Grundregeln für die erfolgreiche programmatische Werbevermarktung
Frederik Timm, 24. Januar 2020Die aktuellen Zahlen des OMG zeigen es: Immer noch profitieren US-Unternehmen wie Google und Facebook überdurchschnittlich stark von den wachsenden Werbeausgaben. Die großen deutschen Vermarkter haben das längst erkannt und setzen nur noch bedingt auf das Tech-Angebot von Google und Co., um einen unabhängigen Gegenpol zur US-Konkurrenz zu schaffen. Schließlich soll die Datenhoheit im eigenen Haus bleiben. Welche anderen Dinge für eine erfolgreiche programmatische Werbevermarktung relevant sind, haben uns zwei der Topvermarkter aus Deutschland beantwortet.
Vermarkter stehen heute vor der Herausforderung, flexibel auf die Dynamik im Werbegeschäft zu reagieren und gleichzeitig die Ansprüche der Werbetreibenden an Reichweite und Zielgruppengenauigkeit zu erfüllen. Wie auch Agenturen, Tech-Dienstleister und Werbekunden müssen sie sich technischen, politischen und nutzungsspezifischen Einflüssen anpassen.
Breit aufgestellter Adtech Stack verhindert Abhängigkeit
Das gelingt ihnen meist schon sehr gut, wie Rasmus Giese, Geschäftsführer von United Internet Media, erklärt: „Vermarkter können mittlerweile sehr einfach technisch über mehrere Plattformen parallel automatisierten Handel treiben. Dabei hat sich gezeigt, dass die meisten Vermarkter mit einem Multi-SSP-Ansatz bessere Ergebnisse erzielen, bei dem mehrere Demand-Quellen in den Bidding-Prozess einbezogen werden.“ Das spiegelt sich auch in der diesjährigen Übersicht der Adtech Stacks deutscher Topvermarkter wider. Die Header-Bidding-Technologie, die Zugang zu gleich mehreren Supply-Side-Plattformen (SSPs) bietet, gehört zu jedem Stack dazu. United Internet Media hat beim Programmatic Advertising ein Setup etabliert, das auf einen solchen Multi-SSP-Ansatz setzt. So ließen sich Erlöse maximieren, ohne die Abhängigkeit von einzelnen Partnern zu groß werden zu lassen. „Wichtig ist dabei für die Publisher, auch auf die Qualität der Werbekunden zu achten“, rät Giese.
Acht Voraussetzungen für ein erfolgreiches Vermarktungs-Setup
Um optimale Ergebnisse zu erzielen, gehört es standardmäßig dazu, alle programmatischen Kampagnen auch in Wettbewerb mit klassisch gebuchten IO-Kampagnen setzen. Durch die Verzahnung aller Funktionsbereiche der Vermarktung, lässt sich eine erfolgreiche Monetarisierung gewährleisten.
Bei Ströer hat Björn Kaspring, Vice President Product Management, mit seinem Team die Voraussetzungen dafür in einem sogenannten Standard Vermarktungs-Grid zusammengefasst: „Zehn verschiedene Kriterien, aufgeteilt in drei funktionale Cluster bilden die Grundlage für das systematische Onboarding neuer Publisher im Vermarktungsuniversum von Ströer Media Solutions.“
Die wesentlichen Bedingungen für ein erfolgreiches Vermarktungs-Setup sind demnach unter anderem:
- Ein holistisches, preisoptimiertes Yieldsetup mit einer Kombination aller relevanten Nachfragekanäle (Direktgeschäft: IO & PMP, Programmatic Open Auction, Anbindung von Aggregatoren) und Anbindungsarten (Adserver, SSP und Directbidder über client-seitiges und server-seitiges Headerbidding)
- Die optimale technische Einbindung zur Verbesserung der Ladezeit und Reduktion von Latenzen
- Eine bestmögliche Integration und Positionierung der relevanten Werbeformen und Ad Tags
- Eine barrierefreie Usability der Angebote, die eine positive User Experience sicherstellt und kontinuierlich anhand von User Feedbacks optimiert wird
- Sicherung der Werbe- und Inventarqualität durch volle Kontrolle aller Systeme und Regeln, Bad Ad Prevention, Viewability, Brand Safety und Preishoheit
- Kontinuierliches, transparentes Reporting und eine daraus abgeleitete kontinuierliche Optimierung auf die wichtigsten Leistungswerte
- Messung und Ausweisung der Angebote über die Agof
- Beachtung der aktuellen Datenschutzbestimmungen
Identity-Lösungen werden wichtiger Teil der Vermarktung
Nach der Einführung von Privacy-Erweiterungen der Browser-Anbieter fehlen dem Werbemarkt wertvolle Informationen zur Werbeoptimierung. Durch ITP (Intelligent Tracking Prevention) von Safari und ETP (Enhanced Tracking Protection) von Firefox ging ein großer Teil der Third-Party Cookies für das personalisierte Targeting verloren. Anfang Februar verschärft auch Google bei seinem Browser Chrome die Anforderungen an übergreifendes Targeting mittels Third-Party Cookies und hat unlängst auch deren komplettes Ende eingeläutet.
Dadurch rücken neben einem Revival der kontextbasierten Werbung auch Werbeumfelder mit Login in den Fokus der Werbebranche. „Der Markt benötigt internationale und übergreifende Account-basierte Advertising-Identity-Lösungen, mittels derer auch der programmatische Bidding-Prozess abgewickelt werden kann“, meint Giese. Eine Lösung steht laut dem UIM-Chef mit der NetID schon bereit – sowohl Ströer als auch UIM nehmen Teil –, allerdings muss auch der Nutzer mitspielen. Diesbezüglich befindet sich die NetID noch in der Anfangsphase. Um dem deutschen Werbemarkt eine vermarkterübergreifende Targeting-Lösung abseits von Google bieten zu können, müssen Nutzer erst incentiviert werden, um sich für den NetID-Login zu registrieren.
Es bleibt abzuwarten, ob bis zum endgültigen Ende des Third-Party Cookies entsprechende ID-Lösungen bereitstehen oder ob Vermarkter vermehrt auf Technologien, wie die kontextbasiertes Targeting, setzen, die sie unabhängig vom restlichen Markt nutzen können.
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