„Technologie ist der Haupthebel für das Marketing“ - Nicolas von Sobbe, Director Digital McDonald’s Deutschland im Portrait
Sandra Goetz, 24. Oktober 2018McDonald‘s ist die weltweit umsatzstärkste Fast-Food-Kette. Mit 1.480 Schnellrestaurants steht Deutschland hinter den USA (ca. 14.000), Japan (ca. 2.900) und der Volksrepublik China (ca. 2.600) auf Platz 4 im Top-15-Länder-Ranking des US-Giganten. Die auch europaweit größte McDonald’s-Filiale befindet sich mit dem McCafé am Frankfurter Flughafen. Die umsatzstärkste deutsche Filiale ist am Münchner Stachus. In München ist auch die Deutschland-Zentrale von McDonald‘s – mit Nicolas von Sobbe, dem Digitaldirektor des Unternehmens. Ein Portrait.
Nicolas von Sobbe ist ein echtes Münchner Kindl, das 1974 in der bayerischen Hauptstadt geboren wurde. Bevor der 44-Jährige Soziologie, Politische Wissenschaften und Medienwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität studierte, leistete er seinen Zivildienst. Nach dem Studium ging es in die Welt der Agenturen. „Marketing und Kommunikation hat mich schon immer interessiert, die Technik kam hinzu“, sagt von Sobbe. Seine Stationen waren u. a. die DDB Gruppe, die die Hausagentur von McDonald’s Deutschland war, sowie Ketchum Pleon. Nicolas von Sobbe, der seit acht Jahren bei McDonald‘s ist, ist somit von der Agentur- auf die Kundenseite gewechselt. „Das ist eine wunderbare Kombination, weil ich beide Seiten kenne und beide Seiten verstehe“, sagt von Sobbe.
Als Sozialwissenschaftler hat sich der Digitalchef von Haus aus mit Themen wie „Dekodierung und Kodierung zwischen Menschen im systemischen Sinne, aber auch in der Mikroebene, im Gespräch“ beschäftigt. „Durch die Digitalisierung ist mir früh klar geworden, wie viel diese gerade verändert, im Alltag privat, aber auch in der Markenführung – und wie Gesellschaft sich stärker selber organisiert“, sagt Nicolas von Sobbe. Diese Inspiration hat er zu McDonald’s getragen: „Wir sind nun mal eine der bekanntesten Marken der Welt; wir haben unseren Ruhm in der analogen Welt erarbeitet. Mit lautem und starkem Marketing wurden die Menschen auf uns aufmerksam gemacht, niemand hat uns überhören oder übersehen können. Heute ist das anders. Einen jungen Menschen holt man nicht mehr selbstverständlich mit einem kreativen TV-Spot hinterm Ofen hervor“, so von Sobbe.
Der Bayer glaubt, dass „heute Technologie der Haupthebel ist, um Marketing die richtigen Bühnen zu bereiten“. Neues Terrain muss hierfür erobert werden, auch dann, wenn nicht alles sofort funktioniert. „Wir alle bewegen uns im Neuland, selbst Start-ups, die das oftmals vertuschen, da Chaos dort eine Art Regel ist“, sagt er.
Was ist das Spannende am digitalen Marketing? Ist es das Disruptive?
„Nein“, befindet von Sobbe, denn das Disruptive sei nur dann ein Erlebnis, wenn man Dinge skaliert. „Wir machen das nicht wegen der Werkzeuge, die disruptiv sein können. Für mich ist Marketingtechnologie eher wie eine Ader, auf die man stößt. Je tiefer man gräbt, desto mehr ist dahinter“, erklärt der Sozial- und Medienwissenschaftler und führt als weiteres Beispiel CRM an. Denn auch hier wisse man am Anfang nicht mit absoluter Gewissheit, wieweit CRM eine Marke unterstützen könne. Was man schnell merken würde, ist, „dass man mit wenigen Kunden eine neue Form von Erlebnis auf beiden Seiten hat. Ebenso merkt man, dass die Gäste das Neue annehmen, denn ihr Feedback gibt darüber Auskunft, dass man einen Nerv getroffen hat“, sagt von Sobbe.
