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Das genaueste Targeting übernimmt der User immer noch selbst

Anton Priebe, 9. April 2020
Bild: Mihai Lazăr – Unsplash

Die digitale Werbung bringt Targeting-Möglichkeiten mit sich, um seine Zielgruppe möglichst ohne Streuverluste anzusprechen. So kann die Bewegtbildwerbung, die im TV nur die breite Masse anspricht, im Netz hochpersonalisiert ausgespielt werden. Doch verschiedene Entwicklungen bedrohen die zukünftige Treffsicherheit vom Targeting, zumindest auf Browserebene. Olaf Peters-Kim und Philipp Dommers von Welect sehen darin kein Problem, sondern eine Chance für ihr Unternehmen. Der Düsseldorfer Adtech-Anbieter bringt sowohl Spots der großen Agenturnetzwerke, Commerzbank oder Nissan treffsicher zur richtigen Zielgruppe auf Seiten wie Focus, des Kölner Stadtanzeigers oder Chip. Im Interview erklären Dommers und Peters-Kim, wie sie den Usern die Möglichkeit geben, das Targeting selbst zu übernehmen.

ADZINE: Hallo Olaf, hallo Philipp, würdet ihr bitte einmal versuchen, Welect in zwei Sätzen zu erklären?

Peters-Kim: Wir stehen für selbstbestimmten Werbekonsum durch die Nutzer und nennen das On-Demand-Advertising. Wir denken, dass ein mitbestimmungsfreier Werbekonsum nicht mehr zeitgemäß ist.

ADZINE: Wie setzt ihr das technisch um?

Peters-Kim: Wir stellen dem Nutzer bei entsprechenden Werbeunterbrechungen im Netz eine Auswahl an Videos von verschiedenen Marken vor. Dazu verbinden wir Publisher und Advertiser auf einer gemeinsamen Werbeplattform.

ADZINE: Wie kann man sich das aus Nutzerperspektive vorstellen?

Dommers: In der Regel stellen wir dem Nutzer sechs Videos zur Auswahl, wobei er sich dann wie bei einem ‘Netflix für Werbung’ mit einem Klick für eins von diesen entscheiden kann. Welect kommt in verschiedenen Varianten zum Einsatz. So gibt es Platzierungen, bei denen sich der Video-Player auf Fullscreen skaliert und dann in Vollbild den Werbespot abspielt. Andere Integrationen laufen Instream, im Rahmen einer Paywall, eines Adblock-Dialogs oder im CMP-Bereich.

ADZINE: Ihr bietet also einerseits eine Monetarisierungslösung für Content und gleichzeitig eine Audience für Werbevideos an, wobei die Nutzer selbst wählen, welches sie sich angucken möchten. Das hört sich nach vielen Schnittstellen und damit sehr aufwendig an – woher stammt denn eure Technologie? Habt ihr die selbst entwickelt oder arbeitet ihr mit Einzellösungen?

Peters-Kim: Wir haben die Technik selbst entwickelt. Sie wurde also nicht outgesourct in ein Drittland, sondern tatsächlich hier in Deutschland gebaut. Das war uns immer sehr wichtig. Dabei haben wir von Anfang an auf eine hoch performante und skalierbare Technik gesetzt. Aufgrund der unterschiedlichen Schnittstellen müssen wir sicherstellen, dass dort Massenreichweiten abgewickelt werden können. Dass das auf der Plattform funktioniert, können wir nach drei Jahren bestätigen.

ADZINE: Für Massenreichweiten braucht man erstmal die Masse. Wie wird euer Produkt denn in der Publisher-Landschaft angenommen, also auf wie viel Reichweite kommt ihr mittlerweile?

Peters-Kim: Aktuell erreichen wir fünf Millionen Unique User im Monat. Die Zahl wächst aber sehr dynamisch.

Bild: Welect Presse Welect-Gründer Olaf Peters-Kim und Philipp Dommers

ADZINE: Läuft die Vermarktung nur über eure eigene Plattform oder arbeitet ihr mit Partnern zusammen? Und wie seid ihr an das Programmatic-Ökosystem angeschlossen?

