Entwicklungen und Fehlschläge im Mobile Advertising: Stefan Uhl von Carat im Interview
Frederik Timm, 15. März 2019Mobile Advertising hat die digitale Werbung um eine Vielzahl neuer Technologien und Möglichkeiten erweitert. Im Interview mit ADZINE spricht Stefan Uhl, Managing Director von Carat Deutschland, über die Entwicklung des mobilen Kanals und über Hype-Themen der jüngsten Vergangenheit, die gehörig fehlschlugen.
ADZINE: Wie hat sich Mobile Advertising mit Hinblick auf Formate, Vermarktung und Technologien in den letzten Jahren entwickelt?
Uhl: Grundsätzlich sehen wir einen ungebrochenen Trend bei Rich Media Ads. Die Coalition for Better Ads zeigt jedoch auch ihren Einfluss. Durch sie hat eine leichte Verschiebung von reinen Overlay-Formaten zu Mischformen und Inline Ads stattgefunden, wodurch die aktuelle Diskussion über Viewability-Garantien angefacht wurde. Schließlich ist die Sichtbarkeit der Online Ads auf den kleinen Smartphone-Screens deutlich geringer als auf großen Desktop-Monitoren. Vermarkter arbeiten daher immer häufiger mit Viewability-Garantien.
Zudem wurde die „alte“ Exklusivvermarktung in den letzten Jahren deutlich aufgebrochen. Wir sehen mittlerweile einen neuen Trend in der Eigenvermarktung von Publishern. Sie holen sich zunehmend Spezialisten mit an Bord, die für gewisse Teilbereiche, wie zum Beispiel Mobile, Outstream oder Sonderformate, allgemein zuständig sind. Diese Bereiche werden dann entweder durch Direkt-Tags oder Header Bidding verbunden.
Auch „Managed DSPs“ treten immer häufiger auf. Sie bieten zwar keinen direkten Zugang zu Inventaren, aber ermöglichen via IO, in Kombination mit Ad-Formaten, Budgets zu „traden“.
ADZINE: Sie haben erwähnt, dass die Entwicklung klar in Richtung Rich Media Ads geht. Spielt das herkömmliche Display Ad mobil überhaupt noch eine Rolle?
Uhl: Das 6:1 MMA Display Ad spielt keine Rolle mehr, das stimmt. An dessen Stelle sind mittlerweile Medium Rectangles oder sogar Halfpage Ads getreten, da sie auf den kleinen Smartphone-Screens gute Click-Through-Rates generieren.
ADZINE: Welchen Anteil hat Programmatic Advertising im Bereich Mobile bei Ihren Kunden? Lässt sich auf diesem Kanal ein schnellerer Wandel weg vom IO-Geschäft beobachten? Wenn ja, welchen Anteil hat In-App Advertising daran?
Uhl: Den programmatischen Anteil im Bereich Mobile schätze ich aktuell schon auf etwa 40 bis 50 Prozent, bei einigen Kunden teilweise sogar auf 60 bis 80 Prozent. Aufgabe der Marktteilnehmer muss es sein, dass es keine Unterschiede zwischen IO & Programmatic gibt. Im Endeffekt muss jeder Kunde selbst beantworten, ob ein krasser Shift zu Programmatic bei komplexen IO-Kampagnen – mit diversen Garantien auf Publisherseite wie Viewability, Brand Safety etc. – aus Kosten- und Effizienzgründen lohnenswert ist.
Der In-App-Anteil am Programmatic-Budget basiert auf den Targeting-Vorgaben des Kunden. Der richtet sich dabei sehr häufig nach Targeting-Partnern, die vor allem die Verbindung zwischen Cookie- und AdID-Daten bemängeln. Kunden sollten sich targeting-seitig daher breiter aufstellen und „Entweder/Oder“-Targetings einbauen.
ADZINE: In der Vergangenheit gab es viele Trends und Hypes um Mobile-Themen, die die Werbebranche gefeiert hat. Welche dieser Mobile-Trends der Vergangenheit schlugen Ihrer Meinung nach gehörig fehl? Gibt es ein paar Beispiele, die Ihnen noch gut in Erinnerung geblieben sind?
Uhl: Beacons! Hier wurden der Aufwand und die Technologie vollkommen überschätzt. Grundsätzlich müssen Geschäftsmodelle einfach skalierbar sein. Das Ausrollen von tausenden Beacons für eine Kampagne war es definitiv nicht.
Auch die Verbindung zwischen Out-of-Home-Werbung und Smartphone lässt auf sich warten. Hier sehen wir zwar schon erste Kampagnen anlaufen, die digitale Anzeigetafeln programmatisch ansteuern, aber die Verbindung zum Smartphone des Endnutzers fehlt noch.
Die Snapchat-Brille (Spectacles) hat ebenfalls nicht den gewünschten Erfolg für Snapchat gebracht. Sie war zu teuer für die junge Zielgruppe und es mangelte letzten Endes auch an Vielseitigkeit.
Trotzdem bin ich gespannt, welche Entwicklungen auch in Zukunft noch auf uns warten. All diese Beispiele sind ja per se nicht schlecht. Man muss nur die richtigen Schlüsse aus ihnen ziehen und für die Zukunft lernen.
ADZINE: Danke für das informative Gespräch, Herr Uhl!
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