Der Nerv, von dem der Digitalexperte spricht, ist die neue App, die McDonald’s Anfang des Jahres in Deutschland eingeführt hat. Die Funktion, dass man auch direkt in der App bestellen und bezahlen kann (intern auch „Hosentaschenkiosk“ genannt), wird seit dem Sommer in drei Münchner und elf Augsburger Restaurants getestet. Weltweit ist die Bestellung per App für 20.000 Restaurants seit 2017 möglich.
Welche besonderen Herausforderungen gibt es im deutschen Fast-Food-Markt?
„Der Markt ist in Deutschland ziemlich zerfasert. Wir fischen alle im selben Teich, auch, wenn McDonald’s deutlich führt“, sagt von Sobbe. Ein Grund ist die Veränderung von Essensgewohnheiten, ein weiterer seien die vielen Angebote an „Convenience-Möglichkeiten, um die Freizeit zu gestalten“, so von Sobbe. Hinzukommt der rasante Anstieg von Mobilität. „Wir kämpfen um Relevanz. Nämlich, dass unser Kunde auch sagt: ‚Ja, ich fahre jetzt zu McDonald’s und bestelle dort mein Essen.‘“
Doch auch die Veränderung des menschlichen Denkens und Verhaltens durch die Digitalisierung samt der beteiligten Digitalunternehmen sind Herausforderungen, denen sich McDonald’s – neben einer sich stetig verändernden Medienlandschaft – stellen muss. „Wir stehen als Marke in der Mitte und fragen uns: Woher, wie viel Anforderungen muss ich heute aufnehme? Und was kann ich beiseitelassen? Es geht auch hier um Relevanz. Unsere Markenbekanntheit ist sehr stabil, ähnliches gilt für die Besuchsintensität der Gäste, was aber die Menge der Besuche pro Jahr angeht, merken wir, dass der Gast mehr Möglichkeiten hat – und diese nutzt“, erzählt Nicolas von Sobbe.
Was heißt digitale Transformation und Customer Experience?
Laut von Sobbe war Customer Experience in der analogen Markenwelt lange Zeit kein Begriff. Für McDonald’s gab es früher zwei zentrale Touchpoints, TV- und Hörfunk-Werbung, mit denen sämtliche Zielgruppen erreicht wurden. Heute gäbe es sehr viele Momente, in denen die Kunden auf verschiedenen Kanälen und in unterschiedlichen Zusammenhängen erreicht sein wollen. Diese Mammutaufgabe, die sich jedem Marketer stellt, bezeichnet von Sobbe als „die große Kunst, die vielen Einzelmomente wieder zu einem Bild“ zusammenzufügen. Die App ist das Tool, das McDonald‘s, Kunde und Restauranterlebnis auf neue Art zusammenführt.
Die Implementierung auf den deutschen Markt bedarf bereits einer lokalisierten Experience. Denn entwickelt wurde die App in den USA, in Chicago. „Sowohl optisch als auch vom Gefühl her müssen wir das auf Deutschland runterbrechen. Wir sitzen viel zusammen, hier sind viele Abstimmungen nötig“, sagt von Sobbe.
Das Jahr ist fast um. Welche Trends gab’s 2018?
„Persönlich sehe ich, dass sich die Digitalisierung des E-Commerce jenseits von Amazon nach vorne bewegt. Immer mehr Menschen gehen digital shoppen, das ist ein besonderes Erlebnis. Ein weiterer Trend ist Mobile Payment. Diese Themen lösen ein wenig den Social-Media-Hype ab“, bilanziert von Sobbe das Jahr.
Und was ist 2019 wichtig?
Für Nicolas von Sobbe wird das neue Jahr ein Jahr der Konsolidierung sein. Laut seiner Beobachtung hätten viele Marken „viel getrieben“ und müssen nun eine Rückschau ob dessen halten, was sie alles gemacht und geleistet haben. Dazu braucht man Ruhe. „Es ist an der Zeit, alle Impulse aufzuarbeiten, die man gesetzt hat, sich zu fragen, was ich geschafft habe und was sich noch besser zusammenfügen lässt. Mein persönliches Motto wird lauten: ‚Mach mehr aus den Dingen, die du eigentlich angestoßen hast‘“, gibt Nicolas von Sobbe preis.
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