Programmatic Advertising in Deutschland: Demographie- schlägt Interessen-Targeting
Jens T. Möller, Analyst, 9. Oktober 2019Die automatisierte Aussteuerung von Werbemitteln via Programmatic Advertising ist einer der am schnellsten wachsenden Bereiche im deutschen Werbekosmos. Jedoch mangelt es diesem Markt nach wie vor an Transparenz. Eine aktuelle Studie des Datenanbieters Emetriq versucht den derzeitigen Zustand des deutschen Programmatic-Marktes anhand des Dateneinsatzes genauer zu untersuchen. Dabei zeigt sich, dass vor allem demographische Targeting-Segmente den Markt dominieren.
In seinem “Programmatic Data Report 2019” hat Emetriq im Zeitraum zwischen Juli 2018 und Juni 2019 die Gesamtumsätze aller Demand-Side-Plattformen analysiert, die Emetriq-Datensegmente vermarkten. Der Markt für Programmatic in Deutschland wächst immer noch äußerst schnell. So werden nach Schätzungen von Emarketer 2019 rund 77 Prozent aller Display-Buchungen programmatisch getätigt, 2017 waren dies noch 54 Prozent. Der Markt für programmatische Display-Werbung in Deutschland ist demnach von einem Volumen von rund 1,1 Milliarden Euro auf ein Gesamtvolumen von circa 1,8 Milliarden Euro angewachsen.
Innerhalb dieses Kosmos spielen Daten die zentrale Rolle. Laut Emetriq-Studie war in den vergangenen zwei Jahren ein überproportionales Wachstum beim Einkauf von Zielgruppendaten zu verzeichnen. Die größte Nachfrage nach diesen Daten kam dabei mit 68 Prozent von den Agenturen, gefolgt von Advertisern und Vermarktern mit einem Anteil von jeweils 16 Prozent.
Welche Datensegmente sind für den Markt relevant?
Demographische Datensegmente werden am Markt am häufigsten gebucht. Diese machen laut Emetriq 56 Prozent des Gesamtumsatzes aus, gefolgt von Interessen-Segmenten mit 28 Prozent. Agenturen und Advertiser kaufen demnach am häufigsten Targeting-Daten über Geschlecht und Alter von potenziellen Kunden. Speziell auf Kampagnen zugeschnittene Targeting-Segmente, sogenannte Custom Segments, spielen auf dem Programmatic-Markt bisher eine eher untergeordnete Rolle. Lediglich zehn Prozent des Gesamtumsatzes entfallen hierauf. Unklar ist jedoch, ob es an genügend Informationen über Konsumenten und Verbraucher mangelt, um daraus gute Targeting-Segmente bauen zu können oder die Agenturen und Advertiser eben keine maßgeschneiderten Targeting-Modelle buchen wollen. Laut Emetriq ist aus technischer Sicht viel mehr möglich, als bisher zum Einsatz kommt. Die Studie führt dabei Unwissenheit und mangelnde Experimentierfreude als Gründe an. Demnach wird zurzeit viel Potenzial auf dem Markt verschenkt.
Die Automobilbranche ist der größte Treiber von Programmatic Advertising auf dem deutschen Markt. Automotive erzielte im Beobachtungszeitraum den größten Datenumsatz, gefolgt von der Branche der Finanzdienstleistungen und dem Pharmasektor. Doch hier zeigen sich durchaus Unterschiede in der Art der genutzten Datensegmente. Automobil- und Pharmabranche nutzen vorwiegend demographische Zielgruppensegmente, während der Finanzsektor mehrheitlich auf Interessensdaten zurückgreift. Die Branche mit dem viertgrößten Datenumsatz ist der Elektronikbereich. Auf Platz fünf folgt dann die Retail-Branche. Die Verteilung mag überraschen, ist doch insbesondere Retail einer der Bereiche, in denen beispielsweise durch Retargeting sehr viele Daten eingesetzt werden. Das vorliegende Ranking kann jedoch zum Teil sicherlich auch auf das untersuchte Kunden-Portfolio von Emetriq bzw. die DSPs zurückgeführt werden.
Existiert Wettbewerb im deutschen DSP-Markt?
Neben der Analyse der gebuchten Datensegmente, widmete sich die Untersuchung auch dem DSP-Markt als Ganzes. Demand-Side-Plattformen sind in der programmatischen Werbung unverzichtbar, sorgen sie doch dafür, dass der Einkauf von Werbeplätzen abgewickelt wird. Eine augenscheinlich omnipräsente Vormachtstellung hat hierbei der Internetgigant Google. Dabei ist Google am deutschen Markt alles andere als konkurrenzlos. Emetriq identifiziert fünf weitere wichtige DSPs, die nicht unerhebliche Marktanteile auf dem deutschen Programmatic-Markt halten. Dazu zählen Adform, Active Agent, Xandr, Mediamath und The Trade Desk. Der Markt ist also massiv in Bewegung geraten und unterliegt auch saisonalen Schwankungen zum Jahresende. Somit existiert definitiv ein offener Wettbewerb und es gibt weitere DSP-Anbieter, die Google den Kampf angesagt haben.
Takeaways
- Laut Emarketer werden 2019 rund 74 Prozent aller Display-Werbebuchungen programmatisch eingekauft, 2017 waren dies noch 54 Prozent.
- Der Markt für programmatische Display-Werbung in Deutschland ist demnach von einem Volumen von rund 1,1 Milliarden Euro, auf ein Gesamtvolumen von 1,7 Milliarden Euro angewachsen.
- Demographische Datensegmente werden laut Emetriq am Markt am häufigsten gebucht.
- Die Automobilbranche ist der größte Treiber auf dem deutschen Markt für Programmatic Advertising.
- Google ist am deutschen Markt alles andere als konkurrenzlos.
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