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PROGRAMMATIC

Transparenz in Programmatic muss bei den Advertisern anfangen

Anton Priebe, 7. Februar 2020
Bild: Himanshu Chaudhary – Unsplash

Die Debatte rund um Transparenz im Programmatic Advertising beschäftigt die Branche schon lange. Oft stehen sich verhärtete Fronten gegenüber: Auf der einen Seite die Werbetreibenden, die sich über die intransparente Verwendung ihrer Budgets und die fragwürdige Mediaqualität beklagen, und auf der anderen Seite die Agenturen, die mit dem Finger auf die Adtech-Unternehmen zeigen, weil diese ihre Gebühren nicht klar aufschlüsseln. ADZINE hat in den vergangenen Wochen bereits einige Marktteilnehmer in der Debatte zu Wort kommen lassen und von Leserseite aus nun einen neuen Ansatz zugespielt bekommen: Demnach sollten auch die Werbetreibenden selbst transparenter werden.

Während die Advertiser eine klare Definition von Transparenz haben und verstärkt auf Inhousing – geradezu als Schutzmaßnahme – setzen, sehen einige Marktteilnehmer einen großen Teil der Verantwortung, dass das Programmatic-Geschäft transparenter wird, bei den Marken. Dabei spielt einerseits die Geschichte der Agentur-Kunde-Beziehungen eine Rolle, andererseits betrifft es die intransparenten Ziele aufseiten der Werbetreibenden.

Fehlende Transparenz ist aus der Geschichte heraus entstanden

Bild: Emetriq Presse Claas Voigt, Emetriq

So erklärt Claas Voigt, Geschäftsführer von Emetriq: “Die Advertiser fordern heute eine größtmögliche Transparenz bezüglich ihres Werbebudgets. In der Vergangenheit lautete der Deal der Mediaagenturen beim Thema Programmatic jedoch meist: Garantie gegen Transparenz. Und ganz viele haben eine garantierte Leistung und ein geringes Risiko für die fehlende Transparenz in Kauf genommen. Jetzt aus diesem Deal herauszukommen ist nicht ganz einfach.”

Die Rolle der Mediaagenturen sei seiner Meinung nach immer zweigeteilt: “Das Eine ist die Beratungsleistung, also die Frage, wo ich am besten für meine definierte Zielgruppe werbe. Das Andere ist die Einkaufsbündelung. Die ist erst einmal berechtigt, denn wer würde nicht die Chance ergreifen, Rabatte zu erzeugen. Das Riskante daran aber ist, dass der Missbrauch der Einkaufsmacht zu einem extrem großen Kickback-Werk geführt hat: Die Mediaagenturen haben ihr Budget nicht an die verteilt, die ihnen am meisten Rabatt geben, sondern mehr an die, die sie auf Umwegen am besten finanzieren. Und an dieser Stelle möchten Advertiser mehr Transparenz – je mehr Budget ein Advertiser hat, desto größer ist seine Forderung danach. Daher ist es wichtig, seine Verträge so zu schärfen und zu sagen: ‘Ja, bündelt weiter die Einkaufsmacht, aber macht mit unserem Einkaufsvolumen nicht noch ein anderes Geschäft.’ Um dauerhaft für Transparenz in der Werbebranche zu sorgen, sollten die Advertiser eine aktive Rolle einnehmen.”

Die Stärkung der Nachvollziehbarkeit aufseiten der Werbetreibenden

Bild: Mint Square Presse Lukas Wehn, Mint Square

Lukas Wehn, Co-Gründer und Director Campaigns & Products der Strategie- und Technologieberatung Mint Square, spricht sich ebenfalls für eine größere Rolle der Werbetreibenden im Programmatic-Ökosystem aus, betont dabei jedoch, dass Transparenz auf allen Seiten geschaffen werden muss: “Werbungtreibende spielen in Bezug auf die Herstellung von Transparenz in unserer Branche selber einen wichtigen Part. Der Allerwichtigste ist wohl die konsequente Einforderung von Transparenz von allen Partnern und Dienstleistern. Das bezieht sich auf die Methoden ebenso wie auf die Technologien und die Preisstrukturen. Doch wer Transparenz einfordert, der muss sie auch selbst bieten: So müssen externe Dienstleister zum Beispiel genau wissen, was die Kampagnenziele und die internen Auswertungsstrategien sind. Das ist nicht nur eine Frage der Offenheit, sie ist ganz einfach erfolgskritisch.”

Es lohne sich, einen Anforderungskatalog zu erstellen, in dem die Ansprüche ans Werbewirtschaften definiert sind: “Auf Basis dessen können und sollten Entscheidungen innerhalb von Partnerschaften und Geschäftsbeziehungen hinterfragt und gemessen werden. Das ist leichter gesagt als getan, denn es gehört eine gewisse Kompetenz dazu, bewerten zu können, ob erhaltene Informationen vollständig und wie sie einzuordnen sind. Es lohnt sich also, sich zunächst vertrauensvolle Unterstützung zu holen, um die entsprechenden Fähigkeiten Inhouse aufzubauen.”

Eigene Daten- und Technologiehoheit ist gefragt

Darüber hinaus solle auf die eigene Technologie- und Datenhoheit geachtet werden: “Der Kern einer Kampagne sollte nicht blind nach extern ausgelagert werden. Sollte das nicht machbar sein, sollten zumindest externe Tools zur Adverification eingesetzt werden. Auch A/B-Tests können ein guter Weg sein, unterschiedliche Dienstleister nicht nur in Bezug auf die Performance, sondern auch auf transparenten Informationsfluss hin zu vergleichen. Denn eines gilt immer: Je mehr Informationen geteilt werden, desto besser”, ergänzt Wehn.

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