Die Diskrepanz der Formate für Bewegtbild-Content könnte nicht größer sein. Um auf mobilen Devices eine gute und bequeme Experience zu schaffen, sind vor allem vertikale Videoformate gefragt. Bei der Produktion von Spots und Content ist aber noch lange nicht Mobile First gesetzt, sondern nach wie vor 16:9 und damit das entgegengesetzte Format. Und weil man Facebook-Nutzern anscheinend nicht zumuten kann ihren Bildschirm zu drehen, dreht sich stattdessen der Rest der Welt.
In den frühen Tagen mobil-konsumierter Videos hatte das vertikale Format noch einen einen schweren Stand. Die Kritikpunkte reichten von den hässlichen schwarzen Balken auf beiden Seiten, sobald sie horizontal betrachtet werden, bis zum Punkt, dass die horizontale Anordnung der menschlichen Augen einfach nicht für das vertikale Sichtfeld ausgelegt ist. Scherzhaft sprach man auch vom “Vertical Video Syndrome”.
Doch während Vertical Videos auf anderen Screens aus der Norm fallen, sind sie auf Mobilgeräten ein natürliches Format, das aufgrund des kleinen Bildschirms auch für die menschlichen Augen keine Herausforderung darstellt. Vertikale Videos sollen sich an der Nutzungsrealität des Smartphones orientieren und dafür sorgen, dass auch Bewegtbildinhalte ansprechend auf dem mobilen Screen konsumiert werden können.
Neben der vermeintlich besseren User Experience hat das vertikale Format jedoch noch einen weiteren Vorteil für Werbetreibende: das Werbemittel wird je nach Bildverhältnis nahezu bildschirmfüllend ausgespielt und erzeugt so mehr Aufmerksamkeit.
Doch nicht selten werden Werbespots immer noch ausschließlich im 16:9-Format erstellt. Schließlich vereint man hier die Mehrheit der Bildschirme, auf denen Videowerbung konsumiert wird: TV und Desktop. Eine eigene Mobilversion des Werbemittels bedeutet zusätzliche Produktionskosten.
Mobile Werbemittel mit Hilfe von Tools erstellen
Um Werbetreibende bei dieser Herausforderung unter die Arme zu greifen, bietet beispielsweise die Mobile-exklusive Social-Media-Plattform Snapchat in ihrem Ad Manager die Möglichkeit, Werbemittel – egal ob Bild oder Video – entsprechend auf das vertikale Format zuzuschneiden. Der Vorteil dabei: die Spots sind sofort im passenden Format, das die Social-Media-Plattform unterstützt. Denn auch in der Vertikale gibt es Optionen. Bei Facebook reichen sie zum Beispiel von 1:1 über 4:5 und 2:3 bis zu 9:16.
Abseits von Videoformaten warten auch Adtech-Plattformen mit Tools auf, die das Erstellen von Mobile Ads erleichtern. So ermöglicht beispielsweise die Demand-Side-Plattform von Tabmo das einfache Zusammenfügen von Media Assets zu einem Mobile-Werbemittel. Dabei sind Werbetreibende jedoch nicht nur auf Banner beschränkt, sondern können auch komplexere Rich-Media-Werbemittel selbst gestalten.
"Bei unserem täglichen Austausch mit Mediaagenturen stellen wir immer wieder fest, dass oftmals weder Zeit noch Budget zur Verfügung stehen, um geeignete Sonderformate für mobile Kampagnen zu erstellen”, erklärt Oliver Bolenius, Managing Director DACH bei Tabmo. “Bei der Entwicklung unserer DSP haben wir dies berücksichtigt und geben unseren Kunden dort die Möglichkeit, eigene mobile Creatives einfach und intuitiv zu gestalten. Hier können, neben Rich Media Ads, auch für mobile Kampagnen geeignete Videoformate erstellt werden.” Die Nutzer des Angebots sollen dadurch eigenständig in der Plattform die von den Kreativagenturen zur Verfügung gestellten Assets verwenden und zur mobilen Werbeansprache nutzen können.
Tools ersetzen keine Planung
Abgesehen von denen der Adtech-Plattformen existieren Angebote, die mit der einfachen Umwandlung von horizontalen Videos werben. Doch Tobias Kärcher, Creative Director Digital bei Pilot, meint, dass – egal um welche Lösung es sich handelt – sie sich hauptsächlich für private Zwecke oder für Influencer eignen, die schnell und einfach Content auf die jeweiligen Plattformen spiegeln wollen. Ein optimales Ergebnis erreiche man jedoch nur, wenn man selbst Hand anlegt und mit einem professionellen Schnittprogramm arbeitet: „Eine nachträgliche Vertikalisierung von Video-Content ist eine komplexe Angelegenheit, man verliert ja gute zwei Drittel des Bildes. Bewegtbild-Produktionen der von uns betreuten Marken haben meist eine so hohe Informationsdichte, dass von Sekunde zu Sekunde entschieden werden muss, welchen Bildinhalt man übernimmt und auf welchen verzichtet werden kann.“ Zusätzlich müssten Breitbild-Clips meist gekürzt und der Zielplattform entsprechend umgeschnitten werden, meint Kärcher. „Ganz zu schweigen vom Einsatz der Text-Overlays, Logos oder anderen grafischen Zusatz-Elementen. Eine automatisierte Lösung kann all das nicht meistern.“
Egal ob Tools zum Einsatz kommen oder die Inhalte in Eigenregie zurechtgeschnitten werden, braucht es sorgfältige Planung, schon bei der Produktion. „Derzeit wird häufig Breitbild-Material genutzt, um daraus dann Hochkant-Videos zu erstellen“ erklärt Kärcher. „Das passiert allerdings geplant und wird schon beim Dreh stets berücksichtigt.“ So sei sichergestellt, dass genügend Material für eine entsprechende Auswahl vorhanden ist.
In der Produktion können Werbetreibende bereits einige Dinge beachten, die zu einer besseren User Experience des vertikalen Videos führen können:
- Zu viel horizontale Bewegungen sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Durch das enge Sichtfeld können diese Bewegungen noch extremer wirken.
- Die Handlung des Spots sollte sich möglichst im Mittelpunkt des Bildes abspielen, da zwei Drittel des Bildes am Rand verschwinden. Dadurch entsteht ein größerer Fokus auf das Subjekt des Spots.
- Die Spots sollten generell kurz gehalten werden.
- Im Zusammenspiel mit den teils extremen Formaten wie 9:16 kann hier eine neue
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