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Programmatic Advertising bei der BBC: Klasse statt Masse

Frederik Timm, 11. Oktober 2019
Bild: mantinov - Adobe Stock

In Großbritannien finanziert sich die BBC als öffentlich-rechtliche Sendeanstalt aus Rundfunkbeiträgen. International sichert die BBC Global News die Monetarisierung des Digitalportfolios durch die Werbevermarktung. Im Interview mit ADZINE spricht David Goddard, VP Global Programmatic Strategy, über die Entwicklung und Herausforderungen der programmatischen Vermarktung der internationalen Medienmarken der BBC.

ADZINE: Hallo Herr Goddard, Sie sind seit 2014 im Programmatic-Geschäft von BBC Global News und seit 2018 Vice President der Global Programmatic Strategy. Verraten Sie uns ein wenig über die Programmatic-Strategie Ihres Medienhauses.

Bild: Presse BBC

David Goddard: Unsere Strategie fokussiert sich derzeit auf drei Dinge. An erster Stelle wollen wir die Auktion für Advertiser vereinfachen und vereinheitlichen. Dafür setzen wir auf Serverside Header Bidding. Wir haben nach und nach Tag-basierte Einkäufe und Integrationen zurückgefahren und eingestellt. Dadurch konnten wir die Auktion auf unserer Seite stark vereinfachen, ohne dabei zu viel Entwicklungsarbeit aufzuwenden – ein wichtiger Punkt. Obwohl die Umsetzung vergleichsweise komplex war, konnten wir so den Zugang zu Mediaeinkäufern stark vereinfachen.

Wenn wir früher eine bestimmte Verkaufsplattform (SSP) in unserem Adserver priorisiert haben, mussten wir nicht nur für den BBC bei den Einkäufern werben, sondern auch für die von uns genutzte Technologie. Wir wollen unseren Kunden jedoch die Wahl lassen, mit welcher Tech-Plattform sie auf unser Inventar zugreifen.

Unser zweiter Kernfokus ist Programmatic Guaranteed. Wir haben die Technologie bereits übernommen als sie noch in der Alpha-Phase war und intensiv an ihrer Integration gearbeitet. Mittlerweile macht die Lösung einen signifikanten Anteil an unserem Umsatz aus. Wir können im Jahresvergleich zwei- bis dreistellige Wachstumsraten in diesem Bereich feststellen. Gerade jetzt, da Käufer vor allem Premiuminventar und Formate mit großer Wirkung – wie Video – buchen wollen, wird Programmatic Guaranteed zunehmend wichtiger.

Viele Leute sagen, dass Programmatic Guaranteed nur digitales I/O-Geschäft ist. Allerdings bringt es weit mehr Vorteile mit sich: Frequency Capping, die Nutzung von First-Party-Daten des Advertisers und garantierte Ausspielung in der richtigen Zielgruppe sind nur einige Beispiele.

Als drittes konzentrieren wir uns auf Weiterbildung (Education). Vor vier Jahren haben wir ein internes Weiterbildungsprogramm gestartet, das unsere Mitarbeiter im Programmatic Advertising auf der Buy Side ausgebildet hat. Jeder, der mit einem Advertiser Kontakt hat, sollte verstehen, welche Technologien dieser einsetzt und welche Erwartungen er an uns stellt. Wir konnten in den USA und UK schon große Fortschritte in diesem Bereich machen, konzentrieren uns aber auch auf den Rest der Welt.

ADZINE: Sie verantworten die Programmatic-Strategie der BBC. Ist das I/O-Geschäft aus Ihrer Sicht überholt?

Goddard: Das direkte I/O-Geschäft ist keineswegs tot, ganz im Gegenteil. Wir denken nur, dass es das Beste ist, wenn alle Abteilungen, sei es I/O, TV, Content oder Programmatic zusammenarbeiten und der Advertiser dann wählen kann, welches Format über welchen Kanal mit welcher Einkaufsmethode für ihn die passendste Lösung ist.

Wir machen zum Beispiel immer noch einen Großteil unseres Geschäfts mit dem Verkauf von Branded Content. Das wird wahrscheinlich der letzte Geschäftsbereich sein, der irgendwann programmatisch angeboten wird. Wir arbeiten jedoch schon an der Verbindung der beiden Bereiche. Content und Programmatic sitzen häufig an unterschiedlichen Tischen im Unternehmen – kennen sich häufig noch nicht einmal. Dabei können diese Bereiche oft ergänzend miteinander arbeiten. Ich glaube, dass es in diesem Bereich viele Möglichkeiten gibt und wir beobachten, dass viele Agenturen und Werbetreibende sich in diesen Bereich bewegen.

