Noch im Dezember 2019 blickten die Werbemarktprognosen unterschiedlicher Agenturgruppen recht zuversichtlich in die Zukunft. Vor allem die Entwicklung der digitalen Werbekanäle sollten sich vielversprechend weiterentwickeln und 2020 über die Hälfte der weltweiten Werbespendings ausmachen. Wachstumstreiber hierbei waren laut den Prognosen Online-Video und die sozialen Medien. Das Jahr 2020 und die vorherrschende Corona-Krise brachten jedoch eine deutlich andere Realität. Werbegelder werden zunehmend gekürzt und die Nachfrage nach Werbefläche ist rückläufig. Davon betroffen ist auch die Werbung auf Social-Media-Plattformen, wie die aktuelle Untersuchung von Esome zeigt, die den deutschen Markt für Social Advertising unter die Lupe genommen hat.
Für ihre Analyse verwendeten die Experten von Esome, ein Beratungsunternehmen für digitale Werbekampagnen, Kampagnendaten von über 200 Werbetreibenden aus allen wichtigen Branchen des deutschen Marktes für das erste Quartal 2020. Dabei beruhen die Daten ausschließlich auf Social-Werbekampagnen, die von Esome umgesetzt wurden. Der sonst herkömmliche Anstieg der Werbebudgets im Social Advertising im Verlauf des ersten Quartals 2020 wurde nicht registriert. Die großen Unsicherheiten der Werbebranche durch das Coronavirus zeigen sich somit auch im Social Advertising und führen zu stagnierenden Werbebudgets und sinkenden Inventarpreisen. Besonders betroffen hiervon sind Facebook und Twitter. So brach der Tausender-Kontaktpreis (TKP) bei Twitter kurz vor Beginn des Lockdowns drastisch ein. Auch der Facebook-TKP zeigt eine stark rückläufige Tendenz. Relativ stabil dagegen sind die Inventarpreise von Pinterest, Snapchat und Youtube. Snapchat konnte im Zuge des Lockdown sogar deutlich höhere TKPs erzielen.
Generell war ab Mitte März laut Esome ein signifikanter Rückgang der Budgets um bis zu 40 Prozent unter Vorjahresniveau zu verzeichnen. Die TKPs sanken plattformübergreifend um 31 Prozent seit Beginn des Lockdowns in Deutschland. Zum Quartalsende stiegen dann die Inventarpreise auf den sozialen Plattformen wieder leicht auf Vormonatsniveau an.
Die einzelnen Branchen in Deutschland sind dabei unterschiedlich stark betroffen. Während im Bereich Automotive die Werbebudgets ab März stark reduziert wurden, stiegen die Ausgaben in der Lebensmittel- und Telekommunikationsbranche deutlich an. Dies zeigt auch eine aktuelle Untersuchung von ADZINE und dem Marktforschungsunternehmen Gemius.
Drei mögliche Szenarien für die Zukunft
In ihrer Analyse zeigen die Experten von Esome drei mögliche Entwicklungen für den deutschen Social-Advertising-Markt in der anhaltenden Krise auf. Im ersten Szenario erfolgt eine schnelle Erholung nach einem kurzen Schock. Hier würden die Werbetreibenden ihre Kommunikation der Situation anpassen, was die Inventarpreise wieder ansteigen lässt. Die teureren TKPs zum Ende des ersten Quartals könnten diese Theorie stützen. Das zweite Szenario lässt sich wie ein langes Sommerloch beschreiben. Hier würden die Werbetreibenden eine eher abwartende Rolle einnehmen und ihre Aktivitäten zunächst nicht steigern. Die Preise und Budgets würden auf einem niedrigen Niveau stagnieren. Das dritte Szenario lässt sich als Schockstarre beschreiben. Die große Unsicherheit führt dazu, dass die Inventarpreise weiter sinken und einige Wochen auf einem niedrigen Niveau verharren. Ein Trigger-Event könnte diese Starre dann lösen und die Werbetreibenden zu deutlich mehr Aktivität bewegen. Ein solches Event könnten weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen sein oder die Entwicklung eines Impfstoffes.
Die Realität wird sich höchstwahrscheinlich zwischen den drei beschriebenen Szenarien einpendeln. Die kommenden Wochen werden zeigen, wohin sich der Markt bewegen wird. Vieles hängt davon ab, wie die deutsche Wirtschaft auf die aktuellen Herausforderungen reagiert.
Takeaways
- Die großen Unsicherheiten der Werbebranche durch das Coronavirus zeigen sich auch im Social Advertising und führen zu stagnierenden Werbebudgets und sinkenden Inventarpreisen.
- Besonders betroffen hiervon sind Facebook und Twitter.
- Die TKPs sanken plattformübergreifend um 31 Prozent seit Beginn des Lockdowns in Deutschland.
- Mögliche Zukunftsszenarien: Schnelle Erholung, Stagnation oder Schockstarre.