Kein Gerät ist dem Nutzer so nah wie sein Smartphone und folglich kann App-Analytics mehr und präzisere Daten generieren als jede andere Methode. Doch was sagt der Datenschutz dazu? Und fehlen für kontinuierliches A/B-Testing nicht oft die nötigen Fallzahlen. Christian Eckhardt, CEO von Customlytics, gibt Einblick in die Möglichkeiten und Grenzen der App-Analyse.
ADZINE: Theoretisch könnten wir aus App-Analytics sehr viele personenbezogene Daten auslesen. Was ist technisch heute machbar?
Christian Eckhardt: So gut wie alles. Tatsächlich gibt es aus technischer Sicht nahezu keinerlei Limitationen beim Tracking in mobilen Applikationen. Im Grunde lässt sich alles abgreifen, was im Client – also der App auf dem Gerät – an Informationen vorliegt. Alles andere kann dann theoretisch sogar noch von einem Server bzw. Backend an das Tracking-Tool geschickt werden. Das ist die Regel bei Transaktionen, die nicht in der App stattfinden bzw. für die die App nicht gebraucht wird. Damit liegt es also im Ermessen der Entscheider im Marketing, welche Userinformationen alle erfasst und weitergeleitet werden sollen. Technische Limitationen gibt es nur bei den Werbe-Identifiers. Diese werden mittlerweile relativ strikt von Apple und Google reglementiert und kontrolliert. So kann man als User dieser Art von Verfolgung zu Werbezwecken jederzeit widersprechen.
ADZINE: Was hat die DSGVO im Bereich App-Analytics verändert? Carsten Szameitat, Vorstandsvorsitzender der Location Based Marketing Association, sagt, dass eigentlich kein App-Anbieter garantieren kann, dass Google und Apple nicht mitlesen.
Eckhardt: Bisher nicht viel und die Aussage ist grundsätzlich absolut zutreffend. Apple und Google kontrollieren in nahezu allen relevanten Märkten das mobile Ökosystem mit ihren Apps Stores. Nur in Märkten wie China, wo Apps über zig verschiedene Drittstores bezogen werden, besteht überhaupt die realistische Möglichkeit, eine App vorbei an Apple oder Google zu veröffentlichen. Aktuell lässt sich nur sehr begrenzt abschätzen, welche Wirkung die DSGVO auf die App-Tracking- und -Analytics-Welt haben wird. Im Gesetzestext wird das Wort App nicht ein einziges Mal erwähnt und alle bisherigen Erkenntnisse zur Datenerhebung, -verarbeitung und -verwahrung beruhen auf den Grundsätzen für Websites. Aus unserer Sicht werden sich kurzfristig für das App-Tracking keine drastischen Änderungen ergeben. Wir sehen aber durchaus Neuerungen bei den Toolanbietern wie Adjust, die das sogenannte Recht auf Vergessen mit einer eigenen Opt-out-Seite für den Endanwender bereits umgesetzt haben.
ADZINE: Was kann heute anonymisiert getrackt werden? Gibt es hier präzise Möglichkeiten für Cross-Device-Retargeting?
Eckhardt: Grundsätzlich ist die Idee beim App-Tracking ja erst einmal immer, den User als anonyme Einheit in einer aggregierten Menge zu betrachten und nicht etwa mit Vorname und Nachname auf Userebene. An diesen anonymen User kann ich dann jedes beliebige In-App-Verhalten oder auch Attribute anhängen. Die Möglichkeiten zum Cross-Device-Retargeting stehen und fallen mit dem im Kontext der Werbeanzeige verfügbaren Identifiers. Wenn ich im Hintergrund ein Matching realisiere, reicht mir von nun an jeweils ein eindeutiger User-Identifier um den (anonymen oder nicht anonymen) User wiederzuerkennen. Schwierig wird es immer dann, wenn ich keinen Zugriff auf den Werbe-Identifier habe. Dann kommt es hin und wieder zum Einsatz von Fingerprinting-Methoden.
ADZINE: App-Analytics ist der Hebel für Optimierung. Oft herrscht aber die Stimmung vor, dass die App fertig ist, wenn Sie einmal veröffentlicht wurde. Wie gehen Kunden mit Optimierungsvorschlägen von euch um?
Eckhardt: Definitiv! Typischerweise sind unsere Kunden dankbar, wenn wir konstruktive Verbesserungsvorschläge für die UX der App liefern. Wenn man diese dann auch noch sauber als A/B-Test belegen kann, freut uns das natürlich besonders. Hierzu haben sich einige Tools am Markt etabliert, die wir auch gerne einsetzen. Damit kann dann der tatsächliche Impact jedweder Änderung am User-Flow messbar gemacht werden und teilweise können komplett neue Tests dann sogar ohne weiteren App-Release durchgeführt werden (z. B. mit Apptimize).
ADZINE: Gibt es In-App-Werbeformate, die offensichtlich besser funktionieren als andere?
Eckhardt: Pauschal nicht. Es hängt immer ganz stark vom Produkt des Kunden und der Zielgruppe ab. Den einzigen eindeutigen Trend, den man hier wohl klar erkennen kann, ist der, dass personalisierte bzw. auf dem Userverhalten basierende Werbung meistens besser funktioniert. Das dann aber auch über alle Formate hinweg.
ADZINE: Herr Eckhardt, vielen Dank für dieses Gespräch. Wir freuen uns auf Ihren Workshop auf dem Mobile Advertising Summit in Berlin.
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