Usercentrics – Datenschutz als Geschäftsmodell
Jens von Rauchhaupt, 20. September 2018Künstliche Intelligenz (KI) der Megatrend der diesjährigen DMEXCO? Von wegen. Die digitale Werbung hat mit der DSGVO und der aufkommenden ePrivacy-Richtlinie ganz andere Schwerpunkte. Beim Durchstöbern der Kölner Messehallen ist uns besonders ein Unternehmen aufgefallen: Usercentrics.
Usercentrics ist ein Anbieter einer Consent Managing Platform (kurz CMP). Nichts Besonderes sollte man meinen, schließlich haben inzwischen viele Publisher und Vermarktungsplattformen damit begonnen, ihr eigenes CMP-System nach Vorgaben des internationalen Werbeverbandes IAB zu entwickeln. Beispielsweise Smart, AppNexus oder auch Improve Digital, alle diese SSPs haben bereits eine solche CMP integriert und auch die Vermarkter bzw. die Publisher wollen auf Nummer sicher gehen und sich bei den Nutzern die Einwilligung für Retargeting- oder Profiling-Cookies (Third Party Cookies) einholen. Zwar ist aktuell noch unklar, ob eine Nutzereinwilligung (Consent) wirklich schon eine zwingende Voraussetzung ist, doch spätestens mit der ePrivacy-Richtlinie wird der Consent für das Setzen von Third Party Cookies zur Pflicht. Hilfreiche Stütze zum Aufbau einer Einwilligungsplattform bietet aktuell das IAB-Framework und zahlreiche Dokumentationen, beispielsweise jene auf prebid.org.
Warum braucht es dann noch einen Anbieter wie Usercentrics? „Weil wir flexibler sind als der Wettbewerb, der sehr statische Lösungen hat“, sagt Usercentrics-Mitbegründerin Lisa Gradow. „Mit unserer CMP-Lösung können unsere Kunden selbst den User-Flow definieren. Ob über ein Central Pop-up, ein Banner oder einzelne Buttons, über die der Nutzer den Opt-in bzw. Opt-out managen kann, es ist alles anpassbar.“ Ganz wichtig für Gradow: „Wir schreiben dem Kunden nicht die rechtliche Auslegung vor, das soll der Kunde selbst tun. Schließlich sind wir nicht dafür da, das geltende Recht auszulegen, wir enablen aber Publisher und Werbetreibende, jederzeit schärfere Bestimmungen auf ihren Websites zu implementieren.“ Usercentrics konnte mit Telefónica und dem heise Verlag schon einige große Kunden überzeugen. Unternehmen sollten sich sputen und jetzt mit dem Einholen des Consents beginnen, meint Gradow. „In Zukunft wird es keine Daten mehr ohne den Consent geben. Für Unternehmen wird es ein Nachteil sein, wenn sie nicht frühzeitig damit angefangen haben“, sagt die Gründerin, die gemeinsam mit Vinzent Ellissen und Mischa Rürup das Start-up aus München leitet. Vor allem wer als Advertiser auf Google oder Facebook werben will, wird an den Consent nicht mehr vorbeikommen. „Google hat schon angekündigt, dass sie die Einwilligung sehr bald nachgewiesen haben wollen. Das wird noch dieses Jahr geschehen, dann muss jeder Advertiser in der Lage sein, den Consent technisch zu übergeben.“
Usercentrics richtet sein Angebot an Werbetreibende wie Publisher. Für Publisher ist es von Bedeutung, dass der eingeholte Consent in die IAB-Logik überführt werden kann. „Das verlangen bereits viele Adserver und Demand Side Platforms (DSPs), die ohne Consent Werbung schon gar nicht mehr ausliefern“, berichtet Gradow. Dabei sei der IAB nur ein Standard und es sei nicht ausgeschlossen, dass Google und Facebook eigene Frameworks und Standards etablieren könnten. „Deswegen wollen wir als CMP unabhängig bleiben. Wir haben unsere eigene Consent-Logik aufgebaut, die an alle Systeme und Anforderungen angepasst werden kann. Unsere Vision ist es, ein Clearing-House für alle Consents zu werden, auf das letztlich jeder Marktteilnehmer in Echtzeit zugreifen kann, um zu überprüfen, ob ein Consent vorliegt oder nicht.“
Diese Vision scheint bei den Investoren von Usercentrics gut anzukommen. Vielleicht auch deswegen, weil es sich um eine rein deutsche Firma handelt. Kein Jahr nach Gründung konnte sich die Münchener Adtech-Schmiede in einer weiteren Finanzierungsrunde einen Millionenbetrag sichern. Damit will man nun auch in Europa und auf dem US-Markt angreifen. Die Lead-Investoren sind Cavalry Ventures und Reimann Investors. Weiter engagieren sich unter anderem die Business Angels Kai Seefeldt (Productsup), Axel Täubert (Google/DoubleClick) sowie Jens Lapinski (Angel Invest Ventures).
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