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CORONA

Pro und Contra: Werbe-Shutdown wegen Corona

Anton Priebe, 31. März 2020
Bild: Ryan McGuyre; CC0 - gratisography

Das Wort “Coronavirus” ist dieser Tage eines der am meisten blockierten Keywords unter Werbungtreibenden. Online-Anzeigenpreise sind auf Talfahrt. Marken gehen auf Distanz zu Covid-19, um zu vermeiden, dass sie den Usern im Kontext der Krise im Gedächtnis bleiben. Dabei ist gerade der Totalrückzug von den digitalen Werbeflächen die falsche Reaktion, meint Claas Voigt, Geschäftsführer beim Datenspezialisten Emetriq. Günstige Anzeigenpreise und Aufmerksamkeit für die Corona-Krise für Werbung nutzen? Kann man machen, führt aber womöglich zu unumkehrbaren Imageschäden, meint Jenny Gruner, Director Digital Marketing bei Hapag-Lloyd. Vollkommen einig sind sich die beiden Marketing-Profis darin, dass die Krisenzeit die Gelegenheit für Marken ist, um Haltung zu zeigen.

Claas Voigt, Emetriq: Investitionen in Online-Shops und digitale Werbung

Bild: Emetriq Presse

“Die Corona-Pandemie verändert das Leben der Konsumenten und eröffnet gleichsam neue Chancen für Marken, die sich nicht aus überhöhter Zaghaftigkeit einigeln. Denn fest steht: Durch die Maßnahmen der Bundesregierung als Reaktion auf die Verbreitung des Coronavirus verändert sich das Medien- und Konsumverhalten deutscher Verbraucher gerade merklich. Fest steht aber auch, dass weiterhin konsumiert wird, nur etwas anders: Die Menschen ändern gezwungenermaßen ihre Gewohnheiten und beginnen, sich für neue Dinge zu interessieren. Eine ideale Gelegenheit für Marken, mit neuen Zielgruppen in Kontakt zu treten.

Aus den veränderten Lebensbedingungen ergeben sich neue Interessen und Bedürfnisse.
Der Fokus der Verbraucher verschiebt sich. Durch Homeoffice, Zwangsurlaub oder Quarantäne verbringen viele die meiste Zeit zu Hause. Sämtliche Freizeitangebote wie Gym und Gastronomie entfallen und machen Platz für vernachlässigte Hobbys und persönliche Projekte: Es rücken beispielsweise die eigenen vier Wände, der Garten und die Familie in den Mittelpunkt. Hinzu kommt, dass der stationäre Handel seine Schotten dicht machen musste. Geshoppt wird nun online. Für den stationären Handel erhöht sich entsprechend der Druck, bestehende Online-Shops zu professionalisieren und auch den werblichen Fokus dort zu schärfen. Statt knallharter Performance-Kampagnen bietet sich hier jedoch aktuell stärker die Aktivierung von Bestandskunden und Freunden von ‘Fans’ an.

Wenn auch gerade im Corona-Kontext der Fokus nicht auf Umsatzsteigerung liegen sollte, so ist jetzt eine ideale Gelegenheit für Marken, Haltung zu zeigen. Sie können sich von einer anderen Seite präsentieren und so die Aufmerksamkeit von neuen Zielgruppen auf sich ziehen. Wenn Marken und werbungtreibende Unternehmen die Chancen jetzt nutzen, können sie den Grundstein legen für neue, langfristige Kundenbindungen, ihre Reichweiten deutlich steigern und sich so bestens auf die Zeit nach der Krise vorbereiten. Durch den Aufmerksamkeits-Shift unter den Konsumenten ergeben sich aktuell gute Möglichkeiten, mit gezielter Anzeigenschaltung in das Blickfeld neuer Zielgruppen zu wandern und so das Markenbewusstsein zu steigern.

Covid-19 ist für alle eine große Herausforderung, privat und in den verschiedenen beruflichen Rollen innerhalb der Werbewirtschaft. Besonders der stationäre Handel leidet bereits jetzt schon unter den triftigen – wenn auch notwendigen – Maßnahmen gegen das Virus. Aber auch darin liegt eine gewaltige Chance. Wir gehen davon aus, dass sich die Umstände wie ein Digitalisierungs-Katalysator auswirken dürften. Trotz des vorsichtigen Klimas bei Investitionen sind wir überzeugt, dass jetzt der Zeitpunkt ist, in Online-Shops und digitale Werbung zu investieren, um kurzfristig Umsätze sicherzustellen und langfristig in einem neu aufgestellten Markt gut positioniert zu sein.”

Jenny Gruner, Hapag-Lloyd: Zurückhaltung üben und viel diskutierten Purpose finden

Bild: Hapag Lloyd Presse

“Natürlich ist es richtig, dass Werbung im Umfeld von Coronavirus-Berichten eine maximale Aufmerksamkeit verspricht und im Vergleich zu sonstigen Marktpreisen derzeit sehr günstig ist. Wenn Unternehmen dies als Chance verstehen und nutzen, um ihre Produkte zu pushen, hat es aber auch ganz sicher ein ‘Geschmäckle’ und zahlt nicht auf das Image und die Wahrnehmung einer Marke ein – zumindest nicht positiv. Zwar heißt es in jedem Kommunikationshandbuch immer wieder: Jede Krise birgt Chancen. Das ist richtig. Das trifft derzeit aber ganz sicher nur für die wenigsten Branchen zu. In der aktuellen Krise sollten sich Unternehmen mit Werbung und Marketing im Coronavirus-Umfeld also zurückhalten.

Es ist doch so: Jeder von uns trägt eine soziale Verantwortung für die Gesellschaft. Jetzt gilt es diese zu übernehmen und ihr auch gerecht zu werden. Bereits vor der Corona-Pandemie hat die Kommunikations- und Werbebranche fast nur noch von Purpose und Haltung gesprochen. Jetzt ist der Moment beides zu zeigen – als Unternehmen und als Mensch.

Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die aktuelle Krise mit all ihren sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen bestimmten Themen einen gewaltigen Schub geben wird, wie der Digitalisierung, New Work oder Remote Work und auch Nachhaltigkeit. Gerade Letzteres wird dadurch ordentlich gepusht, dass die meisten Unternehmen gerade feststellen, dass es auch mit weniger Reisen und mehr virtuellen Treffen und Meetings funktionieren kann. So geht die Branche vermutlich zumindest nachhaltiger aus der Krise heraus, als sie hineingegangen ist.”

Tech Finder Unternehmen im Artikel

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