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Adblock Plus-Urteil: So reagiert die Adtech-Branche

20. April 2018
Bilderquellen: Adblock Plus Presse & Adobe Stock

Der BGH hat entschieden. Das Geschäftsmodell von Adblock Plus ist nicht wettbewerbswidrig. ADZINE hat sich umgehört. Die Adtech-Branche reagiert größtenteils mit Unverständnis und Kopfschütteln. Hier einige Reaktionen.

Der BGH hat diese Woche am Donnerstag die Klage von Axel Springer abgewiesen. Der Verlag hielt den Vertrieb des Werbeblockers Adblock Plus für rechtswidrig, vor allem wegen der kostenpflichtigen Whitelisting-Funktion, durch die sich Unternehmen vom Blockieren freikaufen können. Der BGH geht in seiner Entscheidung über die Argumentation der Vorinstanz hinaus und sieht im Ergebnis das Whitelisting als wettbewerbsrechtlich unbedenklich an.

Thomas Duhr, BVDW-Vize-Präsident

„Das BGH-Urteil torpediert alle nationalen und internationalen Bemühungen der Branche um bessere und störungsfreiere Werbung, weil damit die aus unserer Sicht fragwürdigen Geschäftspraktiken von Adblocker-Anbietern unterstützt werden. Im Urteil heißt es, dass es keine hinreichenden Anhaltspunkte gebe, dass Adblocker das Geschäftsmodell der Bereitstellung kostenloser Inhalte behindern. Das belegt fehlende Weitsicht. Die Anhaltspunkte werden kommen.“

Dirk Maurer (IP Deutschland), stv. Vorsitzender des OVK im BVDW:

„Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht der Digitalen Wirtschaft und des unabhängigen Journalismus. Es gefährdet die bewährten Geschäftsmodelle und die Vielfalt der Medienlandschaft, die Folgen sind kaum abzusehen. Dieses Urteil öffnet Tür und Tor für jegliche ungesteuerte Adblocking-Logiken, auch direkt über Browser-Anbieter. Das kann nicht im Sinne des BGH sein“

Dr. Jürgen Galler, CEO und Co-Founder 1plusX AG:

„In erster Linie bedeutet das Urteil des BGH zum Fall „Adblock Plus“, dass Publisher in Technologie investieren müssen. Technologie, die ihnen mehr darüber verrät, was ihre Nutzer wirklich interessiert, sodass diese im Umkehrschluss bereit sind für die personalisierten Inhalte zu bezahlen. Ich glaube, dass nach diesem Gerichtsbeschluss kein Weg mehr an Paywalls vorbeiführt. Die Frage ist nur, wie die Nutzer zur Zahlung animiert werden können – Relevanz ist hier mit Sicherheit unabdingbar.“

Nicolas Poppitz, Managing Director Deutschland,Teads:

„Mit dem BGH-Urteil wurden Fakten geschaffen, die die Werbebranche sicher nicht freuen. Wir müssen jetzt nach wie vor damit umgehen. Zum einen müssen wir besser darin werden, den User davon zu überzeugen, dass das Internet nur frei sein kann, wenn Werbeanzeigen die Inhalte finanzieren. Zum anderen müssen wir aber als Branche noch mehr darauf achten, dem User Werbung nicht aufzuzwingen oder ihn mit aufdringlichen Formaten zu nerven. Mit relevanten und attraktiven Werbemitteln können wir Adblocker-Nutzer zurückgewinnen."

Jörn Grunert, Geschäftsführer Exactag:

„Das BGH-Urteil ist kein gutes Zeichen für die Zukunft des werbefinanzierten Journalismus und das Anliegen von Axel Springer ist durchaus nachvollziehbar. Man braucht nicht viel Phantasie, um am Horizont das Ende kostenfreier Inhalte im Internet zu sehen. Als aufmerksamer Beobachter kann man nur staunen, welche geschäftlichen Hürden der Gesetzgeber und die Rechtsprechung in jüngster Zeit für die freie Presse bereithält. Der Demokratie wird damit langfristig kein Gefallen getan.“

Dr. Oliver Vesper, Geschäftsführer smartclip GmbH & Managing Director SpotX Deutschland:

„Natürlich haben Adblocker massive Auswirkungen auf die Refinanzierung journalistischer Inhalte im Internet. Der globale, digitale Markt ist sehr schwer durch lokale Gerichte zu regulieren. Publisher sollten sich daher primär sich auf clevere technologische und inhaltliche Lösungen konzentrieren, um diesem Problem die Stirn zu bieten.“

Jörg Schneider, Country Manager DACH, JustPremium:

„Einerseits verstehe ich das Urteil, da die Technologie „Ad-Blocker“ und deren Vertrieb nicht per se rechtswidrig sind und keinen Wettbewerbsverstoß darstellen. Dass das gleiche aber auch für das White- und Blacklisting a la Adblock Plus gelten soll, verstehe ich ganz und gar nicht und halte es für ein klares Fehlurteil. Ich denke, hier hat sich der BGH, wie auch in der Urteilsbegründung zu finden, von juristischen Zwängen leiten lässt, dass im Status quo AdBlock Plus keine „allgemeine“ Gefahr für das existierende Geschäftsmodell darstellt und damit das Urteil nur so, wie es erfolgt ist, gefällt werden kann. Das macht es aber noch lange nicht richtig oder gerecht. Das Whitelisting von Adblock Plus ist moderne Wegelagerei, Schutzgelderpressung, nichts anderes. Und dank dieses Urteils wird es nun Nachahmer geben. Folglich wird in einigen Jahren der Status neu untersucht werden und dann wird eine „allgemeine Marktbehinderung“ sicherlich gefunden. Aber dann wird es für viele Publisher wahrscheinlich schon zu spät sein. Mit Blick auf die Zukunft hätte das Urteil zumindest für das White- und Blacklisting anders ausfallen müssen."

Cosmin Ene, CEO, LaterPay:

„Für die Verlagsbranche ist das Urteil zugunsten Adblock Plus ein herber Rückschlag, aber zugleich ist es eine weitere Chance für uns als Gesellschaft, die nächste Phase des Internets einzuläuten. Die Zeit ist dafür reif, denn Politik und User kennen die Nebenwirkungen des jetzigen Deals ‚Aufmerksamkeit gegen Content’ und passen ihn grad an allen Ecken und Enden an. Wenn wir uns darauf verständigen können, dass der User entscheidet, wo er Inhalte mit seiner Aufmerksamkeit für Werbung bezahlen möchte, wo mit seinen Daten und wo mit Geld, werden nicht nur alle Beteiligten mehr Wert aus der Digitalökonomie ziehen. Es macht auch generell Adblocking obsolet, weil der Nutzer nicht mehr alle Werbungtreibenden aussperren muss, sondern zielgerichtet die richtigen Marken an sich heranlässt."

Hier geht es zur entsprechenden Pressemitteilung des BGH mit Auszügen aus der Begründung.

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