ADZINE: Können Sie mir ein bisschen mehr über den Tech Stack des BBC erzählen? Sie haben sicher eine große Auswahl an Anbietern, die Sie nutzen.

Goddard: Nicht so groß, wie man vielleicht denken würde. Wir haben vielleicht ein halbes Dutzend Tech-Anbieter in unseren Stack. Das lässt sich auch in unserem ads.txt-Datei auslesen. In Zeiten der Supply Path Optimization (SPO) wird diese Verschlankung immer wichtiger. Ich denke, als Advertiser und Agenturen über 20 bis 50 Exchanges eingekauft haben, hat man eine signifikant größere Auswahl an Exchanges gebraucht, um so viel Umsatz wie möglich zu erzielen. Diese Zeiten haben sich jedoch geändert. Wir setzen mittlerweile auf Klasse und haben einen Onboarding-Prozess für unsere Tech-Partner entwickelt. Sie müssen hohe Voraussetzungen hinsichtlich Brand Safety und Fraud erfüllen, um bei uns aufgenommen zu werden. Und auch Werbetreibende bewegen sich weg davon, mittels mehrerer DSPs an 20 bis 50 Sell-Side-Plattformen angeschlossen zu sein. Es sind eher ein Dutzend, vielleicht weniger. Wir sind sehr zuversichtlich, dass all unsere Partner zu diesem festen Kreis gehören, den der Großteil der Advertiser nutzt.

Auf der Buy Side würde ich mich über eine größere Adoptionsrate von ads.txt freuen. Wir sind mittlerweile auch mit Apps.ads.txt an den Start gegangen. Ich würde es nur begrüßen, wenn mehr Werbetreibende auch entsprechend den verifizierten Traffic einkaufen würden. Wenn wir wirklich die Probleme rund um Ad Fraud und Brand Safety in Angriff nehmen wollen, müssen wir die Werkzeuge auch nutzen, die bereits zur Verfügung stehen.

ADZINE: Nutzen Sie auch Tech-Anbieter, die lokal agieren oder setzen Sie nur auf internationale Player?

Goddard: Ursprünglich hatten wir mehrere Tech Stacks beziehungsweise Setups verteilt über die verschiedenen Märkte. Damit haben wir jedoch in den letzten Jahren aufgeräumt, um nicht nur unser Programmatic- sondern unser gesamtes Tech-Setup schlanker aufzubauen. Wir beobachten bei unseren Käufern zudem den Trend, globaler einzukaufen. Durch unser jetziges Setup ist es möglich, einen Deal global aufzusetzen. Da wir uns am Ende dieser Entwicklung befinden, überprüfen wir mittlerweile auch lokale SSPs, die als Zusatz in Frage kommen. In Japan oder China gibt es sehr unterschiedliche Ökosysteme im Vergleich zum Rest der Welt. Hier würden sich lokale Lösungen anbieten. Das gleiche gilt für Lateinamerika, wo wir mit BBC Mundo und BBC Portuguese große Reichweiten erzielen und optimale Vermarktung sicherstellen wollen. Dort wurde zum Beispiel der Doubleclick Stack bzw. Google Ad Manager nicht so weitgehend adoptiert wie in Westeuropa oder USA.

ADZINE: Wie lange hat es gedauert, bis Sie Ihren Tech Stack vereinheitlicht hatten?

Goddard: Wir haben etwa zwölf Monate mit der Planung verbracht und drei Monate zur Umsetzung. Die Wartezeit hat sich jedoch gelohnt und uns, im Jahr nachdem wir live gegangen sind, Wachstum im zweistelligen Bereich beschert.

ADZINE: In Deutschland wenden viele Vermarkter Google den Rücken zu. Media Impact wechselte zu Appnexus beziehungsweise nun Xandr, Ströer arbeitet an einer eigenen Lösung.... Welche Strategie verfolgen Sie beim BBC? Gehört Google noch zu ihren Go-to-Lösungen?

Goddard: Google ist nur einer unserer Partner, aber ein guter. Ich habe schon mehrere Gründe gehört und gelesen, was gegen diese großen Tech-Anbieter spricht. Allerdings haben sie auch viel Gutes für unsere Branche getan. Es gibt immer zwei Seiten. Es ist allerdings interessant von anderen Wegen zu hören, wie es bei Axel Springer der Fall ist.

ADZINE: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Goddard.

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