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Von wem drohen DSGVO-Abmahnungen?

Frederik Timm, 12. Juni 2018
Bild: stevepb; CC0 - pixabay.com

Im Vorfeld der DSGVO-Einführung hieß es, dass die Datenschutzgrundverordnung vor allem Anwälten Hochkonjunktur verschaffen würde. Die riesige Abmahnwelle ist bisher ausgeblieben. Dennoch sind bisher einige wenige Abmahnfälle bekannt. Doch von wem haben Seitenbetreiber tatsächlich Abmahnungen zu befürchten? Öffnet die DSGVO auch Unternehmen die Möglichkeit, unliebsame Konkurrenten abzumahnen?

Mittlerweile dürfte jeder Seitenbetreiber von dem Damoklesschwert gehört haben, das seit dem 25. Mai über ihm hängt. Die DSGVO sieht Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des Jahresumsatzes – je nachdem was höher ist – vor, sollte der Internetauftritt nicht ordnungsgemäß umgesetzt sein.

Abmahnungen sind häufig der erste Schritt zu einem solchen Bußgeld. Die DSGVO regelt, dass Aufsichtsbehörden tätig werden und Geschädigte Schadensersatzansprüche stellen können. Auch Verbraucherschutzverbände haben hierzulande die Möglichkeit abzumahnen.

Eröffnet die DSGVO von dieser Seite also die Möglichkeit zu mehr Abmahnungen bei Verstößen?

Bild: Härting Rechtsanwälte Marlene Schreiber

„In Deutschland wird durch Paragraph 3 des Unterlassungsklagegesetzes ermöglicht, dass zum Beispiel Verbraucherschutzverbände wegen der Verletzung von Verbraucherschutzgesetzen abmahnen und klagen können. Darunter fallen auch Vorschriften, welche die Zulässigkeit der Erhebung personenbezogener Informationen eines Verbrauchers und die Verarbeitung regeln. Die Abmahn- und Klagemöglichkeit bei Datenschutzverletzungen durch diese Verbände ist allerdings nichts Neues. Das war schon vorher möglich. Hier erwarte ich keine große Änderung“, erklärt Marlene Schreiber, Rechtsanwältin bei Härting Rechtsanwälte.

Abmahnung von Wettbewerbern

Wie heise.de berichtet, sind bereits einige wenige Fälle bekannt, in denen der Wettbewerb abgemahnt wurde. Die rechtlichen Grundlagen für Abmahnungen unter Wettbewerbern sind bisher jedoch noch unklar. Eigentlich sind diese Fälle in der DSGVO nicht direkt vorgesehen.

Marlene Schreiber räumt ein, dass Unternehmen vermutlich weiterhin die Möglichkeit bleibt, ihre Wettbewerber über das UWG, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, abzumahnen. Jedoch ist auch dieser Weg unter Datenschutzrechtlern umstritten.

Schreiber sagt: „Es gibt Kollegen, die sagen, dass Art. 80 Abs. 2 DSGVO als eine abschließende Regelung für alle DSGVO-Verstöße zu verstehen sei und dass deswegen nicht auf Basis des Wettbewerbsrechts abgemahnt werden könne. Das ist allerdings bislang unklar. Ich finde es schwer nachvollziehbar, warum ein Datenschutzverstoß aus dem Anwendungsbereich des UWG herausfallen sollte, wenn tatsächlich ein wettbewerbswidriges Marktverhalten abgemahnt wird. Es überzeugt mich nicht, zu sagen, die DSGVO wäre eine abschließende Regelung und deshalb können jegliche Verstöße nur darüber geregelt werden.“

Schreiber hält das Abmahnen von Wettbewerbern für möglich, wenn es sich bei der Norm, gegen die verstoßen wird, um eine Marktverhaltensregel handelt, und verweist auf Paragraph 3a im UWG.

Hier haben sich bestimmte Fallgruppen herausgebildet. Zu den häufigsten Verstößen gehören:

  • Webseiten ohne/mit unvollständigen Datenschutzhinweisen
  • Datenverarbeitung zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Nutzers
  • Verwendung von personenbezogenen Daten außerhalb des vereinbarten Zweckes

Schreiber rechnet damit, dass diese Verstöße auch unter der Datenschutzgrundverordnung Abmahnungen durch Wettbewerber nach sich ziehen können: „Ich gehe davon aus, dass die DSGVO daran nichts ändern wird. Unternehmen werden prüfen müssen, worauf sich etwaige Abmahnungen beziehen und ob die betroffenen Regeln als Marktverhaltensregeln zu werten sind. Der Klassiker ist die Datenschutzerklärung, da Fehler, die hier gemacht werden, von Außenstehenden leicht erkennbar sind.“

Was tun, wenn Post kommt?

Wenn es tatsächlich zu einer Abmahnung kommt, gibt es grundsätzlich drei mögliche Reaktionen, wie Unternehmen auf eine Abmahnung reagieren können. Von zweien rät Schreiber ab. So entscheiden sich einige Unternehmen dazu, gar nichts zu tun. Hier kann es schnell zu einer einstweiligen Verfügung kommen, die mit mehr Risiko und höheren Kosten verbunden ist.

Ebenso sollten Unternehmen eine voreilige Zahlung vermeiden, in der Hoffnung, dass die Angelegenheit damit abgegolten ist. Sie müssten sich klarmachen, dass die Unterlassungserklärung, die sie unterschreiben, ein Vertrag ist, der im schlimmsten Fall auch ein Schuldeingeständnis enthält, mahnt Schreiber. Wenn es später zum wiederholten Verstoß kommt, wird vom Gericht nicht mehr überprüft, ob wirklich ein Datenschutzverstoß vorliegt, sondern nur, ob gegen die Vereinbarungen in der Unterlassungserklärung verstoßen wurde.

In jedem Fall sollten sich Unternehmen mit der Abmahnung befassen und überprüfen, ob der Ankläger nachweisen kann, dass ein Verstoß vorliegt, der geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, Marktteilnehmern und Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

„Die vorformulierten Unterlassungserklärungen in Abmahnungen sind unserer Erfahrung nach meist viel zu weit gefasst und lassen sich häufig – selbst wenn die Abmahnung im Kern berechtigt sein mag – noch deutlich einschränken. Deswegen ist mein Rat, solche Schreiben immer genau zu prüfen und auf jeden Fall innerhalb der gesetzten Frist zu reagieren“, ergänzt Schreiber.

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