Trotz Millionen von Online-Gamern, die täglich aktiv sind, wurden diese bisher von klassischer Werbung verschont. Das wird sich bald ändern. Denn wenn man sich die Entwicklung von In-Game-Advertising ansieht, stellt man schnell fest, dass die „physische Integration“ in Games schon längst nicht mehr das Maximum ist. Bald wird man Werbung in Games so einfach kaufen können wie seine Banner auf Websites.
Gamer. Lange verschrien als Nerds. Keine Zielgruppe, mit der sich Marken umgeben wollten. Das ist schon lange vorbei. Vor einigen Wochen war ich auf der ESL One in Cologne mit unserem Kunden Vodafone und hab mir die Show in der „Kathedrale des Counter-Strike“ live angesehen. 15.000 Menschen vor Ort, bessere Stimmung als bei einigen Fußball-Bundesligisten und Millionen in Streams. Wir Deutschen können stolz darauf sein, dass die ESL in unserem Land gegründet und seitdem eine globale Organisation ist, die im E-Sport seinesgleichen sucht.
Gaming ist keine Nische mehr
Ich will nicht mit Zahlen langweilen. Aber ich habe einen Media-Background und möchte darüber sprechen, was uns in naher Zukunft im Gaming-Markt bevorsteht. Denn: Die Zeiten, in denen Game Publisher nur über die 60 Euro beim Spielekauf Geld verdienen, sind vorbei. EA, Activision und Co. finden neue Revenue Streams. Eigene Ligen – selber vermarktet, Microtransactions wie FUT-Pakete bei FIFA, Abo-Modelle, Brand-Partnerships.
Reichweite wird noch nicht monetarisiert
Aber ein Stream ist noch nicht monetarisiert: Reichweite. 2,2 Milliarden Gamer gibt es auf der Welt. Gerade durch die Welle von Free-To-Play-Games stieg die Reichweite von Spielen im letzten Jahr rasant an. 250 Millionen Menschen spielen Fortnite. Innerhalb von einem Monat spielten über 50 Millionen Menschen Apexx Legends. Rechnet man das herunter, kamen alle 24 Stunden knapp 2 Millionen Spieler hinzu.
Aber auch „Pay-to-Play“-Games wie GTA5 (110 Millionen) oder Player Unknown’s Battlegrounds (400 Millionen) haben enorme Reichweite, die bis heute noch nicht monetarisiert wird. Die fiktive Stadt „Los Santos“ hat mehr „Einwohner“ als Deutschland. Im Durchschnitt wird GTA5 158 Stunden (!) gespielt. 158 Stunden – in der Zeit erreicht den Gamer nicht eine Werbebotschaft (nur für Game-interne Käufe). Versuchen Sie mal in der echten Welt 158 Stunden nur zu „existieren“, ohne Werbung ausgesetzt zu sein. Das ist nicht möglich. Bald, soviel vorweg, ist diese „Safe Advertising Zone“ auch in Games nicht mehr vorzufinden.
In-Game-Advertising wird zur Norm
Langsam aber sicher erkennen die Studios das Potential, welches ihre Reichweite mit sich bringt. Wenn man zurückblickt, gibt es drei verschiedene Level von In-Game-Advertising. Und damit meine ich keine nervigen Banner in Mobile Games, sondern wie Brands nativ in Spielen stattfinden können.
Level 1: Fest ins Spiel gecoded
Vor wenigen Jahren gab es für Brands nur einen Weg in Games: Hard-Coded auf die Disc. Das Bild stammt aus dem Spiel „Uncharted“ aus 2011. Das Risiko: Einmal ins Spiel gecoded, immer im Spiel. Uncharted und Subway haben beide einen Shitstorm für dieses Placement kassiert. Nathan Drake, der Charakter aus dem Spiel, wurde als „Corporate whore“ beschimpft. Als die ersten negativen Kommentare reinflatterten, war der Shitstorm nicht mehr aufzuhalten. Das Level 1 ist nicht skalierbar, nicht trackbar und war deswegen für viele Brands kein sinniger Weg in Spielen stattzufinden.
