Wie schaffe ich für meine Zielgruppe ein wirksames Werbeerlebnis? Ein wichtiger Faktor in der Beantwortung dieser Frage ist das richtige Targeting, Werbung sollte möglichst relevant für den Nutzer sein. Eines der wichtigsten Werkzeuge zum Speichern von Nutzermerkmalen, der Cookie, steht zunehmend unter Beschuss. Dadurch rücken kontextbasierte Targeting-Verfahren in den Fokus der Werbebranche. Ein Gespräch mit zwei Anbietern für diese Targeting-Methoden zeigt jedoch, auch hier will nicht jeder den Cookie missen.
In der einfachsten Form des Targetings, die Inhalte einer Webseite einbezieht, nutzen Werbetreibende einzelne Keywords oder Keyword-Kombinationen, die im Text erwähnt sind, um ihre Werbung gezielt auszusteuern.
Beim kognitiven und semantischem Targeting nutzen Anbieter jedoch Algorithmen, um die Textinhalte über einfache Keyword-Analysen hinaus statistisch und linguistisch zu verarbeiten. Den Webseiten werden dadurch semantische Profile zugewiesen auf die Werbetreibende targeten können. Dies eröffnet mehr Möglichkeiten als simples Keyword Targeting. So muss der Seitentext beispielsweise gar nicht zwingend die vorher vom Werbetreibenden bestimmten Keywords enthalten, um inhaltlich trotzdem zum Werben in Frage zu kommen. Hierfür sind keinerlei Cookies erforderlich.
Der Einsatz von Cookies kann jedoch die Möglichkeiten von kontextuellem Targeting erweitern. Es lassen sich dadurch aus den inhaltlichen Informationen auch URL-übergreifende Nutzerprofile erstellen. Dem Nutzer werden bei dieser Methode Eigenschaften zugeschrieben, die auf den inhaltlichen Informationen der von ihm besuchten Seiten basieren.
Semantisches Targeting als Momentaufnahme
Die seitenübergreifende Profilbildung mittels semantischem Targeting wird jedoch nicht von allen Anbietern unterstützt und gewollt. Robert Wauer, Gründer von Semcona und Chief Business Development Officer des Content-Analyse-Anbieters Relemind, erklärt auf die Nachfrage, ob Relemind auf seitenübergreifende Profile setzt: „Das kommt auf den Standpunkt an, den man in Sachen GDPR und Eprivacy vertritt. Wenn ich das Wort 'Nutzerprofile' höre, werde ich schon bei der Frage unruhig. Ein aus meiner Sicht echtes semantisches Targeting oder besser noch Contextual oder gar Cognitive Targeting bedarf keiner Nutzerdaten.“
Allein durch die semantischen Informationen entsteht so eine Art Momentaufnahme, nach der einem Nutzer aufgrund des Seiteninhalts bestimmte Attribute zugeordnet werden können. Wauer geht es nicht darum, von den Möglichkeiten die darüber hinausgehen zu sprechen, sondern genau diese Momentaufnahme mit dem Ansatz „Privacy by design“ zu begründen.
Entsprechend verzichtet sein Unternehmen komplett auf die Nutzung von Cookies: „Alles was wir auf Basis der Relemind-Technologie für unsere Kunden umsetzen, kommt vollständig ohne Cookies aus. Wenn dann eine SSP oder DSP meint, die Ergebnisse aus dem Matching noch mit zusätzlichen Daten anreichern zu müssen, die in den meisten Fällen aus Cookies stammen, wollen wir das eigentlich gar nicht wissen.“
Allerdings räumt Wauer ein: „Unter Ausblendung der gesetzlichen Regelungen muss man natürlich klar sagen, dass die Kombination der 'alten Cookie-Welt' mit solch einem modernen Cognitive Targeting vermutlich einen deutlichen Performance-Boost ergeben kann, denn wenn ich weiß, wer mein Nutzer ist und wo er gestern gesurft hat und ich ihn jetzt in diesem Context nochmal bespielen kann – was will man mehr. Meines Wissens gibt es SSPs, die gerade dabei sind, ihre Profile mit Context-Informationen anzureichern. Aber das passiert alles auf SSP-Seite.“
Mehr Optionen mit Cookie-Daten
Wie Profilerstellung mittels semantischer Analyse aussehen kann, zeigt das Hamburger Adtech-Unternehmen Semasio. Kasper Skou, Gründer und Geschäftsführer, erklärt: „Wir bilden immer seitenübergreifende Nutzerprofile, mit allen gewichteten Keywords der Seiten, die die Nutzer konsumieren. Je nach Art der Zielgruppenerstellung können wir bis zu 100 Tage auf das Nutzerprofil zurückblicken. Die Zuordnung von Nutzern zu definierten Zielgruppen passiert in Echtzeit – bei modellierten Audiences einmal täglich – anhand des aktuellen Profils des Nutzers und unsere Kunden können hier definieren, wie lange zurück geblickt werden soll.“
Dementsprechend setzt man bei Semasio auch auf Cookie-Daten und sieht sich nicht als eine Alternative dazu. Grundsätzlich könne man auch Kundendaten anhand von Cookies oder Mobile Identifiern das System übersetzen und somit zu Semasio-Profilen matchen. Um diese Daten zu übermitteln, könne entweder ein Semasio Tracking Pixel genutzt oder über eine DMP-Anbindung an das System übermittelt werden. Wichtig sei hierbei jedoch, dass Kundendaten niemals geteilt oder gemischt werden und man sie ausschließlich für einen Kunden nutzt.
Skou glaubt daran, dass es Zeit ist, einen Marktstandard zu entwickeln, der auch Dritten datenschutz-konformes Tracking von Nutzerprofilen ermöglicht: „Daher kooperieren wir bereits mit ID-Initiativen und arbeiten mit der Trade Desk OpenID und ID5. Darüber hinaus verfolgen und beobachten wir andere Ansätze wie zum Beispiel Digitrust.“
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