Dass die Briten ein wettbegeistertes Volk sind, ist schon lange kein Geheimnis mehr. So kann man in Großbritannien auf die Hutfarbe der Queen, auf das Geschlecht des nächsten royalen Sprösslings und auf die Entdeckung außerirdischen Lebens wetten. Politische Themen bilden dabei keine Ausnahme. Dabei sind die „Bookies“ meist näher an der Wahrheit als Experten aus Wirtschaft und Politik. Welche Szenarien werden also für den Brexit als am wahrscheinlichsten gewertet?
Im aktuell anhaltenden Brexit-Chaos vermag niemand so richtig sagen zu können, wie der Brexit am Ende ausgehen wird. Das britische Parlament, das das von Theresa May mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen abgelehnt hat, möchte nun Nachverhandlungen. Und die Zeit drängt, denn der offizielle Austrittstermin am 29.03.2019 rückt immer näher. Dabei wird der EU-Austritt, in welcher Form er auch kommen mag, entscheidende Veränderungen für die Menschen und die Wirtschaft in Großbritannien und der Europäischen Union haben – und auch vor der Werbeindustrie keinen Halt machen. Großbritannien ist ein wichtiger Standort für Tech-Anbieter im Digital Advertising und gilt für US-Unternehmen häufig als Operationsbasis für den restlichen europäischen Markt. Adtech-Unternehmen aus den USA kommen häufig zuerst nach Großbritannien, um anschließend in weitere europäische Länder zu expandieren. Dies wird sich nach einem Brexit womöglich grundlegend verändern.
Auswirkungen sind schon jetzt zu spüren
Viele Adtech-Anbieter spüren schon jetzt erste Auswirkungen. Im Guardian berichtet ein Unternehmen von Problemen bei der Akquise europäischer Talente. Unsicherheit sei dabei ein entscheidender Faktor, der Arbeitnehmer daran hindern würde, nach Großbritannien zu kommen. Weiterhin fürchten viele Mitarbeiter um ihre Aufenthaltsgenehmigung nach dem Brexit. Diese Faktoren verstärken den „Brain Drain“, unter dem das Vereinigte Königreich zu leiden hat. Die endgültigen Auswirkungen hängen hingegen stark vom eintretenden Brexit-Szenario ab und ob die britische Regierung einen Ausweg aus dem Brexit-Chaos finden kann.
Wetten auf den Ausgang des Brexit
Dabei scheinen aktuell die verschiedensten Szenarien für den Ausgang des Brexit möglich und auf die wird fleißig gewettet. Das Vergleichsportal Oddschecker.com listet aktuell über 25 Wetten rund um den Brexit, die sich mit mehr oder weniger wahrscheinlichen Szenarien auseinandersetzen. Die Wettquoten geben dabei Aufschluss über die mögliche Gewinnsumme und lassen sich leicht in eine Eintrittswahrscheinlichkeit des Wettereignisses umwandeln. Hohe Quoten sind dabei immer mit deutlich geringeren Eintrittswahrscheinlichkeiten verbunden. In der Vergangenheit zeigte sich dabei häufig eine signifikante Vorhersagekraft der Buchmacher auf die verschiedensten Ereignisse. Auf welche Brexit-Szenarien wird nun also aktuell gewettet und welche sind am wahrscheinlichsten?
Großbritannien verlässt die EU zum festgelegten Stichtag am 29.03.2019
Eine unter den Buchmachern besonders populäre Wette beschäftigt sich mit der Frage, ob das Vereinigte Königreich die EU wie geplant zum 29.03.2019 verlassen wird. Dabei sehen die Buchmacher eine deutliche höhere Wahrscheinlichkeit darin, dass Großbritannien den Austrittstermin nicht einhalten wird. Die Eintrittswahrscheinlichkeit rangiert dabei um 80%. Die Wettquoten für einen geplanten Austritt hingegen stehen deutlich höher – lediglich zwischen 25% und 27%. Bei dem aktuell in London vorherrschenden politischen Chaos mag das nicht überraschen. Die Briten sehen dies anscheinend ähnlich und wetten fleißig auf ein Verstreichen des geplanten Austrittsterms.
Als wahrscheinlichsten Austrittszeitraum erachten die Buchmacher den Zeitraum zwischen April und Dezember 2019. Hier verheißen die Quoten die geringsten Gewinne und weisen damit eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 48% aus. Ganz sicher sind sich die Buchmacher hier also nicht. Ein Brexit noch im Jahr 2019 wird jedoch als das wahrscheinlichste Szenario gehandelt.
Ein zweites EU-Referendum
Wird es zu einem zweiten EU-Referendum kommen? Glaubt man den britischen Bookies, ist die Antwort auf diese Frage eindeutig. Die Quoten für ein zweites Referendum liegen deutlich höher als die dagegen.
Die Eintrittswahrscheinlichkeit für ein erneutes EU-Referendum liegt demnach bei 25%, während ein zweites Referendum mit 67% unter den Buchmachern als relativ unwahrscheinlich gilt. Ohnehin sehen sie kaum Chancen für den Verbleib in der EU durch ein zweites Referendum. Die Buchmacher gehen davon aus, dass das Ergebnis eines zweiten Referendums nicht anders als das erste ausfallen würde. Die Eintrittswahrscheinlichkeit, dass die Briten sich in einem zweiten Referendum für den Verbleib in der EU entscheiden würden liegt bei 22%.
Kommt es zum harten Brexit?
In der politischen Debatte wird häufig von einem No-Deal-Brexit gesprochen, also einem harten Brexit. In solch einem Fall würde Großbritannien ohne Abkommen die Europäische Union, samt Binnenmarkt, verlassen. Die Buchmacher halten das Eintreten dieses Szenariums für äußerst unwahrscheinlich. Die Eintrittswahrscheinlichkeit beträgt hier 25%.
Lebensmittelrationierung durch den Brexit
Eine interessante Wette beschäftigt sich mit der Frage, ob die britische Regierung eine Lebensmittelrationierung als Folge des Brexit ausrufen wird. Die eventuell eintretenden Komplikationen eines ungeordneten Brexit können dabei zu dieser Mutmaßung veranlassen. Die Buchmacher können aber dahingehend beruhigen, als dass dieses Szenarium als äußerst unwahrscheinlich angesehen wird. Die Quoten liegen recht hoch und ergeben eine Eintrittswahrscheinlichkeit von circa 8%.
Der Brexit wird kommen
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die britischen Buchmacher ein EU-Ausscheiden Großbritanniens zum 29.03.2019 als eher unwahrscheinlich einschätzen und damit rechnen, dass der neue Austrittstermin im Zeitraum zwischen April und Dezember 2019 liegen wird. Ein zweites EU-Referendum wird dabei ebenfalls als unrealistisch eingestuft. Aller Voraussicht wird der Brexit kommen und die EU sich auf einen Deal einlassen. Wie Theresa May das politische Chaos beseitigen will, wird sich in den kommenden Tagen und Wochen zeigen. Der Brexit wird Europa nachhaltig verändern und die britische Wirtschaft stark beeinflussen. Wie Adtech-Anbieter damit umgehen werden, ist noch unklar. Die ersten Auswirkungen spüren sie schon jetzt. Die Briten aber werden gewiss auch nach dem Brexit weiter fleißig wetten.
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