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Programmatic-Markt in Deutschland: Private Auktionen und Deals auf dem Vormarsch

Anton Priebe, 19. Februar 2020
Bild: Dayne Topkin – Unsplash

Der Gesamtmarkt für Programmatic Advertising in Deutschland beträgt laut aktuellen Emarketer-Zahlen 2,34 Milliarden Euro, wobei Facebook daran den Löwenanteil für sich beansprucht. Obwohl strittig bleibt, ob Facebook als in sich geschlossenes Ökosystem dazuzählen kann, teilt sich Programmatic Advertising grundsätzlich in verschiedene Bereiche auf: Open Auction/Exchange, Private Marketplaces und Programmatic Direct bzw. Guaranteed. Jedem der drei Typen liegen unterschiedliche Mechanismen im Mediahandel zugrunde. Wie also verteilen sich die Ausgaben konkret in die einzelnen Einkaufsarten von Programmatic?

Ursprünglich meinte Programmatic Advertising vor allem Open Auction, oft synonym mit Real-Time-Bidding (RTB) gebraucht, dem grundlegenden Bieterverfahren dahinter. Jeder Werbetreibende kann hier über Demand-Side-Plattformen (DSPs) auktionsbasiert das Inventar der Publisher ersteigern. Abseits der offenen Auktion, auf privaten Marktplätzen (PMPs), vermarkten Seitenbetreiber ihre Werbefläche für ausgewählte Teilnehmer. Diese müssen im Vorfeld autorisiert worden sein, wodurch einerseits weniger Wettbewerb als auch höhere Preise – weil ausgesuchte Fläche – für das Inventar zustande kommen sollen. Daneben existiert darüber hinaus die direkte oder auch garantierte programmatische Vermarktung, Programmatic Direct/Guaranteed (PD/PG). Hier wird gar nicht erst eine Auktion gestartet, denn die Advertiser bezahlen einen vorab fest verhandelten Preis für die Werbefläche. Trotzdem erfolgt die Umsetzung programmatisch und datenbasiert, es handelt sich also nicht um eine klassische, “blinde” Umfeld-Buchung. Oftmals bieten Publisher alle drei Formen von Programmatic Advertising an. Manche Seitenbetreiber bzw. Vermarkter kombinieren die Typen auch und starten beispielsweise erst eine Privatauktion, bevor das Inventar in den offenen Markt geht.

Glaubt man den Zahlen von Emarketer aus dem Oktober, so überwiegt in Deutschland klar die letztere Variante des Programmatic Advertising. Drei Viertel des Budgets für Display-Werbung sollen demnach in direkte Deals fließen – wobei hier Facebook unerklärlicherweise dazugezählt wird, obwohl es laut Definition unter offene Auktion fällt und in einer solchen Erhebung eigentlich gar nichts zu suchen hätte. Da Zuckerberg mit seinem sozialen Netzwerk in Deutschland rund eine Milliarde Euro Umsatz generiert, kommt Facebook auf einen Anteil von etwa 43 Prozent an den gesamten Ausgaben für Programmatic Display. Dies lässt knapp ein Drittel für direkte programmatische Buchungen übrig. Die offenen Auktionen kommen auf etwa 15 Prozent, während Private Marketplaces rund zehn Prozent des Kuchens für sich beanspruchen.

Zusammenfassend gestaltet sich die Aufteilung nach Emarketer hierzulande ohne Facebook also schätzungsweise wie folgt: 55 Prozent Programmatic Direct, 26 Prozent Open Auction und 19 Prozent Private Marketplaces (letztere mit starken Wachstumsraten).

Nachgefragt auf der Demand Side

Auf der Einkaufsseite scheint sich dieses Bild zumindest teilweise zu bestätigen. So verrät David Marc Aurel Koenen, Senior Media Manager Digital bei Vodafone und Teil des Programmatic-Inhouse-Teams des Kommunikationsriesen: “Der überwiegende Teil [bei uns] wird über PMP und PG-Deals eingekauft. Open Auction wird aufgrund teilweise mangelnder Transparenz kaum noch genutzt.” Maike Abel, Head of Media Communication & Content bei Nestlé, gibt zwar keine detaillierte Auskunft, weist jedoch darauf hin, dass beim Mediaeinkauf des Lebensmittelgiganten ebenfalls insbesondere PMPs eine große Rolle spielen.