Level 2: Items als Accessoires
Wenn ich im neuesten NBA 2K-Teil die LA Lakers mit LeBron James spiele, dann wäre es auch nett, wenn LeBron seine eigenen Nikes trägt. Das erhöht einerseits die Authentizität des Spiels, andererseits freut sich Nike über Exposure. Genauso verhält es sich mit vielen anderen Items, die über offizielle Lizenzen oder auch Extensions mit Games verknüpft werden. Gleiches gilt für Nike ganz frisch in Fortnite oder für die Coca-Cola-Trikots in FIFA. Noch einfacher ist es, wenn es ein „Highlight Play“ im neuesten NBA 2K von dem Versicherer „State Farm“ präsentiert wird.
Gerade in Sportspielen gibt es auch viele Placements im klassischen Sinne, wie Bandenwerbung in NBA 2K, die bereits heute schon dynamisch eingespielt werden kann – was global aber noch kaum genutzt wird. Level 2, also ein kaufbares Item in einem Spiel zu sein, kann gestoppt werden, benötigt aber ein hohes Maß an Fit zum Spiel und ist auch noch nicht für viele Brands ein Must-Have.
Level 3: In-Game-Advertising als neuer Mediakanal
Games werden jahrzehntelang „online“ gespielt. Trotzdem gab es bis heute keine Möglichkeit sich skalierbar und kontrolliert Reichweite in Spielen als Brand zu kaufen. Das wird sich (sehr) zeitnah ändern. Das Unternehmen Anzu hat das Ziel, dass man native Werbeplatzierung beispielsweise auf Plakaten in Real-World-Spielen, auf Autos, auf Banden et cetera einfach und effizient über eine DSP einkaufen kann. Technisch höchst anspruchsvoll, für Marken ein komplett neuer Kanal im Media-Mix.
Während NBA 2K seine Community aufgewühlt hat, weil man in Ladezeiten plumpe Werbespots zeigte, ist der Plan von Anbietern wie Anzu eine möglichst native und weniger aufdringliche Platzierung.
Der große Vorteil: Durch den Einkauf über eine DSP kann ich nicht nur die Spiele (Umfelder) bestimmen, in denen ich sichtbar sein möchte, sondern auch die Zielgruppe. Beispiel: Ich will nur im Spiel Rainbow Six sichtbar sein und nur Frauen erreichen. Über das Matchen von Daten beziehungsweise Cookies möglich. Ich kann als Brand selektieren, ob nur mein Logo auftauchen soll, ob ich Plakate oder gar Videoscreens belegen möchte. Das Video kann auf dem ersten Slot starten und an der nächsten Kreuzung weiterlaufen, so dass eine 100-prozentige Viewtime garantiert werden kann. Wenn ein Objekt meine Werbung verdeckt, werde ich sie nicht bezahlen müssen (wie im Bild).
Der Mediaplan der Zukunft
Ich bin mir sicher, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft nicht nur die Frage stellen, ob SPIEGEL, Stern oder FOCUS oder SevenOne oder IP. Sondern auch, ob Rainbow Six oder FORZA oder The Division. Das wird der erste Schritt. Gefolgt wird dieser von der Zielgruppen-Logik. Exakt wie wir früher in Digital einzelne Websites gebucht haben und heute über programmatischen Einkauf vor allem Zielgruppen erreichen.
Die Reichweite, die in Spielen existiert, ist real. Und sie wird aktiviert und monetarisiert werden. Welche Preise dafür aufgerufen werden, kann noch niemand sagen. Ist es eher an OOH zu orientieren oder am (teureren) DOOH? Oder an digitalen Bannern? Fest steht: First-Mover-Marken werden höhere Aufmerksamkeit bekommen, denn bald sind wir auch in Spielen nicht mehr in der „Safe Advertising Zone“.
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