Digitalwerbung in Lockdown-Woche 3: Eine Trendanalyse
ADZINE Redaktion, 9. April 2020Die Prognosen für den weltweiten Werbemarkt zeichnen angesichts der Ausgangsbeschränkungen ein düsteres Bild. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind noch nicht absehbar, doch klar ist, dass allerorts Werbegelder verlagert oder gar ganz eingefroren werden. In unserem wöchentlichen Trendbarometer prüfen wir in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen Gemius, wie die deutsche Werbebranche auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert.
In der zweiten Ausgabe unseres Trendbarometers (erste Ausgabe hier) blicken wir auf die ersten drei Wochen des bestehenden Kontaktverbotes. Um ein möglichst umfassendes Bild der Werbewelt zu zeichnen, analysiert Gemius die Werbeaktivitäten aller Brands in TV, auf PC und Mobile im Rahmen des eigenen Panels. Dieses Panel besteht aus 7.000 PCs und 1.500 Smartphones, auf denen sämtliche Werbemaßnahmen registriert werden. Die Analyse umfasst sowohl Werbung im Browser, innerhalb von Apps – dies schließt Walled Gardens wie Facebook & Co. mit ein – als auch in TV und Radio via Sound-Erkennung durch die am Panel teilnehmenden Smartphones. Darüber hinaus kann das Mediennutzungsverhalten der Panelteilnehmer nachvollzogen werden. Ausgewiesen werden in den Grafiken neben der Nutzungszeit die Werbereichweiten und -Impressionen, also der erzeugte Werbedruck der Marken.
TV- und Mobile-Nutzung leicht rückläufig, PC-Konsum steigt an
Die soziale Isolation hält an, was direkte Auswirkungen auf den Medienkonsum hat. Die Nutzungszeiten von TV und Mobile sind in KW 14 jedoch überraschenderweise leicht rückläufig im Vergleich zu den ersten beiden Lockdown-Wochen, aber noch immer deutlich über dem Niveau aus dem Januar (+11 bzw. +16 Prozent). Mobile hat dabei einen größeren Rückgang zu verbuchen als TV. Die PC-Nutzung ist nochmals merklich angestiegen und zeigt ein Plus von 52 Prozent im Vergleich zu der Zeit vor der Ausgangsbeschränkung an.
Das generelle Wachstum für den Konsum von PC und Mobile gilt interessanterweise auch für diejenigen, die sonst schwer über TV-Werbung zu erreichen sind, da sie weniger als eine Stunde pro Tag vor dem Fernseher verbringen. Zum Vergleich: Der durchschnittliche TV-Konsum beträgt zurzeit knapp drei Stunden täglich. Das bedeutet, dass TV-Wenigseher momentan besser auf alternativen Geräten mit Video-Werbung zu erreichen sind.
Telko weiterhin Spitzenreiter bei TV- und Digital-Video-Werbung
Mit Blick auf die Brutto-Reichweiten der verschiedenen Industrien, die mit TV- und Digital-Video-Werbung erzielt wurden, setzt sich der Trend von vergangener Woche fort. Als Vergleichsgröße dienen im Folgenden jeweils die Kalenderwochen 5 bis 11.
Die Telekommunikationsbranche bleibt mit einem Reichweitenplus von 77 Prozent in KW 14 an der Spitze, auch wenn dies einen leichten Rückgang im Verhältnis zu den ersten beiden Lockdown-Wochen bedeutet. Die Advertiser für Medien wie Bücher oder DVDs erlangen aktuell ebenfalls eine größere Reichweite (+32 Prozent) als noch bis zum Start der Corona-Krise, auch die Getränke- und Alkoholbranche kommt auf einen Zuwachs von 39 Prozent. Darüber hinaus sticht die Lebensmittelbranche heraus. Sie kann derzeit neben den genannten Industrien wohl als Fels in der Brandung gesehen werden, schließlich geht der Konsum in nahezu allen anderen Bereichen des Lebens in Zeiten des Lockdowns zurück, während Lebensmittel und Medien sowie Telekommunikationsdienste stärker gefragt sind.
Einige Industrien fahren ihre Werbung hingegen scheinbar herunter. So bleibt die Reisebranche ihrem Kurs von letzter Woche treu und verzeichnet einen Reichweiteneinbruch von 82 Prozent. Die Reichweite für Video-Werbung aus dem Immobiliensektor geht sogar noch weiter herunter auf ein Minus von 93 Prozent. Auch die Automobilindustrie scheint angesichts ihres Produktionsstillstands weniger mit Bewegtbild zu werben und verzeichnet für KW 14 82 Prozent weniger Reichweite.
Über alle Branchen hinweg zeigen die Daten, dass sich die Brutto-Reichweiten für TV und Digital Video nach dem Einbruch um 10 Prozent in KW 13 etwas stabilisiert haben. Trotzdem ist immer noch ein leichter Rückgang von 2 Prozent in KW 14 zu beobachten. Mit Blick auf die Prä-Corona-Zeit nahmen die Brutto-Reichweiten im Video-Advertising in den letzten drei Lockdown-Wochen damit im Mittel um insgesamt 5,5 Prozent ab, sind jedoch wieder auf dem Weg nach oben.
Impressions für Video, Display- und Text-Anzeigen nehmen ab
Das Volumen an Display-Werbung – abseits von Video – und Textanzeigen wuchs in den ersten beiden Lockdown-Wochen deutlich an. Langsam zeichnet sich jedoch der Trend ab, dass zwar die Impressionen höher als vor dem Lockdown sind, aber die Werbetätigkeiten leicht zurückgefahren werden.
Die Wirtschaft ist gelähmt und das kommt jetzt auch im Digitalen an. Wenn selbst die Werbung des E-Commerce nicht wie erhofft performt, dann werden die Werbeaktivitäten weiter zurückgehen. Ein Indiz dafür sind auch die sinkenden Preise bei Google und Facebook.
Takeaways
- Die Mediennutzung der Deutschen ist in der dritten Lockdown-Woche weiterhin deutlich über dem Niveau vor der Corona-Krise.
- Im Vergleich zu den ersten beiden Lockdown-Wochen nahm der Konsum via TV und Mobile leicht ab, die Zeit vor dem PC stieg hingegen.
- Die Telekommunikations-, Medien-, Getränke- und Lebensmittelbranche legen im Bereich Bewegtbild weiterhin stark zu, während die Immobilien- und Reisebranche sowie die Automobilindustrie ihre Werbemaßnahmen konsequent deutlich herunterfahren.
- Die Reichweite von Video-Werbung (TV und Online) geht insgesamt leicht zurück, stabilisiert sich aber.
- Die Impressions für Video, Display- und Text-Anzeigen sind noch auf einem höheren Niveau, nehmen jedoch ab.
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