Datenorchestrierung Made in Germany
Frederik Timm, 3. April 2020Seit über 70 Jahren spezialisiert sich das Stuttgarter Unternehmen Schober auf Marketingdaten. Angefangen mit einer kontinuierlich gewachsenen Adressdatenbank für Offline-Marketing, will das Unternehmen heute auch beim der zunehmenden Digitalisierung des Marketings mitmischen. Martin Brahm, CSO bei Schober, erklärt ADZINE, wie das mittels der neuen Datenorchestrierungsplattform UDO klappen soll.
ADZINE: Hallo Martin, Ihr habt mit UDO (Universal Data Orchestration) eine Plattform geschaffen, die einen schnellen Einstieg ins datengetriebene Marketing bieten soll. An wen richtet sich Euer Angebot?
Martin Brahm: Unsere Lösung richtet sich an Unternehmen, die viele Kunden haben und dadurch viele Touchpoints und Daten generieren. Wir wollen, dass unsere Kunden neue digitale Geschäftsfelder erschließen und die digitale Transformation meistern.
Von der Größe her rangieren unsere Nutzer von globalen Playern bis zu KMUs, die mit unserem System den Einstieg in KI-basierte und datengetriebene digitale Transformation schaffen wollen. Wir wollen dafür mit UDO die Einstiegshürden senken. Bei anderen großen Playern bedeutet der Schritt ins datengetriebene Marketing häufig auch ein großes IT-Projekt zu starten, um alle Systeme zu integrieren. Das kann sich teils über Monate und Jahre erstrecken, bis alles richtig aufgesetzt ist. Schober UDO ist dagegen weniger ressourcen- und zeitintensiv, da sich die Plattform auf die bestehende IT-Infrastruktur setzt und die Datenströme über Schnittstellen (APIs) managt. Deshalb speichert unser System auch keine Daten, sondern schickt sie nach der Analyse direkt zurück in die CRM- oder Zielsysteme beim Kunden. Das Ergebnis: Der Kunde behält seine Datenhoheit.
ADZINE: Ihr helft also Euren Kunden, “ihren Datenschatz zu heben”, wie es häufig so schön heißt. Wie wollt Ihr damit die Brücke zum Advertising schlagen?
Brahm: Wenn Unternehmen sich für eine solche Lösung entscheiden, beginnen sie auch einen Veränderungsprozess. Abteilungen, die vorher wenig bis gar nichts miteinander zu tun hatten, müssen ihre Arbeitsabläufe aufeinander abstimmen. So kommt es auch innerhalb des Marketings zu neuen Berührungspunkten. Während ein E-Mail-Marketer vielleicht direkt über unsere UDO-Plattform das angebundene E-Mail-Tool nutzt, will der Performance-Marketer über eine DMP ein paar Daten für seine Kampagne hinzufügen.
Um das zu gewährleisten, wollen wir im nächsten Schritt die Daten unserer Kunden über eine API in DMPs und DSPs verfügbar machen. Wir arbeiten schon lange unter anderem mit The Adex zusammen, unter anderem auch an einem Addressable-TV-Projekt für die Sevenone Media.
ADZINE: Also verbindet Ihr Euer Angebot mit einer externen DMP?
Brahm: Genau. Das ergibt ja durchaus Sinn. Wenn man Bestandskunden hat, die man gerne digital ansprechen will, beispielsweise über The Adex, lassen sich die Daten an dieser Stelle entsprechend matchen. Unter Umständen lassen sich sogar noch statistische Zwillinge identifizieren, um eine Neukundenkampagne laufen zu lassen. Das wäre der Idealfall.
ADZINE: Lassen sich die Schober-Daten dann dort auch mit einbeziehen?
Brahm: Genau, wir haben zwei Datenbanken. Im B2C-Bereich haben wir 60 Millionen Konsumentendaten mit sehr vielen Merkmalsausprägungen, sowohl demografisch als auch soziodemografisch und psychologisch. Dazu kommen rund 60 Millionen Unique Mobile IDs auf Haus- bzw. Zellebene, inklusive Bewegungspunkten. Auf der anderen Seite haben wir eine B2B-Datenbank mit 4,5 Millionen Datenprofilen, die Informationen wie Firmengröße, Umsatzklassen oder die Anzahl der Mitarbeiter umfassen. Diesen Datenschatz können wir unseren Kunden beim Data Mapping in UDO oder zum Bilden von Zielgruppen zur Verfügung stellen.
ADZINE: Du hast eben Geo-Daten angesprochen. Habt Ihr Partner, mit denen Ihr zusammenarbeitet? Wie aggregiert Ihr die Daten?
Brahm: Wir arbeiten mit App-Publishern zusammen, die auch für den Consent verantwortlich sind. Das wird von uns dann noch auf Herz und Nieren geprüft, sodass wir die Mobile IDs mit den unterschiedlichen Messpunkten ganz DSGVO-konform bekommen. Ein klassischer Anwendungsfall für diese Daten ist zum Beispiel die Wirkungsmessung einer Prospektverteilung in einem bestimmten Gebiet. Die Geodaten erlauben festzustellen, ob es in den Läden einen Uplift der Besucher aus diesen Zellen gibt. So lässt sich der “Spray and Pray”-Ansatz, den Werbetreibende hierbei häufig nutzen, natürlich drastisch minimieren.
ADZINE: Wo wir beim Thema Customer Journey sind. Ihr bietet auch die Customer-Journey-Analyse im Rahmen von UDO, richtig?
Brahm: Das ergibt sich aus den “Events” mit denen wir arbeiten, ähnlich wie Google Analytics. Wir können aus allein Offline- und Online-Kontaktpunkten, Timings und anderen Informationen Events ableiten und anhand dessen eine Timeline bilden. Dann wird relativ schnell klar, aus welchem Kanal ein Kunde kommt. Der Marketer kann aber auch die gesammelte Customer Journey aller Nutzer nachvollziehen und einsehen, wie viele Nutzer beispielsweise an einer Stelle abgesprungen sind und welche Nutzer einen neuen Trigger brauchen, um wieder in die Customer Journey einzusteigen.
ADZINE: Zum Schluss noch eine praktische Frage: Wie sieht der prototypische Einsatz von UDO aus?
Brahm: Wir verbinden die relevanten Systeme unserer Kunden. Diese Daten werden dann gemappt, sodass Nutzer von Schober UDO sehen können, wie viele der Daten aus welcher Quelle kommen und wie viele gematcht werden können. Je nach Datenschutzbelangen der Endkunden bleiben wir bei First-Party-Daten oder erweitern durch Third-Party-Daten.
Im nächsten Schritt werden erste Insights generiert und überprüft, mit welchen Endkunden und Käufern das Unternehmen es zu tun hat. Ein großer Vorteil der Plattform ist, dass Unternehmen schon nach ein paar Wochen die ersten Informationen über ihr Kundenklientel beziehungsweise ihre Kundensegmente bekommen. Durch Analytics und Machine-Learning-Algorithmen können dann erfolgreiche Kampagnen identifiziert, Next Best Action kreiert und optimale Customer Journeys ausgespielt werden, um Neu- und Bestandskunden wirkungsvoller auf ihrer Kundenreise zu begleiten.
ADZINE: Vielen Dank für das Gespräch!
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