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PROGRAMMATIC

Verhaltensbasierte Werbung unter Beschuss von europäischen NGOs

7. Juni 2019 (apr)
Bild: Bradford West - Unsplash, CC0

Bei den Datenschutzbehörden in insgesamt neun EU-Staaten gingen Massenbeschwerden von Datenschutzorganisationen ein. Unter den 12 NGOs, die dafür verantwortlich sind, befinden sich auch vier deutsche. Sie haben in allen Bundesländern Beschwerde eingereicht und fordern dazu auf, eindeutige Datenschutzleitlinien für Programmatic Buying zu erarbeiten und zu veröffentlichen. Insbesondere die gängige Praxis des Real Time Biddings (RTB) in der Werbebranche gerät ins Fadenkreuz der Datenschützer.

Die Organisationen prangern gezielt zwei Formen der Echtzeit-Werbeauktionen an, die neben der Versteigerung der Fläche auch Personalisierung von Werbung möglich machen: OpenRTB, neben dem offenen Internet unter anderem bei Facebook und Twitter im Einsatz, und Googles Bietsystem im Rahmen von Authorized Buyers, ehemals als DoubleClick Ad Exchange bekannt. Die Vereine und Verbände fordern den Schutz vor “weitreichenden und systematischen Datenschutzverstößen”, die auf Grundlage der Bietsysteme begangen werden und streben “eine allgemeine Untersuchung der Tätigkeiten der Branche” an.

Dabei verweisen sie darauf, dass bei jedem Website-Besuch persönliche Daten – oft sehr sensible wie Hinweise auf sexuelle oder politische Orientierung – an hunderte Firmen übertragen werden, die zur Personalisierung der Werbung noch nicht einmal notwendig sind. Demnach soll die Segment-ID des Datenvermittlers, die Standard-Targetingkriterien wie Einkommen beinhaltet, auch auf solch sensitive Informationen Rückschlüsse zulassen.

Die Datenschützer sprechen von einem Kontrollverlust bei der Übertragung der Informationen – sowohl aufseiten der Nutzer als auch aufseiten der involvierten Marktteilnehmer – sowie konkreten Rechtsverstößen im Rahmen des Bietens auf Werbefläche. Sie nehmen dabei ebenfalls auf einzelne Passagen der DSGVO Bezug. Das vom IAB kreierte Transparency & Consent Framework, dessen neue Version DSGVO-Konformität verspricht, wird ebenfalls für ungenügend erklärt.

Bericht als Auslöser

Die Kritik fußt auf einem Bericht von Dr. Johnny Ryan, leitender politischer Referent beim auf Datenschutz spezialisierten Internetbrowsers Brave, der seine Wurzeln in der Adtech-Branche hat. Dieser hatte im September mit seinem Manifest “Verhaltensbasierte Werbung und persönliche Daten” die erste europäische Beschwerdewelle in Gang gesetzt. Gefolgt sind seitdem Organisationen weiterer vereinzelter EU-Staaten. Jetzt hat die Welle auch Deutschland erreicht.

Hierzulande zeichnen die Digitale Gesellschaft e.V, das Netzwerk Datenschutzexpertise, die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V. und Digitalcourage e. V. dafür verantwortlich. Die Organisationen bestehen mitunter nur aus einer Handvoll Mitgliedern, aber dafür teils aus bekannten Experten. Unter dem Banner von “#StopSpyingOnUs” und “#FixAdTech” rufen die NGOs zur Mitarbeit auf. Im Fokus steht die schnelle Bearbeitung der Datenschutzrichtlinien durch den Europäischen Datenschutzausschuss.

Aufklärungsarbeit der Branche ist gefragt

Im aktuellen Fall zeigt sich wieder einmal, dass die Werbebranche noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten hat. Die angeprangerten Technologien haben mit Personalisierung per se noch nichts zu tun. Sie steuern lediglich das Bietverfahren, damit Advertiser Werbeflächen buchen können. Daten, die zur Aussteuerung verwendet werden, müssen nicht zwangsläufig personenbezogen sein wie beispielsweise im Fall von Wetter-Targeting oder ähnlichem. Ohne Targeting wird kein Advertiser Online-Kampagnen realisieren – umfeldbasierte Platzierungen im Premiumsektor einmal ausgenommen. Darüber hinaus wird personalisierte Werbung von den Nutzern gefordert, da sie relevanter ist.

Die Beschwerde zielt klar auf eindeutige Regelungen bei der Datenverarbeitung ab, die durchaus notwendig sind. Aber Programmatic Buying selbst an den Pranger zu stellen, ergibt wenig Sinn.

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