen“, sagt Hannah Kaiser. Das betrifft natürlich nicht allein Youtube, sondern auch Instagram und IGTV. Vorwerk (Thermomix), Ebay Kleinanzeigen und Playstation gehören zum illustren Kundenportfolio der Videoagentur, die für einige Kunden bis zu 150 Videos im Jahr produziert.

Auf den ersten Blick erstaunt ihre Aussage, denn seit Beginn des deutschen Lockdowns am 15. März sind viele Bewegtbilder, die man auf Youtube bis hin zu Instagram oder auch Linkedin zu sehen bekommt, nicht unbedingt besser geworden. Doch genau hier trennt sich auch die Spreu vom Weizen, denn um eine Community aufzubauen, als Creator zu agieren und die eigene Marke bedeutungsschwer zu machen, muss man mehr tun, als auf die Aufnahmetaste des Handys zu drücken.

Klein aber setzt hier auf datengetriebenes Storytelling: die kontinuierliche, iterative Entwicklung von Videoformaten anhand von echten Zuschauerdaten. Diese generiert die Agentur durch die enorme Anzahl von produzierten Videos. 70 bis 90 davon werden jeden Monat erstellt und damit mehr als 200 Millionen Views erzeugt. „Youtube – und damit Bewegtbild-Storytelling – wird nach Corona noch wichtiger werden, als es jetzt schon der Fall ist“, sagt Hannah Kaiser, die vor zehn Jahren aus Wien nach Hamburg kam, um in der Hansestadt Journalismus zu studieren.

Neben ihren eigenen Youtube-Kanälen „Klein aber Hannah“ und „Klein aber Lecker“ ist die 29-Jährige als Creator für Marken vor der Kamera – und mit ihrer Agentur dahinter. „Marken müssen wissen, dass es nicht allein um Abverkauf geht. Entscheidend ist die Zeit, die sie mit ihrer Zielgruppe verbringen“, sagt Hannah Kaiser.

„Stellen Sie sich vor, Sie sind auf einem Date und Ihr Gegenüber brüllt 15 Minuten, wie toll er oder sie ist. Wie hoch ist die Chance auf ein zweites Date?“, fragt die Creator-Expertin lächelnd und fügt hinzu, dass die Krise einen nachhaltigen Einfluss auf die Art des Storytellings haben wird: „Kunden akzeptieren immer weniger Marken, die nur auf den Verkauf abzielen. Der Beitrag, den eine Marke zur Gesellschaft leistet, wird wichtiger. Gerade hier kann Youtube genutzt werden. Die Plattform eignet sich perfekt, um sich Zeit zu nehmen, den Zuschauern auch komplexere Zusammenhänge und Werte zu vermitteln. Die entscheidende Kennzahl ist hier Watchtime, also die Zeit, die Kunden mit der Marke verbringen.”

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