Targeting in der Audio-Werbung: Von der Listener ID zur Voice Interaktion
Frank Puscher, 13. Mai 2019Das Radio wird digital, der Podcast kommt zurück und Audio-Streams von Spotify oder Apple erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Der Advertiser sollte sich also um Audio-Werbung kümmern. Doch wie löst man da Interaktion aus? Wie wäre es mit Alexa?
Die Medienbranche hat eine erhebliche Disruption erlitten. Vor allem Print und TV müssen sich komplett neu definieren. Radio hatte Schonfrist, weil sich die Nutzungsmuster im Auto und bei der Arbeit nur allmählich ändern und weil ein gut kuratierter Sender ein angenehmes Gegengewicht zur eigenen Filterblase bildet. Aber angesichts der Omnipräsenz des Smartphones als Abspielgerät ist diese Schonzeit endlich und eine Reihe gigantisch großer Disruptoren scharrt schon mit den Hufen.
Folglich verlangt die Radio-Branche von ihrem größten Vermarkter, dass man sich auf die Zukunft vorbereitet und dem Markt Targeting-Mechanismen und Daten zur Verfügung stellt. Matthias Schenk berät die Sender bei der Suche danach der richtigen Strategie.
ADZINE: Wie weit ist IP-Radio in Sachen Targeting? Was weiß man heute schon über die Nutzer?
Matthias Schenk: Seit dem Launch unserer Data Management Platform auf der Dmexco 2018 wissen wir eine ganze Menge über die Hörer von Audio-Inhalten. Wir haben die Reichweiten auf den „Dumb Devices“ mit Daten angereichert. Dumb Devices, das sind Audio-Wiedergabegeräte, die nicht Cookie-fähig sind, wie WLAN-Radios, Smart TVs, Sonos-Soundsysteme, Bose-Boxen und Voice Assistants wie Alexa oder Google Home. Tatsächlich sind diese Geräte die Hauptnutzungsquellen und machen 80 Prozent der Audio-Reichweite aus.
Die RMS ist europaweit und vermutlich auch weltweit der erste Anbieter, der der Werbeindustrie datenbasierten Zugriff auf diese Reichweiten ermöglicht. Die Datentiefe entspricht derjenigen, die wir aus den „klassischen“ digitalen Kanälen wie Display und Video kennen, plus noch einige weitere audiospezifische Zielgruppen.
ADZINE: Wie genau funktioniert das und wen trifft RMS damit?
Schenk: Die Funktionsweise ist einfach beschrieben, auch wenn dahinter recht komplexe Technologie und Algorithmen stehen. Immer wenn ein Audio-Spot ausgestrahlt wird, sehen wir als Vermarkter den Nutzer über unseren Audio AdServer. Über diesen Audio AdServer vergeben wir eine sogenannte Listener ID. In der Funktionsweise macht die das gleiche wie ein Cookie, nur dass sie eben auf allen genutzten Geräten vergeben werden kann.
ADZINE: Welche Daten fügen Sie noch hinzu, um die Targeting-Güte zu verbessern?
Schenk: Der größte Teil der Intelligenz kommt aus den Daten unserer Audio-Sender. Hier kann ich über die gehörten Musikfarben viel lernen, über den Hörer, aber auch über die Zeiten und die Häufigkeit der Nutzung. Darüber hinaus reichern wir mit dem Datenpool von Emetriq an, einer Tochter der Deutschen Telekom. Die analysieren das Surfverhalten auf nahezu allen großen deutschen Webseiten und rechnen diese Daten hoch. Emetriq ist in Deutschland der Standard im Profilieren und Validieren von Daten. Besonders gut sind sie im Errechnen von statistischen Zwillingen auf Basis des gemessenen Surfverhaltens.
Darüber hinaus werden die Targeting-Segmente validiert über GfK und weitere Audio-Studien wie beispielsweise die VuMa, so dass wir in unserem Datenpool die maximale Güte an Segmentqualität generieren können.
ADZINE: Marketing auf Dumb Devices kann der klassische Audio-Spot sein, aber es geht auch mehr, weil die Geräte einen Rückkanal haben. RMS hat für Alexa eine besondere Lösung entwickelt?
Schenk: Alexa ist das erste Gerät, auf dem sich ausschließlich Hörer versammeln, die es gewohnt sind, mittels Ihrer Stimme mit den digitalen Inhalten zu interagieren. Was liegt also näher, als interaktive Audio-Spots genau an diese Hörer auszuspielen? Und genau das machen wir gerade. Wir haben einen ersten Case gelauncht, der im Audio-Spot eine Call-to-Action beinhaltet. Etwa in der Art: „Sage deinem Smart Speaker ´Öffne Marke X´“. Sobald der Nutzer diesen Befehl dann an Alexa weitergibt („Alexa, öffne Marke X“), wird im Hintergrund ein sogenannter Skill heruntergeladen. Das geschieht automatisch. Der Nutzer muss dafür keine weitere Aktion vornehmen. Ein Skill ist ein kleines Programm ähnlich einer App auf Smartphones, den wir für den Werbetreibenden entsprechend programmieren können. Dieser Skill versteht Voice-Befehle und spricht mit der Stimme von Alexa. So kann aus dem Skill heraus zum Beispiel an die Telefonnummer eine Einladung zur Probefahrt oder ein Gutschein für den nächsten Burgerbrater-Besuch geschickt werden. Für den Hörer hört es sich wie eine nahtlose Kommunikation mit Alexa an, getriggert aus einem Audio-Spot.
ADZINE: Das hört sich spannend, aber ziemlich exotisch an. Haben die Advertiser überhaupt Interesse an solchen Formaten? Janine Liu von der Mediacom meint, das sei nicht so. Was muss RMS tun, um das zu ändern? Und warum ist Audio so wichtig?
Schenk: Tatsächlich sehen wir in unseren Umsatzzahlen das Gegenteil, digitale Audio-Reichweiten werden gerade stark nachgefragt im Markt. Und das ist auch richtig so. Wir beobachten gerade, wie sich mit dem Launch von Voice Assistants der Audio-Konsum, aber auch bereits Teile des klassischen Internets, massiv auf Audio-Kanäle verschieben. Denken Sie etwa an das Comeback der Podcasts. Durch die Niedrigschwelligkeit des Zugriffs auf Audio-Inhalte über sprachgesteuerte Smart Speaker durchdringen diese Geräte die Haushalte in Deutschland und im Rest der Welt schneller als die Smartphones vor zehn Jahren. Wir haben bereits jetzt nach zwei Jahren eine Marktdurchdringung von 22 Prozent, während die Smartphones nach zwei Jahren erst 14 Prozent Marktdurchdringung erreicht hatten. In Amerika haben bereits 47 Prozent der Haushalte einen Smart Speaker zu Hause, das werden wir in Kürze auch in Deutschland beobachten können. Werbetreibende tun gut daran, dringend die Mechaniken von audiogesteuerter Werbung zu erlernen, wenn sie auch in fünf Jahren noch gehört werden wollen.
ADZINE: Herr Schenk, vielen für dieses kurze Gespräch.
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