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Die Zukunft des TV-Werbespots ist ungewiss

Anton Priebe, 18. November 2019
Bild: Jakob Owens - Unsplash, CC0

Analoges TV, das dem Zuschauer ein Programm und vor allem auch einen Werbeblock vorgibt, scheint angesichts der wachsenden Beliebtheit von Streamingdiensten, Mediatheken und anderen digitalen Plattformen aus der Mode zu kommen. Mit der Verlagerung des Konsumverhaltens der Zuschauer ändern sich auch die Ansprachemöglichkeiten mit Werbung. Der 30-Sekünder lässt sich digital oftmals nicht in derselben Form wie im Fernsehen umsetzen und ist häufig auch gar nicht vom Nutzer gewünscht. Das stellt die Mediaplanung vor die Frage, ob der klassische TV-Spot noch zeitgemäß ist oder nicht vielmehr von anderen Werbeformen abgelöst werden muss. ADZINE hat in der Agenturwelt nachgefragt, wie die Zukunft des TV-Spots aussieht.

Vom hundertprozentig selbstbestimmten Bewegtbildkonsum sind wir weit entfernt, konstatiert Anja Stockhausen, Managing Director bei Publicis. “Noch zeigt das traditionelle Bewegtbildmedium TV hohe Reichweiten im Aggregat und rechtfertigt grundsätzlich die Existenz werblicher TV-Spots”, erklärt die Agenturchefin. Martin Richter, Director TV von Initiative, ergänzt: “TV-Spots verschwinden nicht in Gänze, sondern stehen, genau wie andere Kanäle, in einer Phase der Transformation.” Dabei müssten sich die Werbespots an die neuen Umgebungen anpassen, zunächst einmal in Bezug auf die Länge: “Das für die Zielgruppe relevante Device gibt die Spotlänge und damit die Inhalte vor. Je nachdem welche Kampagnenziele – Branding, Awareness, etc. – verfolgt werden, können sich daher die Spotlängen unterscheiden.”

Bild: Crossmedia Presse Armin Schroeder, Crossmedia

Die Dauer des Werbespots und vor allem auch die Ausgangssituation, in der er konsumiert wird, hat jedoch entscheidenden Einfluss auf die Wirkung, wie Armin Schroeder, Geschäftsführender Gesellschafter Crossmedia, betont: “Man darf nicht vergessen, dass Bewegtbild und vor allem das klassische Fernsehen in seiner Nutzungssituation und Wirkung nicht beliebig austauschbar ist. Nicht von ungefähr hat es sich als führendes Werbemedium etabliert – und das nicht nur aufgrund seiner Reichweiten, was häufig vergessen wird.” Anja Stockhausen ergänzt: “Der Vorteil des Werbespots liegt in seiner Möglichkeit des ‘Storytellings’. Laut vieler entsprechender Studien zu Wirkung von Werbung zählt der Werbespot zu den Impact-stärksten Werbeformen überhaupt. Und zudem: Bei Werbespots ist die geringste Reaktanz des Zuschauers zu erwarten, immerhin ist er das Unterbrechen seit Jahrzehnten gewöhnt.“

Der TV-Spot bleibt also aufgrund von Reichweite und Wirkung eine starke und gern genutzte Option, seine Zielgruppe anzusprechen. Wie aber sollte sich die Werbung weiterentwickeln, wenn sich das derzeit absehbare Konsummuster der jüngeren Zielgruppen stetig fortsetzt?

Bewegtbildstrategien für die Zukunft

Bild: Plan.Net Presse Manfred Klaus, Plan.Net

Manfred Klaus, Geschäftsführender Gesellschafter von der Agentur Plan.Net, fasst zusammen: “Sind Inhalte nicht relevant, werden sie ausgeblendet, geskippt, geschlossen. Die digitalen Plattformen machen es vor: kurze Formate, wie die sechssekündigen Bumper Ads, die jetzt schon breit und programmatisch über sämtliche Bildschirme ausgespielt werden können, sind (noch) unter der Reaktanz-Schwelle. Skippable Ads bieten neben ihrer Akzeptanz beim User ebenfalls ein attraktives Preismodell – wenn man sie denn richtig gestaltet – und auch Switch-In-Formate im Addressable TV werden akzeptiert.”

Wichtig sei vor allem der Trade-off zwischen Belästigung durch Werbung und Gewinn durch den Content. Das Paradigma der Werbung bliebe dabei bestehen: “Wenn es für den Zuschauer relevant – heißt interessant, unterhaltsam, informativ – ist, wird er sich kaum gestört fühlen. Diese Relevanz kann auch erhöht werden, wenn durch Spot-Overlay jedem Zuschauer der passende Spot eingespielt werden kann. Weitere Formen der nicht als werblich empfundenen Zielgruppenansprache, die in Zukunft mehr Bedeutung erlangen werden, sind (bezahlte) Produktplatzierungen und Markenintegrationen. Denn die ‘native’ Einbettung von Marken und Produkten in Content wird ja bereits in anderen digitalen Kanälen intensiv praktiziert – Stichwort: Influencer Marketing – und ist von dort gelernt.”

Die großen Streamingplattformen zeigen bereits, wie solche nativen Einbettungen in der Praxis aussehen. Armin Schroeder glaubt, dass diese Richtung weiter ausgelotet wird: “Das Konzept von Netflix ist hier sicher sehr spannend, eventuell zukunftweisend. Die Freiheit von klassischen Werbespots bedeutet ja letztlich nicht, dass hier keine Marken stattfinden. So ist die Inszenierung von Burger King in ‘Stranger Things’ durchaus aufmerksamkeitsstark. Im Gegenzug profitiert Netflix von Kampagnen der Markenpartner, wie im Falle des Upside-down Burgers von Burger King. Gerade diese inhaltliche Inszenierung – ob über Owned-Kanäle oder frühzeitige Integration von Marken und ihren Inhalten bei Medienpartnern gegen Bezahlung – wird künftig in einer zunehmend werbekritischen Zielgruppe an Bedeutung gewinnen.”

TV-Spots mögen schwinden, Videowerbung aber bleibt

Bild: Havas Presse Morten Malmbak, Havas

Wie auch immer das Schicksal der TV-Spots aussehen mag, Bewegtbildwerbung bleibt ein wichtiger Bestandteil der Kommunikationsstrategie, wie Morten Malmbak, Direktor Strategie & New Business von Havas, erläutert : “Ein audiovisueller Kontakt legt die stärksten Spuren für Marken in den Kopf, daher wird auch in Zukunft das Ziel der Werbungtreibenden ein solcher Kontakt sein. Vor allem für die frühen Phasen der Consumer Journey ist ein Bewegtbildkontakt einem statischen Kontakt überlegen. Die Plattformen ändern sich, die Formate auch – aber zur Markenbildung wird weiterhin ein Bewegtbildkontakt angestrebt werden.”

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