Das Ende der Ära des Third-Party Cookies ist nah, was nun?
Dirk Freytag, 15. Januar 2020Jetzt ist es raus: auch Google verabschiedet sich vom Third-Party Cookie! Und zwar nicht nur teilweise – wie in letzter Zeit bereits durch Firefox, Edge und Safari mit ihren Tracking Protections begonnen – sondern komplett! Damit sind Targeting und Programmatic Advertising, wie wir es heute kennen, spätestens in zwei Jahren, denn bis dahin will Google die Änderung abgeschlossen haben, endgültig ein Fall für die Geschichtsbücher.
Mit der Ankündigungen sind auch alle Bemühungen des IAB Europe hinfällig, mit dem “Transparency & Consent Framework” (TCF) einen rechtlichen Workaround für den Status Quo zu schaffen. Dessen einziges Ziel war es, möglichst vielen Nutzern die Zustimmung abzuringen, dass ihre Daten von 575 für den Nutzer größtenteils unbekannten Adtech-Firmen für irgendwelche unverständlichen Zwecke verarbeitet werden dürfen.
Auch wenn jetzt wieder einige schreien werden, dass das digitale Marketing tot ist, so ist das Quatsch. Die Werbegelder bleiben und sie fließen immer dorthin, wo die Konsumenten sind. Und die Konsumenten sind nunmal – mehr denn je – digital unterwegs. Die Werbegelder werden allerdings anders verteilt werden. Auch wird sich die Art, wie wir Werbung planen, verändern.
Klar ist, dass Google mit diesem Schritt und seinen 50 Prozent am deutschen Browser-Markt seine Muskeln spielen lässt: Insbesondere die First-Party Walled Gardens wie die Google-Suche, Youtube, Facebook und Amazon sind durch die Veränderung kaum betroffen und werden somit davon profitieren.
Vieles, was heute unter Opferung der Privatsphäre der Nutzer durch zentralisierte Datenaggregation erreicht wird, wird künftig innerhalb der "Privacy Sandbox” mit explizit dafür vorgesehenen, vom Browser zur Verfügung gestellten APIs zu lösen sein – wodurch die Privatsphäre der Nutzer besser geschützt wird. Effizientes digitales Marketing wird auch damit weiterhin möglich sein, nur werden wir uns von einigen zwar aus Marketingsicht bequemen, aus Nutzer- und Datenschutzsicht aber schon immer zweifelhaften Praktiken verabschieden müssen. Und jeglichen Bemühungen seitens der Adtech-Branche, doch wieder irgendwelche Schlupflöcher und Workarounds zu finden, um den Status-Quo weiter zu betreiben, haben mit Google nun alle Browser-Hersteller offen den Kampf angesagt. Gerade die Maßnahmen, um Fingerprinting auf Dauer zu unterbinden, werden von Google schon jetzt konkret vorangetrieben (ab September 2020 soll z.B. der User-Agent-Header abgeschafft werden).
Bleibt zu hoffen, dass die anderen Browserhersteller, insbesondere Apple und Mozilla, sich an der Entwicklung der offenen Standards der Privacy Sandbox beteiligen und ihren Einfluss geltend machen, sodass am Ende echte Standards dabei herauskommen, die nicht wieder einseitig die Monopolstellung von Google zementieren.
Also alles auf Anfang? Nein. Mit netID haben wir in Deutschland schon begonnen uns auf die Post-Cookie-Ära vorzubereiten. Ob sich dieser Ansatz am Ende durchsetzt, kann ich heute nicht sagen, da sich alles sehr langsam entwickelt und unterschiedliche Interessen einem Erfolg im Wege stehen. Einer der spannendsten Ansätze in diesem Zusammenhang ist momentan in der Schweiz zu beobachten, wo sich die 5 großen Medienhäuser zu einem gemeinsamen Single-Sign-On zusammengetan haben.
Ich bin überzeugt, dass es auch in Zukunft datengetriebenes Marketing geben wird. Einiges davon wird nach DSGVO die Zustimmung des Nutzers erfordern. Andere Maßnahmen könnten durch den technischen Schutz der Privatsphäre, den die Browser bald alle bieten, sogar wieder ohne Einwilligung möglich werden. So könnten wir zu einer Welt gelangen, in der auf einmal sogar die seit Jahrzehnten schlichtweg ignorierten (aber eigentlich extrem wertvollen) Safari-Nutzer wieder in gleichem Maße, und unter Wahrung ihre Privatsphäre, monetarisiert werden.
Google hat gezeigt, dass es die Macht hat, die gesamte Industrie vor sich her zu treiben. Und nebenbei hat das Unternehmen all die krampfhaften Bemühungen seitens des IAB, von jedermann eine Cookie-Einwilligung einzusammeln, mal eben ad absurdum geführt.
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