Dommers: In erster Linie vermarkten wir selbst. Darüber hinaus haben wir einige Partnerschaften mit vier oder fünf Vermarktern. Gebucht wird überwiegend I/O, aber man kann auch programmatisch auf das Inventar zugreifen. Wir sind an alle größeren Demand-Side-Plattformen (DSPs) angebunden.

ADZINE: In der Video-Werbung gibt es häufig sehr hohe finanzielle Einstiegshürden. Können bei euch auch kleinere Advertiser einsteigen, die nicht gleich sechs- oder siebenstellige Summen auf den Tisch legen?

Dommers: Absolut. Das tun sie auch häufig, weil wir regionales Targeting anbieten, das kurzfristig gebucht wird.

ADZINE: Apropos Targeting – wie wählt ihr die passenden Spots für den Nutzer aus? Ihr sprecht von ‘organischem Targeting’ – wo steckt da die Intelligenz drin?

Dommers: Abgesehen vom Geotargeting bieten wir verschiedene Themen-Channels an, die wir selbst zusammenstellen. Das hat natürlich viel mit dem Thema Umfeld zu tun und meint eine Kombination aus verschiedenen Seiten, die wir für eine Zielgruppe bündeln. Der Tech-Channel läuft dann zum Beispiel bei Chip oder in der Technologie-Rubrik auf Spiegel Online. Zum Teil geschieht dies auch über eine Analyse des Inhalts über Keywords.

Doch bei unserem Ansatz hat das Umfeld keinen so großen Einfluss auf die Targeting-Güte, denn den letzten Entscheidungsschritt tut der Nutzer selbst: Er wählt ein Video aus und betreibt somit das ‘organische Targeting’. Daher ist die Intelligenz extrem hoch, schließlich weiß jeder Nutzer am besten, welches Video er sich in der jeweiligen Situation anschauen möchte.

ADZINE: Das bedeutet, der Nutzer übernimmt das Targeting selbst?

Dommers: Exakt. Dieses Targeting kommt ohne Daten aus. In Zeiten des Cookie-Sterbens ist das sehr gefragt. Wir können auch ein Frequency Cap hinterlegen, sodass es möglich ist, Kampagnen seriell hintereinander zu spielen, wenn etwa verschiedene Content Pieces aufeinander aufbauen. Und wir rechnen erst ab, wenn sich ein Nutzer das Video komplett angesehen hat. Somit stellen wir sicher, dass sich der Nutzer auch für das Thema interessiert, also relevant für den Werbetreibenden ist und zur Zielgruppe gehört.

Wichtig ist aber, dass der Werbetreibende den Teaser seiner Kampagne für unsere Kampagnenübersicht so gestaltet, dass ihn Menschen nur dann aufrufen, wenn das Thema für sie relevant ist. An der Stelle ist also auch eine gute Kreation gefragt. Auf Wunsch unterstützen wir unsere Werbekunden dabei.

ADZINE: ‘Bessere Werbewirkung durch selbstbestimmten Videokonsum’, so lautet euer Motto, das ihr auch mit Studien belegt. Aber ist das skalierbar? Wo wollt ihr damit hin?

Peters-Kim: Ja, das ist absolut skalierbar. Diese Möglichkeit des Rückkanals gibt es im gesamten Internet. Wir können die Menschen überall, wo sie Dinge konsumieren, ansprechen und fragen, welches Video sie sich anschauen möchten. Es ist auch auf jedem Device einsetzbar und bei weitem keine Nische. Wir merken das auch an der Vielfalt der Platzierungen.

Beim Thema Video Views geht es vor allen Dingen um Qualität. Wir werden nie die Masse an Kontakten wie Youtube oder Facebook vorweisen. Aber beim Thema 100 Prozent Completed Views werden wir in ein paar Jahren mit den Großen mithalten können. 2021 soll es erstmal in Richtung Internationalisierung gehen.

ADZINE: Olaf, Philipp, vielen Dank für das Gespräch!

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