Verbraucher wollen Selbstbestimmung bei Location-based-Targeting
Jens T. Möller, Analyst, 4. Juni 2019Für Werbetreibende ist das Targeting von Verbrauchern basierend auf Nutzerdaten gängige Praxis und die Werbebranche sammelt Verbraucherinformationen, wo sie nur kann. Nicht nur über das Browsing werden diese Datenschätze generiert, sondern ebenfalls über das Smartphone in Form von individuellen Bewegungsdaten. Die meisten Verbraucher sind sich dessen durchaus bewusst und wünschen sich auch ein gewisses Maß an personalisierter Ansprache. Dennoch scheint gerade bei den jüngeren Generationen eine ausgeprägte Unwissenheit über die Praktiken in der digitalen Werbung zu bestehen.
Im Zuge der ADZINE-Appinio Consumer Insights untersucht Appinio für Adzine monatlich das aktuelle Meinungsbild der deutschen Bevölkerung zu Themen rund um digitale Werbung. Dabei zeigt sich im Mai 2019, dass jüngere Befragte bei der Thematik von On- und Offline-Tracking deutlich schlechter informiert sind als ältere Teilnehmer und bei Location-based-Targeting für Werbung nicht so empfänglich sind.
Dazu befragte Appinio 502 Deutsche im Alter zwischen 16 und 44 Jahren. Appinio ist eine Marktforschungsplattform aus Hamburg, die Meinungen von Kunden und Zielgruppen innerhalb kürzester Zeit erheben kann. Bei dieser Erhebung handelt es sich um eine nicht-bevölkerungsrepräsentative Trendumfrage, die über die eigene Panel-App durchgeführt wurde. Somit umfasst das Sample bereits digital-affine Verbraucher. Insgesamt spiegelt das Sample eine eher jüngere Altersverteilung wider. Jedoch umfasst die Altersspanne genau die Bevölkerungsgruppen, die online und mobil besonders aktiv sind. Die Verteilung der Altersgruppen und der Geschlechter innerhalb der untersuchten Gruppe war ausgeglichen.
Unter den Umfrageteilnehmern scheint ein grundsätzliches Wissen über klassische Tracking- und Targeting-Methoden zu bestehen. Fast 90 Prozent von ihnen weiß, dass Online-Werbung auf dem individuellen Such- und Surfverhalten basieren kann. Nur jedem zehnten ist diese Information neu.
Doch nicht nur das Surf-Verhalten haben die Werber im Blick. Auch individuelle Bewegungsdaten vom Smartphone fließen in die Targeting-Optionen mit ein. Hierüber zeigte sich immerhin jeder vierte Befragte erstaunt. Die restlichen 74 Prozent waren sich bereits darüber im Klaren.
Erstaunlich: Besonders die jüngeren Umfrageteilnehmer, die sogenannten Digital Natives, sind deutlich schlechter informiert als ältere Befragte. So war sich in der Gruppe der Unter-18-Jährigen ein Drittel nicht bewusst, dass Online-Werbung auf dem Smartphone auf Bewegungsdaten basieren kann.
Im Vergleich dazu schneidet die Gruppe der 25- bis 34-Jährigen am besten ab. Lediglich 21 Prozent dieser Gruppe weist hier mangelndes Wissen auf. Insgesamt zeigen Frauen einen schlechteren Informationsstand als Männer.
Empfänglichkeit für Location-based-Targeting steigt mit dem Alter
Die jüngeren Befragten sind neben ihres geringeren Wissensstands auch weniger empfänglich für Drive-to-Store-Werbung. 16- bis 24-Jährige zeigen demnach weniger Initiative, einen Shop zu betreten, nachdem durch einen Rabattgutschein über ihr Smartphone dafür geworben wurde – selbst wenn sie den Laden bereits kennen und mögen.
Bei der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen würden dagegen 55 Prozent anschließend den Laden betreten. Weiterhin sind jüngere Konsumenten häufiger von dieser Werbeform genervt oder ignoriert sie vollkommen. Unter allen Befragten würde immerhin die Hälfte den Shop nach Erhalt eines Rabattgutscheines besuchen.
Wann wird Werbung durch Bewegungsdaten am ehesten akzeptiert?
Die Mehrheit der Befragten ist die Entscheidungsfreiheit über ihre Daten am wichtigsten. Wenn sie selbst darüber entscheiden könnten, Bewegungsdaten freizugeben, würden sie Location-based-Targeting jedoch akzeptieren.
Aus einer aktuellen globalen Benchmark-Studie der Customer-Engagement-Plattform Airship geht hervor, dass Nutzer besonders dann bereit sind, ihre Standortdaten zu teilen, wenn es ihren Alltag verbessert oder erleichtert. So stiegen laut Airship die durchschnittlichen Opt-in-Raten für Restaurant-Suchen, Entertainment und den Einzelhandel stark an.
24 Prozent der von Appinio Befragten gibt allerdings an, am liebsten gar keine Online-Werbung erhalten zu wollen. Diese Zahl deckt sich mit der aktuellen Adblocker-Rate vom BVDW. Die Anonymität ihrer Daten ist für ein Fünftel der Befragten von Bedeutung.
Generell erscheint die jüngere Generation zur schwierigsten Zielgruppe für Werbetreibende zu avancieren. Sie sind für Werbung weniger empfänglich und auch sonst wird die Zielgruppenansprache zunehmend schwieriger, da sich gerade junge Menschen beim Medienkonsum häufig in werbefreien Umfeldern, etwa Netflix und WhatsApp, aufhalten. Auch das mediale Überangebot kann dazu führen, dass Werbung vermindert von Jüngeren wahrgenommen wird.
Takeaways
- Innerhalb der Befragten besteht ein breites Wissen darüber, dass Online-Werbung auf dem individuellen Suchverhalten basieren kann.
- Jüngere Umfrageteilnehmer sind schlechter darüber informiert, dass Bewegungsdaten für Online-Werbung eingesetzt werden. Außerdem sind jüngere Altersgruppen signifikant weniger empfänglich für Werbung, die das Ziel Drive-to-Store verfolgt.
- Die Entscheidungsfreiheit über die eigenen Bewegungsdaten ist für die Befragten die wichtigste Bedingung, um Location-based-Targeting zu akzeptieren.