In Zeiten der Ausgangsbeschränkungen glauben Viele an den endgültigen Siegeszug des Online-Handels – ein Trugschluss, wie der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) jetzt verkündet. Entgegen den Erwartungen leidet der E-Commerce ebenfalls empfindlich unter der Corona-Krise. Es profitieren nur die Versender von Waren, die auch im Ladengeschäft stark nachgefragt sind. Während etwa die Online-Bestellungen von Drogeriewaren und Medikamenten extrem angestiegen sind, ist der Handel mit Bekleidung und Technik enorm zurückgegangen.
Die Ergebnisse stammen aus der Studie “Interaktiver Handel in Deutschland”, in deren Rahmen der BEVH übers Jahr hinweg regelmäßig 40.000 Deutsche über 14 Jahre befragt. Um ein Stimmungsbild während der Corona-Krise zeichnen zu können, wurden die bisher vorliegenden Zahlen von Januar bis März 2020 ausgewertet und mit den Ergebnissen vom Vorjahr verglichen. Dabei zeigt sich, dass der März ein äußerst bitterer Monat für den E-Commerce war.
Gegenüber dem Vorjahr musste der Online-Handel im März 20 Prozent weniger Umsatz verzeichnen. Besonders hart getroffen hat es das Bekleidungssegment (-35 Prozent), Schuhe (-31 Prozent), Unterhaltungselektronik (-21 Prozent) sowie Computer und Zubehör (-23 Prozent) – trotz der Home-Office-Regelungen. Zudem erlitten insbesondere die digitalen Dienstleistungen wie Online-Buchungen für Reisen, Veranstaltungen oder Flug-,Bus- und Bahn-Tickets herbe Verluste. Im März verbuchten sie einen Umsatzrückgang um mehr als drei Viertel.
Zulegen konnte dagegen der Handel mit Waren aus den Kategorien Lebensmittel, Drogerie, Tierbedarf, Auto und Motorrad sowie Do-it-Yourself. Einzig in diesen Bereichen können Händler eine positive Bilanz für den März verzeichnen, teilweise eine sehr deutliche. So stieg der Umsatz mit Drogeriewaren um 29 Prozent, mit Lebensmitteln um 56 Prozent und mit Medikamenten sogar um 88 Prozent.
BEVH fordert kontaktloses Click & Collect für den stationären Handel
Bei der Betrachtung auf Quartalsebene stellt der BEVH trotzdem ein Umsatzwachstum des Online-Handels fest. Der Verkauf von Waren im Wert von 16,5 Milliarden Euro beschwert dem E-Commerce einen Zuwachs von 1,5 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2019 – im vergangenen Jahr waren es allerdings noch 11,2 Prozent. Das Wachstum liegt vor allem im starken Start von Januar und Februar begründet. In den ersten zwei Monaten konnten die jetzt am meisten betroffenen Kategorien noch deutlich zulegen: Bekleidung um über neun Prozent, Unterhaltungselektronik um knapp neun Prozent sowie Computer und Zubehör um nahezu zehn Prozent.
BEHV-Präsident Gero Furchheim erklärt: “E-Commerce ist heute ein normaler Einkaufskanal. Deshalb wirkt sich solch eine Krise in der Konsumstimmung voll auf unsere Branche aus. Die Behauptung, der E-Commerce würde pauschal als ‘Gewinner’ aus der Corona-Pandemie hervorgehen, ist schlicht falsch. Richtig ist aber, dass die Chancen des E-Commerce für die Versorgung der Kunden und die Geschäftsmodelle des Einzelhandels neu erlebt werden.”
So sieht Furchheim eine Chance in der Verknüpfung von Online- mit dem stationären Handel, wenn schnell reagiert wird: “Die Nachfrage zieht an, und dieses positive Signal muss auch in den stationären Handel zurückgeführt werden. Deshalb braucht es jetzt einheitliche Genehmigungen von kontaktlosem ‘Click & Collect’ – die kontaktlose und sichere Übergabe von telefonisch oder im Internet bestellten Waren. Dieses Konzept könnte jetzt, zusätzlich zum Online-Handel, einen Beitrag für die Versorgungssicherheit der Bevölkerung und die Existenzsicherung stationärer Ladengeschäfte leisten und muss zwingend Teil einer zukünftigen Exit-Strategie sein. Die Läden sind voll mit Waren, und Saisonartikel sind kurzfristig vom Wertverfall bedroht.”