Demgegenüber erklärt Manfred Klaus, Geschäftsführer, Partner und Sprecher der Plan.Net Gruppe: “Wir kaufen mehr als 90 Prozent der Volumina über PMPs ein, da wir hier gegenüber der Open Auction einen deutlichen Qualitätsvorteil erzielen. Programmatic Direct beziehungsweise Guaranteed ergibt aus unserer Sicht meist keinen Sinn, da dort kein sinnvoller Dateneinsatz auf der Demand Side möglich ist, zugleich aber deutlich höhere Transaktionskosten anfallen.” Bei genauerem Nachfragen in der Agenturwelt zeigt sich, dass die Verteilung scheinbar stark von den Präferenzen der jeweiligen Agentur abhängt.

Open vs. Private auf der Sell Side

In der deutschen Publisher-Landschaft herrscht meist ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Private Marketplaces und Open Exchanges. "Bei Ströer verteilen sich die Anteile für Private Auction und Open Auction nahezu hälftig – mit einem stark wachsendem PMP-Anteil", erläutert Björn Kaspring, Vice President Product Management bei Ströer Media Solutions. Branchenkollege Martin Lütgenau, Geschäftsführer bei Burda Forward Advertising, verrät, dass der programmatische Anteil bei standardisierten Werbeformen wie Display und Video bereits über 70 Prozent bei Burda beträgt. Dabei teilt sich der programmatische Umsatz in 45 Prozent Open Auction und 55 Prozent Private Deals sowie PMPs auf.

Daniel Gerold, Director Digital Ad Technology bei Gruner + Jahr, erklärt: "Im Displaybereich hat die Open Auction einen relevanten Anteil. Allerdings bauen wir seit Jahren die Relevanz von PMPs und Programmatic Direct immer weiter aus.” Dafür diene die Kombination eigener Datenprodukte und neuer Lösungen, die zusammen mit den Targeting-Dienstleistern entwickelt werden. “Die große Reichweite der Ad Alliance hilft dabei, spezifische Zielgruppen auch in nennenswerter Anzahl anzusprechen. Diese individuellen Komponenten bieten wir in der programmatischen Welt nur in direkten Geschäftsbeziehungen und somit auch nur über PMPs beziehungsweise Programmatic Direct."

Ein Ausreißer unter den deutschen Publishern findet sich mit United Internet Media. So erklärt CEO Rasmus Giese: "Der Großteil des Programmatic-Inventars wird bei United Internet Media über die Open Auction vermarktet. Dabei kommen die besonderen Eigenschaften des Inventars wie große Reichweite und hohe Nutzungsfrequenz zur Geltung. Einen kleineren, aber stark wachsenden Beitrag am Programmatic Advertising leisten die Deals über den Private Marketplace."

Schwammige Definitionen erschweren die Erhebung

Der gewaltige Anteil von Programmatic Direct, den Emarketer hervorhebt, kann auf den ersten Blick laut den Aussagen der Top-Agof-Publisher zwar nicht bestätigt werden, allerdings hängt das sicherlich auch mit ungenauen Definitionen zusammen. So werden Umsätze aus direkten Deals häufig mit zu den privaten Auktionen (im Gegensatz zu Open Auction) gerechnet. Die konkrete Trennung der anfänglich beschriebenen Varianten zwei und drei ist in der Praxis also offenbar nicht so vorhanden. Darüber hinaus sind Private Deals deutlich teurer und demnach nicht für ein ähnliches Verhältnis an Impressions verantwortlich, was oftmals als Vergleichsbasis genommen wird und bei entsprechenden Erhebungen verwirrt. Fest steht jedoch, dass bei allen Publishern das Wachstum der PMPs durchaus beobachtet wird.

An dieser Stelle seid Ihr gefragt, liebe Adzine-Leser: Können die erhobenen Zahlen stimmen? Oder ist das Verhältnis ein gänzlich anderes? Schickt uns Eure Meinungen gerne an: redaktion@adzine.de!

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